Letzte Runde, drittletzte Kurve, Krimi! Einen spannenderen Schluss für Maximilian Günthers ersten Sieg in der Formel E hätte man sich kaum ausdenken können. Der Neuzugang von BMW gewann den dramatischen Santiago ePrix in Chile auf Messers Schneide.

Im Duell um den Sieg setzte er sich ausgerechnet gegen seinen direkten Vorgänger bei BMW, den Portugiesen und jetzigen Techeetah-Fahrer Antonio Felix da Costa, durch. Günther: "Das fühlt sich unglaublich an! Ein Traum ist in Erfüllung gegangen."

Erster Sieg, überhaupt der erste Podiumsplatz und obendrein noch in den Annalen verewigt: Im Alter von 22 Jahren und 200 Tagen triumphierte Günther als jüngster Fahrer in der Geschichte der Formel E bei einem Rennen. "Das ist ein cooles Gefühl, aber am Ende zählen die Punkte, die Trophäe und die Erfahrung eines so geilen Rennens", sagte der Youngster dann doch wieder abgeklärt.

Gleichzeitig errang Günther als erst zweiter deutscher Fahrer nach Daniel Abt einen Sieg in der Elektro-Rennserie. 609 Tage zuvor hatte der Audi-Werksfahrer zuletzt beim Heimrennen 2018 in Berlin gesiegt. In Chile gelang Günther das Kunststück in seinem erst 13. Rennen in der Formel E und seinem dritten für BMW nach dem Double-Header zum Saisonauftakt in Saudi-Arabien.

Formel E - Chile-Sieger Max Günther: Unglaubliches Gefühl (01:20 Min.)

Der Allgäuer, der vor der Saison nach zahlreichen sportlichen Ausrufezeichen beim kleinen Dragon-Team zur Münchner Werksmannschaft gewechselt war, behielt in der Hitzeschlacht von Santiago bis zuletzt einen kühlen Kopf. Das musste er auch, nachdem er fünf Runden vor Schluss die Führung an den heranpreschenden Felix da Costa in seinem starken Techeetah-Boliden verlor.

"Darüber war ich nicht unbedingt happy, auch, weil er mich berührt hat und an mir vorbeigekommen ist", sagte Günther. "Aber ich wusste, dass es noch nicht vorbei ist. Es ging sehr viel um das richtige Energie-Management und am Ende habe ich mein Ding gemacht. Das hat sich ausgezahlt."

Der von Platz zehn gestartete Felix da Costa machte sich im Parallelflug gemeinsam mit Teamkollege Jean-Eric Vergne schon früh auf den Weg in Richtung Spitze. Als der zweifache Champion später wegen eines Schadens an seinem Frontflügel vorzeitig ausfiel, hatte Felix da Costa freie Fahrt nach vorn.

Pascal Wehrlein und Pole-Setter Mitch Evans stellten keine größere Herausforderung dar. In Kurve 10 schaffte er es sogar mit der Brechstange vorbei an Günther. "In der Runde danach wurde mir gesagt, dass ich langsamer fahren solle", sagte Felix da Costa später. "Wenn wir das besser gemanagt hätten, hätte ich am Ende vielleicht keine Probleme mehr gehabt. Es fühlt sich an, als hätten wir das Rennen verloren."

In der langgezogenen Linkskurve - dieses Jahr ohne bremsende Schikane - schlug Günther mit einem Überholmanöver auf der Außenseite zurück. Auch das Anbremsen für die folgende Kurve klappte trotz kurzzeitig blockierender Räder. In den letzten beiden Kurven ließ Felix da Costa abreißen und überquerte die Ziellinie mit zwei Sekunden Rückstand.

Günther: "Bei der Hitze ging es unter anderem darum, die Temperatur der Batterie im Auge zu behalten. Das ist uns ganz gut gelungen. In der letzten Runde musste Antonio dann auf der Gerade etwas früher coasten als ich. Da dachte ich mir 'Jetzt oder nie' und habe das Überholmanöver probiert. Zum Glück hat es hervorragend funktioniert."

BMW eroberte im dritten Saisonrennen seinen zweiten Sieg in Folge. Beim Saisonauftakt in Saudi-Arabien stand Alexander Sims zum ersten Mal in seiner zweiten Formel-E-Saison ganz oben auf dem Treppchen. Direkt neben Günther, der den zweiten Platz jedoch wegen einer unglücklichen Strafe im Nachgang verlor.

Zwei Monate Winterpause und ein Rennen später gelang Günther eindrucksvoll die Revanche für die verlorenen Punkte. Durch seinen Sieg katapultiert er sich auf den vierten Platz in der Fahrer-Meisterschaft. Trotz der Chile-Nullnummer von Teamkollege Sims führt BMW in seiner zweiten Saison als Werksteam die Teamwertung an.