Günther-Wahnsinn in Santiago! Maximilian Günther hat sich in allerletzter Sekunde seinen ersten Sieg in der Formel E gesichert. Der BMW-Neuzugang setzte sich nach einem spektakulären Duell mit dem ehemaligen BMW-Fahrer Antonio Felix da Costa durch und überholte den aktuellen Techeetah-Fahrer wenige Kurven vor Schluss zum Sieg.
Mit dem Triumph beim dritten Saisonrennen hat Günther Geschichte geschrieben: Der 22-Jährige ist der jüngste Rennsieger in der Formel E. Nach Daniel Abt ist der Allgäuer zudem der zweite Sieger aus Deutschland in der Elektro-Rennserie.
Günther nahm das Rennen hinter Pole-Setter Mitch Evans vom zweiten Platz auf. Zunächst verlor der BMW-Fahrer seine Position an Hintermann Pascal Wehrlein, erkämpfte den Platz aber zur Rennmitte mit Hilfe der zusätzlichen Power des Attack Mode zurück. Wenig später schnappte sich Günther auch den bis dato Führenden Evans mit einem beherzten Überholmanöver.
Der von P10 gestartete Felix da Costa - Günthers direkter Vorgänger bei BMW - errang in den Schlussminuten sogar den ersten Platz. Gegen den Deutschen mit besserem Energie-Management konnte er sich in der drittletzten Kurve der letzten Rennrunde jedoch nicht mehr verteidigen.
Günther 609 Tage nach dem letzten Formel-E-Sieg eines deutschen Piloten (Abt 2018 in Berlin): "Es war ein harter Kampf bis ganz zum Schluss, ich freue mich riesig, dass es mit dem ersten Sieg geklappt hat. Das Batteriemanagement war am Ende eine große Herausforderung, aber wir haben es hinbekommen. Es war ein atemberaubendes Rennen, ich habe mit drei anderen Fahrzeugen Seite an Seite hart um den Sieg gekämpft."
Mercedes verliert Podestplatz
In einem packenden Rennen mit unzähligen Überholmanövern komplettierte hinter Günther und Felix da Costa der Pole-Setter Mitch Evans das Podium. Dabei profitierte Jaguar-Pilot Evans von einer Strafe für Nyck de Vries. Der Mercedes-Rookie überquerte die Ziellinie als Dritter, wurde aber schon während des Rennens wegen eines technischen Vergehens (falsche Kühlung der Batterie) mit einer 5-Sekunden-Zeitstrafe belegt.
Pascal Wehrlein verpasste das Podium als Vierter knapp - und damit seinen zweiten Podestplatz in Santiago, wo der Mahindra-Pilot in der vergangenen Saison erstmals auf dem Treppchen gestanden hatte. Die Mercedes-Fahrer de Vries und Stoffel Vandoorne belegten die Plätze fünf und sechs.
Audi-Pilot Lucas di Grassi und James Calado (Jaguar) komplettierten die Top-8. Di Grassis Teamkollege Daniel Abt fiel in Folge einer nachträglichen Durchfahrtstrafe vom achten auf den 14. Rang zurück.
Hartes Rennen für Porsche
Formel-E-Neueinsteiger Porsche erlebte ein Rennen zum Vergessen. Der Schweizer Neel Jani musste das Rennen bereits nach der dritten Runde und zwei Boxenstopps vorzeitig beenden. Auch Teamkollege Andre Lotterer musste früh und ungeplant die Boxengasse ansteuern. Mit vielen Runden Rückstand kehrte der dreifache Le-Mans-Sieger noch einmal auf die Strecke zurück und sah die Zielflagge schließlich als Letzter.
Es gab weitere prominente Ausfälle in Santiago: Der zweifache Champion Jean-Eric Vergne fiel im zweiten Renndrittel wegen eines Reifenschadens aus. Zuvor hatte sich der Techeetah-Pilot vom elften bis auf den dritten Platz verbessert. Günthers Teamkollege und bisheriger Spitzenreiter, Alex Sims, fiel wegen eines Schadens ebenfalls vorzeitig aus.
Die Meisterschaft: Nach dem dritten Rennen der Saison 2019/20 übernimmt erstmals Stoffel Vandoorne von Neueinsteiger Mercedes die Führung in der Meisterschaft. Der frühere Formel-1-Fahrer liegt mit 38 Punkten an der Spitze. Beim Saisonauftakt in Saudi-Arabien hatte Vandoorne in beiden Rennen Podestplätze erzielt. BMW-Pilot Alexander Sims bleibt nach seinem Chile-Ausfall bei 35 Zählern und ist nun Gesamtzweiter. Sam Bird (Virgin / 28 Punkte) und Santiago-Sieger Max Günther mit 25 Zählern belegen die Plätze drei und vier.
Santiago ePrix: So lief das Rennen
Die Startaufstellung: Mitch Evans startete zum zweiten Mal nach dem Zürich ePrix 2018 von der Pole Position. Der Jaguar-Pilot setzte sich im Superpole-Qualifying im letzten Moment vor dem deutschen Duo Maximilian Günther und Pascal Wehrlein durch. BMW-Neuzugang Günther gelang mit Startplatz zwei das beste Ergebnis in seiner zweiten Saison in der Formel E. Daniel Abt und Andre Lotterer mussten in den ersten beiden Qualifying-Gruppen antreten. Da sich die Streckenverhältnisse im Verlauf der Session kontinuierlich verbesserten, kamen sie nicht über die Startplätze 13 und 14 hinaus.
Das Wetter: Heiß, heißer, Santiago: Während des Rennens kletterten die Temperaturen auf 35 Grad in der chilenischen Hauptstadt an. Die Streckentemperatur im Parque O'Higgins im Süden des Stadtzentrums betrug während des Rennens um 16:00 Uhr Ortszeit (20:00 Uhr MEZ) über 40 Grad. Beim Sanatiago-Rennen im vergangenen Jahr herrschte übrigens Rekord-Hitze mit knapp 38 Grad - eine enorme Belastung für Mensch und E-Maschine.
Der Start: Mitch Evans behauptete die Pole, dahinter drängelte sich Pascal Wehrlein nach der ersten Kurve vorbei an Maximilian Günther auf die zweite Position. Edo Mortara sprintete vom siebten bis auf den fünften Platz nach vorne und nahm die Verfolgung zum Viertplatzierten Oliver Turvey auf. Im hinteren Feld wurden die Ellbogen ausgefahren: Neel Jani und Robin Frijns mussten nach Kontakten früh einen ungeplanten Boxenstopp einlegen.
Der Fanboost:Die Mercedes-Fahrer Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries, das Audi-Duo Daniel Abt/Lucas di Grassi sowie Antonio Felix da Costa kamen in Santiago in den Genuss zusätzlicher Leistung. Die fünf Piloten erhielten beim Fanboost-Voting die meisten Stimmen und konnten einen Zusatz-Boost im Rennen nutzen, der ihnen für einen kurzen Zeitraum 250 statt der üblich 200 kW bescherte. Fun Fact: Vandoorne erhielt in jedem seiner bisherigen Formel-E-Rennen den Fanboost.
Der Attack Mode: Wie die FIA kurz vor dem Rennstart bekanntgab, mussten die Fahrer den Attack Mode zweimal im Rennen für jeweils vier Minuten aktivieren. Die Aktivierungszone befand sich wie im Vorjahr auf der Außenbahn von Kurve 3. In dieser Saison steigt die Leistung während des Attack Mode auf 235 kW an.
Die Zwischenfälle: In Runde 7 gerieten Audi-Werksfahrer Daniel Abt und Oliver Rowland in der Haarnadel aneinander. Der Nissan-Pilot kam nicht unbeschadet davon und verlor kurz nach dem Kontakt einige Teile seines Bodywork und fiel kontinuierlich zurück. Involviert war direkt vor dem Duo auch Sam Bird, der sich auf der Strecke drehte und ebenfalls Plätze verlor.
In Runde 15 kamen sich die Venturi-Teamkollegen Edo Mortara und Felipe Massa beim Kampf um die vierte Position in die Quere. Mortara konnte seinen Platz halten, während Massa hier die beiden Techeetahs von Jean-Eric Vergne und Antonio Felix da Costa bis auf P7 zurückfiel.
In Runde 26 fiel Edo Mortara - nach ersten Informationen - wegen eines Reifenproblems vom vierten Platz weit bis ins hintere Feld zurück. Nur wenig später zog sich auch Jean-Eric Vergne einen Reifenschaden zu. Der Champion verteidigte eine Weile den dritten Platz vor Teamkollege Antonio Felix da Costa, bis er schließlich Platz machte und auf P6 durchgereicht wurde.
Zehn Minuten vor Rennende teilte die Rennleitung mit, dass Nyck de Vries, Jerome D'Ambrosio und Sebastien Buemi wegen eines technischen Vergehens mit einer 5-Sekunden-Zeitstrafe belegt werden. Die genauen Gründe wurden zunächst nicht mitgeteilt.
Die Ausfälle:Neel Jani markierte den ersten Ausfall in Santiago. Der Porsche-Fahrer musste nach der ersten Runde bereits ungeplant in die Boxengasse abbiegen. Jani kehrte noch einmal kurzzeitig auf die Strecke zurück, doch das Problem schien sich nicht gelöst zu haben - Feierabend nach drei Runden.
Für Alexander Sims war das Rennen nach 7 Runden vorzeitig beendet. Der BMW-Pilot, der als Spitzenreiter in der Meisterschaft nach Chile gereist war, beschädigte seinen BMW bereits in der Anfangsphase. Die Rennleitung rief kurzzeitig eine Full Course Yellow aus, damit die Streckenposten Sims' Boliden sicher von der Strecke entfernen konnten.
Neben Sims musste auch Andre Lotterer vorzeitig duschen gehen und das Rennen aufgeben. Die Rennleitung kündigte an, einen Zwischenfall zwischen Sims und Lotterer nach Rennende zu untersuchen. Für Porsche nach dem starken Formel-E-Debüt in Saudi-Arabien diesmal ein Rennen zu vergessen.
In Runde 28 musste Champion Jean-Eric Vergne die Segel streichen. Der Techeetah-Fahrer litt an einem Reifenschaden, der sich stetig verschlechterte. Das kostete Vergne nicht nur die hart erkämpfte dritte Position, die er gegen Teamkollege Antonio Felix da Costa verteidigt hatte, sondern letztendlich das Rennen.
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