Simona de Silvestro gilt als eine der talentiertesten Rennfahrerinnen auf der Welt. Die Schweizerin hat inzwischen den Schritt aus der US-amerikanischen IndyCar-Serie in die Formel E vollzogen. Pünktlich zum Weltfrauentag unterhielt sich Motorsport-Magazin.com mit der Andretti-Pilotin über ihren neuen Job in der Elektro-Rennserie.

Simona, hast du das Gefühl, schon in der Formel E angekommen zu sein?
Simona de Silvestro: Die Resultate sind noch nicht so wie ich es mir gewünscht hätte. Es war aber auch kein einfacher Start in die Saison. Aber ich fühle mich wohl in der Formel E, das ist eine sehr coole Serie. Ich bin wirklich froh, dabei zu sein. Ich hoffe einfach, dass sich jetzt noch bessere Ergebnisse einstellen. Die ersten beiden Rennen waren beispielsweise ein bisschen nervig, weil wir Probleme mit der Batterie hatten. Das lag also nicht so ganz unter unserer Kontrolle.

Wo siehst du im fahrerischen Bereich die größten Herausforderungen für dich?
Simona de Silvestro: Das Formel-E-Auto fährt sich schon anders. Ich bin hauptsächlich Autos mit hoher Downforce gewöhnt, wie aus den IndyCars. Diese Autos haben wesentlich mehr Leistung und stärkere Bremsen, sind aber viel schwerer. Im Formel E hast du außerdem das Energy Recoverment im Heck, das war schon eine Umstellung. Formel E fahren fühlt sich ein bisschen an wie Gokart fahren. Das IndyCar ist etwa in den Kurven sehr präzise und technisch, während wir mit dem Formel E manchmal - einfach gesagt - drauf losfahren und schauen, wie wir durch die Kurven kommen.

Bislang noch ohne Punkte in der Formel E: Simona de Silvestro, Foto: Formel E
Bislang noch ohne Punkte in der Formel E: Simona de Silvestro, Foto: Formel E

Macht es denn Spaß, mit dem Formel-E-Auto zu fahren?
Simona de Silvestro: Ja, und es ist vor allem eine große Herausforderung. Wenn du dich in anderen Openwheel-Serien einmal ans Fahren gewöhnt hast, dann hast du es auch ziemlich drauf. In der Formel E ist es wegen des Energie-Managements in den Rennen anders. So etwas Spezielles machst du in den meisten anderen Serien ja nicht. Das ist ziemlich anspruchsvoll, wenn du im Rennen beispielsweise Druck vom Hintermann bekommst und trotzdem Energie sparen musst.

Du bist die einzige Frau in der Formel E. Wie wirst du hier aufgenommen?
Simona de Silvestro: Wenn du als Frau in eine neue Serie kommst, musst du dich immer erst einmal beweisen. Das ist eben so. Wenn ein Mann grundsätzlich schnell ist, denken die meisten Leute, dass sie in jeder Serie bei der Pace sind. Bei einer Frau fragt man sich wahrscheinlich erst mal, was sie in der neuen Serie drauf hat. Während meiner Karriere bin ich ja nur selten in europäisch geprägten Rennserien gefahren. Deshalb muss ich in der Formel E wohl zeigen, was ich kann.

Simona de Silvestro startet mit Robin Frijns für Andretti, Foto: Motorsport-Magazin.com
Simona de Silvestro startet mit Robin Frijns für Andretti, Foto: Motorsport-Magazin.com

Ist es aus physischer Sicht schwierig für dich, das Formel-E-Auto zu fahren?
Simona de Silvestro: Nein, nicht wirklich. Das am schwersten zu fahrende Auto dürfte der IndyCar sein wegen der hohen Downforce und der nicht vorhandenen Servolenkung. In der IndyCar-Serie habe ich gezeigt, dass ich vorne mitfahren kann und der physische Aspekt kein Problem war. Das Formel-E-Auto geht nicht so sehr in die Arme und außerdem sind wir ja gezwungen, Energie zu sparen. Kniffliger ist es eher in Sachen Konzentration, weil du unheimlich viele Dinge im Kopf abspeichern musst.

Dein Team Andretti startet dieses Jahr mit dem Vorjahres-Motor. Ein Nachteil für euch...
Simona de Silvestro: Ja, schon. Wenn wir in den Rennen Achter oder Neunter werden, ist das schon ein ziemlich gutes Ergebnis für uns. Die neue Motoren-Generation ist viel effizienter, deshalb können andere Teams über das ganze Rennen hinweg schneller fahren als wir. Das macht es schon ziemlich schwierig für uns. Für uns ist es im Qualifying schon schwierig, weit nach vorne zu fahren. Da muss schon wirklich alles passen.

De Silvestros Vergangenheit liegt in den USA, Foto: IndyCar
De Silvestros Vergangenheit liegt in den USA, Foto: IndyCar

Ist das nicht frustrierend besonders in einer Serie, in der es immer noch viele Einheitsteile gibt?
Simona de Silvestro: Letztendlich muss man sagen, dass andere Teams beim Motor einen guten Job gemacht haben. Uns ist das leider aus diversen Gründen nicht so gelungen, deshalb müssen wir wieder mit dem Motor aus der ersten Saison antreten. Manchmal läuft es eben so. Mein Teamkollege Robin hat aber gezeigt, dass auch wir aufs Podium fahren können, wenn die Dinge für uns laufen.

Hast du in dieser Saison noch Starts in anderen Rennserien geplant?
Simona de Silvestro: Nein, aktuell noch nicht. Der Fokus liegt jetzt auf der Formel E. Vielleicht den einen oder anderen Test, schauen wir mal. Es wäre schon cool, noch etwas anderes zu fahren. Dieses Jahr haben wir ja nur ein Formel-E-Rennen pro Monat. Als Rennfahrer möchtest du natürlich mehr.