Nach Informationen der FAZ und von Motorsport-Magazin.com aus Kreisen des Volkswagen-Konzerns fährt der frühere Sportwagen-Weltmeister Andre Lotterer auch in der sechsten Saison der Formel E in der Elektrorennserie - allerdings nicht für sein aktuelles Team DS Techeetah, sondern für seinen zweiten Arbeitgeber Porsche.

Diese Entscheidung soll nach dem Formel-E-Finale an diesem Wochenende in New York offiziell bekannt gegeben werden. Lotterer ist damit nach Daniel Abt, dessen Vertrag bei Audi in dieser Woche verlängert wurde, der zweite deutsche Rennfahrer, der sicher in der am 21. November in Riad beginnenden Saison 2019/2020 an den Start geht.

Wie Motorsport-Magazin.com weiß, gab es in den vergangenen Wochen ein intensives Ringen um den gebürtigen Duisburger, der zwei Tage vor der mit Spannung erwarteten Formel-E-Premiere von Porsche 38 Jahre alt wird. Der Stuttgarter Autobauer wollte neben dem bereits seit Dezember 2018 feststehenden Neel Jani unbedingt einen erfahrenen Piloten für das zweite Werks-Cockpit verpflichten. Was lag da für Porsche näher, als den 2017 mit Lotterer geschlossenen Vertrag für die Langstrecken-WM wieder aufleben zu lassen.

Auch sein aktueller Arbeitgeber DS Techeetah hatte sich große Hoffnungen gemacht, Lotterer weiterhin beschäftigen zu können. Nicht einmal ein finanziell angeblich deutlich besseres Angebot konnte den äußerst erfolgreichen Routinier (Sechs Titelgewinne in verschiedenen Rennserien) umstimmen. Französische Medien haben ihn bereits gebührend verabschiedet. Für Porsche sprach offenbar das insgesamt bessere Gesamtpaket. Dazu zählt wohl auch die Tatsache, dass Lotterer seinen Renningenieur mit zu Porsche nehmen kann.

"Für mich ist das Racing in der Formel E der schwierigste Job in meiner Rennkarriere", hatte Lotterer am Rande des ePrix in Berlin im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com überraschend festgestellt. Insofern ist der dreimalige Le-Mans-Gewinner mit Audi (2011, 2012 und 2014) genau der richtige Mann für das ehrgeizige Projekt von Porsche.

Dass Lotterer auch in der Elektrorennserie sein von vielen Herstellern geschätztes Können unter Beweis stellt, hat er bereits in seiner ersten Formel-E-Saison mit zwei Podiumsplätzen und Gesamtrang acht bewiesen. Im zweiten Jahr läuft es noch besser und so gehört der DS-Pilot als Tabellenvierter neben sieben weiteren Fahrern zu den Kandidaten, die sich beim Saisonfinale mit zwei Rennen in New York zumindest noch theoretische Titelchancen ausrechnen können.

Ohne das große Pech in drei von bisher elf Saisonläufen würde Lotterer in der Gesamtwertung möglicherweise nicht hinter, sondern vor seinem DS-Teamkollegen Jean-Eric Vergne liegen. So kostete beispielsweise ein von Virgin-Pilot Sam Bird im 50. Formel-E-Rennen in Hongkong verursachter Reifenschaden den ersten Formel-E-Sieg von Lotterer und 25 Meisterschaftspunkte.

Das chinesisches Team Techeetah, das in der vergangenen Saison mit nur zwei Punkten Rückstand auf das Team Audi Sport ABT Schaeffler Platz zwei in der Teamwertung belegte, trumpft in dieser Saison auch dank der Werksunterstützung des französischen PSA-Konzerns noch stärker auf - allerdings ist auch der Druck durch die Konkurrenz deutlich zu spüren.

So gab es zwei gravierende Fehler, die Lotterer trotz herausragender fahrerischer Leistung nicht ausbügeln konnte. Bei seinem Heimspiel in Berlin wurde er im Qualifying zu spät auf die Strecke geschickt. Vom letzten Startplatz aus verpasste Lotterer trotz bravouröser Aufholjagd ebenso die Punkteränge wie in Bern, wo er sich als Vierter eigentlich über zwölf Zähler hätte freuen können. Mitnichten, denn nach einem Startunfall mit Rennabbruch wurde Lotterer trotz einer roten Ampel zurück auf den Kurs geschickt, wofür er und sein Team eine Zeitstrafe erhielten - erneut null Punkte.

Alles in allem wohl zu viel, um bei 44 Zählern Rückstand seinen Teamkollegen Vergne noch ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. "Ich werde alles geben, um endlich zu gewinnen und die Saison mit einem Höhepunkt zu beenden", versprach Lotterer, für den bei nur zwölf Punkten Rückstand auf Audi-Werksfahrer Lucas di Grassi auch der zweite Gesamtrang "ein Erfolg" wäre.

Egal, wie die zweite Formel-E-Saison für Lotterer endet, sein zukünftiger Schweizer Teamkollege Neel Jani, mit dem er schon im Team Rebellion Racing in der WEC zusammengearbeitet hat, würde sich über die gemeinsame Herausforderung freuen. "Für mich kann es nur gut sein, wenn ich einen Teamkollegen bekomme, der bereits Erfahrung mit dem Gen-2-Rennwagen in der Formel E hat."