Kai, ein toller Tag für die deutschen Motorsportfans.
Kai Ebel: Darauf haben wir seit Saisonbeginn gewartet. Erstaunlicherweise gibt es Parallelen zu Monza, wo Sebastian Vettel seinen ersten Sieg geholt hat. Auch damals waren es widrige Umstände, es regnete wie verrückt und er ist wieder von der Pole gestartet und im Prinzip war es wieder ein Start-/Zielsieg. Das beweist, dass er im Regen sehr stark ist und zudem sehr starke Nerven hat.

Sebastian war ungefähr der einzige Fahrer im Feld, der keinen Fehler gemacht hat.
Kai Ebel: Das ist mir auch aufgefallen. Da werden spätestens Erinnerungen an Michael Schumacher wach. Alles schien für ihn zu laufen. Andere waren auch auf einem guten Weg, aber eben nur auf einem guten Weg und haben sich hinterher beschwert, dass die Strecke unfahrbar gewesen sei. Aber die Bedingungen waren für alle gleich und bei Sebastian kann man es auch nicht auf den doppelten Diffusor schieben, es scheint Adrian Newey auch ein gutes Auto gelungen zu sein. Sebastian hat das ins Ziel gebracht. Für das gute Auto spricht, dass es einen Doppelsieg gegeben hat.

Mark Webber hatte Vettel die ganze Zeit sicher im Griff...
Kai Ebel: Ich hatte auch nie das Gefühl, dass etwas anbrennen könnte. Nur einmal habe ich kurz geschluckt, als er Jenson Button überholt hat, obwohl er wusste, Button muss noch mal in die Box kommen. Das zeigt wahre Größe, wenn man dann den Fans noch etwas bietet, ein Überholmanöver setzt und es einfach nur nicht sicher nach hause fährt.

Anscheinend sind die Doppel-Diffusoren im Regen auch nicht so viel wert.
Kai Ebel: Das könnte der Umkehrschluss sein. Auch Ross Brawn war enttäuscht, obwohl Jenson Button auf dem Podium gestanden hat. Das heißt dann schon etwas. Christian Horner hat zu mir gesagt: "Wir haben einen einfachen Diffusor, aber es kommt noch ein doppelter. Mal schauen, was dann los ist." Red Bull wird sich oben stabilisieren und vielleicht sogar um den Titel fahren.

Ist es überraschend, dass McLaren zu den Besten der Etablierten gehörte?
Kai Ebel: Es ist erstaunlich, dass man angesichts der Möglichkeiten von McLaren Mercedes, mit diesen Platzierungen schon zufrieden sein muss. Sie müssen momentan kleinere Brötchen backen. Wenn man im Vorjahr Weltmeister war, fällt es sicher schwer, nicht ständig auf dem Podium zu stehen. Ob sie in diesem Jahr um die WM mitfahren können, entscheidet sich erst, wenn auch sie einen richtigen Doppel-Diffusor fahren.

Sie waren aber immer noch besser als Ferrari, BMW Sauber und Renault.
Kai Ebel: Ferrari und BMW sind für mich im Moment die Enttäuschung. Es läuft überhaupt nicht und sie bekommen vorne und hinten nichts zusammen. Bei Renault hat Fernando Alonso im Training gezeigt, dass es nach vorne geht. Er selbst sagt auch, dass man in Bahrain vorne mitfahren könne. Allerdings nur dann, wenn es trocken bleiben sollte.

Shanghai ist immer gut für besondere Geschichten. Bei Euch gab es diesmal auch eine...
Kai Ebel: Es war der 300. Grand Prix für RTL, da wird einem erst klar, wie alt man schon ist. Es ist eine schöne Sache: Bei 300 Grand Prix konnten wir einige Weltmeisterschaften mit einem deutschen Fahrer feiern und ich hoffe, dass dies in Zukunft mal wieder möglich sein wird. Vielleicht mit Sebastian Vettel.

Es gab auch noch ein paar Erfahrungen mit chinesischer Bürokratie.
Kai Ebel: Wir sind hier angereist und haben dann bemerkt, dass unser Material nicht an der Rennstrecke war. Es hing sehr lange im Zoll und wir haben schon überlegt, ob wir wie früher mit Kassettenrekorder, Funkgerät und Handy übertragen sollten. Dank der fleißigen Nachtschichten unserer Techniker hat letztlich aber alles geklappt.