Die Formel E wird in der kommenden Saison noch internationaler. Mit Nissan steigt der erste japanische Hersteller in die boomende Elektro-Rennserie ein - der dritte Neuzugang neben BMW und HWA. Nissan ersetzt Automobilbündnispartner Renault, die sich verstärkt auf ihr Programm in der Formel 1 konzentrieren wollen.

Der japanische Autobauer kann in der Formel E dennoch auf bestehenden Strukturen aufbauen. Nissan übernimmt praktisch den Platz von Renault beim Erfolgsteam e.dams. Das Knowhow der Mannschaft um Jean-Paul Driot kommt weiter zum Einsatz und wird durch Nissan ergänzt. Die neu geschaffene Allianz tritt in der Formel E unter dem offiziellen Namen 'Nissan e.dams' an.

Wer beim Saisonauftakt in Saudi-Arabien (15. Dezember) für das Team ins Cockpit steigt, ist noch nicht offiziell bekannt. Sebastien Buemi dürfte weiter gesetzt sein, um an die Erfolge aus der Vergangenheit anzuknüpfen. Renault e.dams gewann in den ersten drei Saisons stets die Team-Meisterschaft, Buemi die Fahrer-Meisterschaft in der Saison 2.

Nach dem Abschied von Nico Prost, dem Sohn von Formel-1-Legende Alain Prost, erhält Buemi einen neuen Teamkollegen. Seit geraumer Zeit wird Nissan-Zögling Jann Mardenborough gehandelt, der aktuell in der japanischen Super GT an den Start geht. Möglich auch, dass ein japanischer Fahrer den Zuschlag für das Nissan-Cockpit erhält.

Verantwortlich für das neue Projekt der Japaner ist Nissan Global Motorsport Direktor Michael Carcamo. Im Interview mit Motorsport-Magazin.com spricht Carcamo über das Debüt, den Vergleich zwischen Formel E und Formel 1 sowie den Erfolgsdruck eines Herstellers.

Nissan übernimmt den Part von Renault beim e.dams-Team. Wie genau läuft das ab?
Michael Carcamo: Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass Renault und Nissan zwei unabhängige Marken mit eigenen Zielen sind, die sie erreichen wollen. Der Ausstieg von Renault ist unabhängig von Nissans Einstieg. Da e.dams jedoch ein sehr kompetentes Team ist, macht es Sinn für uns, die Ressourcen mit ihnen zu verbinden. Während sich Renault und e.dams noch auf die laufende Saison konzentriert haben, haben wir uns auf die Entwicklung des neuen Rennautos konzentriert.

Und Sie waren bei den vielen Rennen der Saison 4 selbst vor Ort.
Michael Carcamo: Ja, ich habe die meisten Rennen in der vergangenen Saison vor Ort besucht. Das war eine großartige Gelegenheit, um mehr über die Formel E und alle Abläufe zu lernen. Wir wollten uns ab dem ersten Tag so gut wie möglich vorbereiten, denn die Saison 5 wird kein Spaziergang. Das wird auf jeden Fall eine sehr schwierige Aufgabe.

Formel E 2018/19: Nissan kommt - die Infos zum Japaner-Einstieg: (01:53 Min.)

Was genau konnten Sie lernen?
Michael Carcamo: Aus technischer Sicht sind die Rennstrecken sehr interessant. Man darf ja nicht vergessen, dass wir in Städten statt auf traditionellen Rundkursen fahren. Wir fahren also Rennen auf Strecken, auf denen normalerweise Straßenautos unterwegs sind. Bei unseren Rennwagen achten wir auf das Energie-Management und die Performance, aber genauso lernen wir für die Zukunft unserer Straßenfahrzeuge.

Die Formel E wird immer wieder gern mit der Formel 1 verglichen. Beides sind Formel-Rennserien. Wie stehen Sie dazu?
Michael Carcamo: Klar, aber wir vergleichen ja auch nicht Rallyeautos mit Tourenwagen. Die Formel E und die Formel 1 verfolgen unterschiedliche Ziele. In der Formel E geht es um Nachhaltigkeit, Mobilität und Elektro-Fahrzeuge. In der Formel 1 ist ja ganz anders. Ich bin der Meinung, dass beide Serien nebeneinander existieren können und alle happy damit sind.

Als großer Hersteller steht Nissan direkt unter Erfolgsdruck. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre erste Saison in der Formel E gesteckt?
Michael Carcamo: Das muss man ganz klar sagen, es gibt nur einen Grund, warum irgendjemand Motorsport betreiben sollte: Man will gewinnen! Wir bereiten uns so gut wie möglich vor, um so erfolgreich wie möglich in unsere erste Saison in der Formel E zu starten. Aber natürlich haben wir auch andere Ziele. Nissan hat viele Fans auf der ganzen Welt und wir wollen ihnen unsere Marke möglichst zugänglich machen. Mit der Formel E wollen wir unsere Geschichte nun einem noch viel größeren Publikum nahebringen.

Sie waren vor einigen Jahren in das LMP1-Programm von Nissan involviert, das letztendlich gescheitert ist. War es schwierig, den Vorstand von einem neuen Motorsport-Engagement auf diesem Level zu überzeugen?
Michael Carcamo: Natürlich war das schwierig. Wir benötigten die richtigen Ziele und Strategien. Es war aber auch sehr offensichtlich, dass dies genau der richtige Zeitpunkt für den Einstieg in die Formel E war. Als wir unsere Vorstellungen präsentiert haben, stand eigentlich nur noch die Frage im Raum, warum wir es nicht tun sollten. Das war ein sehr positiver Schritt für uns.

Das komplette Interview mit Michael Carcamo sowie eine große Technik-Analyse zum neuen Generation-2-Rennwagen gibt es in der nächsten Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. Die neue Ausgabe erscheint am 06.09.2018.