Wenige Stunden nach dem Rennende des Monaco ePrix herrschte plötzlich Aufruhr im Fahrerlager, weil das Siegerauto von Jean-Eric Vergne auffällig lange im Parc Fermé stand. Dabei ging es weniger um die 5.000 Euro Geldstrafe, die der Techeetah-Pilot und neue Meisterschaftsführende zahlen musste, weil er sich während der Auslaufrunde abgeschnallt hatte, um den Fans zuzuwinken.

Vielmehr gab es erste Gerüchte um einen möglichen Protest gegen den früheren Formel-1-Fahrer, dem als Erstem in dieser Saison mehr als ein Sieg gelungen war. Und in der Tat wurde es brenzlig - und äußerst kurios. Wie am späten Abend offiziell seitens der Rennleitung kommuniziert wurde, hatte Mahindra einen Protest eingelegt, weil der indische Rennstall einen zu geringen Reifendruck bei Vergne vermutete.

Wie Motorsport-Magazin.com am Freitag ausführlich berichtet hatte, gilt seit Monaco eine neue Vorgabe bezüglich des Reifen-Kaltluftdrucks. Dieser muss nun mindestens 1,4 bar betragen und wird nur noch vor dem Beginn einer Session gemessen. Zuvor wurden nach Sessionende auch die Reifen-Warmluftdrücke gemäß den Vorgaben gemessen und mussten einem bestimmten Mindestwert entsprechen.

Protest falsch eingereicht

Dumm nur: Mahindra war offenbar nicht ganz firm mit den Abläufen eines Protests in der Formel E. Wie die Rennleitung bekanntgab, legte das Team einen Protest ein, der sich direkt gegen Vergne richtete. Tatsächlich hätte Mahindra aber gegen den Wettbewerber, in diesem Fall das Team DS Techeetah, protestieren müssen. Außerdem sei der Protest nicht direkt an den Chairman of the Stewards, Paolo Longini, adressiert worden.

Aufgrund dieser beiden Verfehlungen wurde der Protest seitens der Stewards zurückgewiesen. Verrückt: Mahindra hatte nicht nur gegen Vergne, sondern auch gegen den Zweitplatzierten Oliver Rowland in gleicher Angelegenheit einen Protest eingelegt - mit exakt den gleichen Fehlern bei den formellen Abläufen. So kamen Vergne und Nissan-Pilot Rowland straffrei davon. Andernfalls wäre möglicherweise Mahindra-Pilot Pascal Wehrlein vom vierten auf den zweiten Platz vorgerückt.

Darum fährt die Formel E nicht auf dem Monaco GP-Kurs (09:23 Min.)

Rückschlag für BMW

Eine Strafe kassierte unterdessen Antonio Felix da Costa. Der BMW-Werksfahrer verlor seinen sechsten Platz in Monaco nachträglich und wurde vom Rennen disqualifiziert. Die Stewards stellten bei ihm eine erhöhte Energienutzung fest. In den letzten beiden Rennrunden nutzte Felix da Costa 228 statt der erlaubten 200 kW. BMW akzeptierte die Entscheidung, die den Portugiesen acht Meisterschaftspunkte kostete.

"Der Auslöser war ein Kontakt, den Antonio im Rennen mit Mitch Evans hatte", erklärte BMW-Teamchef Roger Griffiths. "Beim folgenden Griff ans Lenkrad wechselte er aus Versehen in einen höheren Energiemodus. Das bemerkte er zunächst nicht, und da wir als Team keine Einsicht in die Telemetrie haben, konnten wir ihn auch nicht sofort darauf hinweisen."

Abt fällt aus den Punkterängen

Ebenfalls nachträglich aus den Punkterängen fiel Daniel Abt. Der Audi-Werksfahrer wurde wegen einer Kollision mit NIO-Konkurrent Oliver Turvey mit einer Durchfahrtsstrafe (umgewandelt in 33-Sekunden-Strafe nach Rennende) belegt und fiel vom achten auf den 15. Platz zurück. Ein ärgerlicher Rückschlag für Abt, der sich zuvor von Startplatz 16 um acht Positionen verbessert hatte.

"In Monaco so viele Plätze gutzumachen, ist fast unmöglich", sagte Abt. "Deshalb ist die Zeitstrafe für mich und das Team besonders enttäuschend. Beim Start der Full-Course-Yellow-Phase hat ein Auto vor mir so hart abgebremst, dass ich einfach machtlos war."

Lotterer bekommt Punkte geschenkt

Und damit nicht genug: BMW-Fahrer Alexander Sims und Titelanwärter Robin Frijns - beide außerhalb der Punkteränge - kassierten wegen Kollisionen jeweils eine 5-Platz-Strafe für das kommende Rennen in Berlin (25. Mai).

Größter Profiteur dieser Strafen-Orgie war Andre Lotterer. Der Techeetah-Pilot rutschte automatisch vom neunten auf den siebten Platz nach vorne und kassierte dadurch vier zusätzliche Punkte. Sein Rückstand auf den Gesamtführenden und Teamkollegen Vergne (87 Punkte) schrumpfte auf einen Zähler. Meisterschaftsdritter ist Felix da Costa mit nun 70 Punkten.