Audi hat seine erste Saison als Hersteller in der Formel E zumindest mit einem Titel versöhnlich abgeschlossen. Auf der letzten Rille holten Lucas di Grassi und Daniel Abt in New York die Team-Meisterschaft. Und das im knappsten Saisonfinale der Geschichte: Mit nur zwei Punkten Vorsprung setzte sich Audi vor Techeetah, dem einzigen Privat-Team in der Formel E, durch.
Damit beendete Audi gleichzeitig die Ära von Renault e.dams, die seit Beginn der Serie dreimal in Folge den Team-Titel gewonnen hatten. Den Ingolstädtern gelang beim großen Finale im Big Apple ein echter Kraftakt, denn die Voraussetzungen standen denkbar schlecht mit 33 Punkten Rückstand auf das Team um Meister Jean-Eric Vergne.
Doch in New York bewies Audi einmal mehr seine wahre Stärke. Vier Podestplätze in den beiden Rennen, darunter ein Doppelsieg, und insgesamt 78 von maximal 94 möglichen Punkten führten aus einem fast uneinholbaren Rückstand letztendlich zu zwei Punkten Vorsprung.
Am seidenen Faden
Der Gewinn der Team-Meisterschaft hing bis zum Zieleinlauf am Sonntagnachmittag am seidenen Faden. Di Grassis zweiter Platz hinter Rennsieger Vergne war ungefährdet, doch dahinter ging es mehr als heikel zu. Abt musste sich bis zur letzten Runde gegen den Renault von Sebastien Buemi wehren. Hätte der Kemptener den dritten Platz verloren, wäre der Team-Titel an Techeetah gegangen.
"Niemand hat mir etwas gesagt", erklärte Abt. "Es hieß nur, dass ich vor Sebastien bleiben soll. Aber das ist ja sowieso klar. Ich habe einfach so hart gepusht, weil ich die Saison mit einem Podestplatz abschließen wollte. Ich hatte aber keine Ahnung, wie wichtig das wirklich war."
Entscheidendes Duell mit Buemi
Abt fiel nach einem schlechten Start - vermutlich ein Problem mit der Software - früh vom vierten auf den sechsten Platz zurück. Der 25-Jährige kämpfte sich zurück und lieferte sich ein sehenswertes Duell mit Buemi, das der Schweizer zunächst für sich entscheiden konnte. Nach den Boxenstopps ging es munter weiter, bis Buemi nach einem Fahrfehler den dritten Platz abgeben musste.
Eine Spazierfahrt war der zweite Stint aber nicht für Abt. Im Gegensatz zur Spitzengruppe wurde er eine Runde früher zum Autowechsel an die Box gerufen. So musste er die zweite Rennhälfte mit weniger Energie absolvieren. "Das war wirklich hart", sagte er. "Auf dieser Strecke müssen wir so viel Energie sparen. Aber ich habe es irgendwie geschafft."
Di Grassi: Das war ein Frühstart
Trotz eigener starker Leistung war Audi von der Techeetah-Konkurrenz abhängig. Vor allem, weil Vergne von Platz drei ein Raketen-Start gelang und er schon in der ersten Kurve die Führung übernahm. "Das war auf jeden Fall ein Frühstart", sagte di Grassi später auf der Pressekonferenz mit einem Grinsen im Gesicht.
Vergnes Start wurde tatsächlich von der Rennleitung untersucht, der Franzose blieb jedoch straffrei. Anders Teamkollege Andre Lotterer, der von Startplatz zwei offensichtlich zu früh ans Gas ging und deshalb mit einer 10-Sekunden-Boxenstrafe belegt wurde. Dadurch fiel der Deutsche bis auf den 15. Platz zurück.
Lotterer jagt Extra-Punkt
Sein starkes Auto erlaubte es Lotterer allerdings, konsequent Boden gutzumachen. Drei Runden vor Schluss hatte er wieder die Punkteränge erreicht und fuhr auf Platz neun hinter Nick Heidfeld. Dabei tat Lotterer alles, um sich den Extra-Punkt für die schnellste Rennrunde zu sichern.
Aus gutem Grund: Hätte er auch noch Heidfeld überholt und den zusätzlichen Punkt kassiert, hätte Techeetah in der Gesamtwertung genau einen Punkt mehr als Audi gehabt.
Abt schneller als Lotterer
Die schnellste Rennrunde ging stattdessen wie schon im Samstagsrennen an Abt, der rund zwei Hundertstelsekunden schneller war als Lotterer. Abt erzielte mit insgesamt vier schnellsten Runden die meisten aller Fahrer in der Saison. Lotterer ging am Ende zudem die Zeit aus, sodass er beim Zieleinlauf vier Sekunden Rückstand auf den Achtplatzierten Heidfeld hatte.
Hätte es Lotterer ohne schnellste Runde bis auf den achten Platz geschafft, hätte zwischen Techeetah und Audi Punkte-Gleichstand geherrscht. In diesem Fall hätten letztendlich die zweiten Plätze in der Saison über den Meisterschafts-Ausgang entschieden, weil beide Teams je vier Siege auf dem Konto hatten.
Zahlenspiele
Mit Blick auf die zweiten Plätze hatte Audi in der Saison 2017/18 die Nase weit vorn. Vor allem dank di Grassi, der in den letzten sieben Rennen stets auf dem Podium stand und dabei fünfmal die Ziellinie als Zweiter überquerte. Zusammen mit Abts zweitem Platz beim Samstags-Rennen in New York kommt Audi auf sechs zweite Plätze. Dagegen kann Techeetah nur zwei zweite Plätze aufweisen.
Während Lotter nach dem Rennen mit seinem Fehler beim Start haderte, fand Vergne versöhnliche Worte: "Glückwunsch an Audi. Wir sind kein Hersteller, wir sind nur ein kleines Team. Da ist es toll, dass wir am Ende nur ein paar Punkte hinter ihnen lagen."
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