Wenn kurz vor dem Qualifying Männer in Anzügen vor dem Motorhome stehen, kann etwas nicht stimmen. "Es war ein bisschen Theater - so nah am Qualifying", wiederholte Martin Whitmarsh den Vorwurf, dass die italienischen Behörden ihre Nachrichten auch zu einem anderen Zeitpunkt hätten übermitteln können. Allerdings hätten die Herren viel Verständnis für die Situation aufgebracht, so dass man sich erst am Abend darum kümmern konnte. Aber Whitmarsh stellte nochmals klar: "Das Timing war so gewählt, dass es maximale Verwirrung verursachen würde."

Der Plan ist trotzdem fehlgeschlagen. McLaren holte sich am Samstag die silberne erste Startreihe und am Sonntag einen Doppelsieg. "Wir genießen den Moment", so Whitmarsh. "Es war ein schwieriges Wochenende und in wenigen Tagen geht es schon weiter nach Spa - wir haben nicht viel Zeit, um uns Sorgen zu machen." Auch nicht über die anstehende Weltratssitzung in Paris. Im Rennen gab es nur eine Situation, in der das Team Bedenken hatte. "Lewis hatte Vibrationen, wir sind bei ihm konservativ herangegangen und holten ihn beim zweiten Stopp etwas eher rein." Dadurch fiel er hinter Kimi Räikkönen auf Platz 3 zurück. Der Reifenschaden von Istanbul hatte das Team seine Lektion gelehrt.

"Wir wussten, dass das für ihn eine Herausforderung werden würde", so Whitmarsh. "Er hatte genau zwei Runden, auf denen er vielleicht einen Reifenvorteil ausnutzen konnte, um Kimi zu überholen." Nicht viele hätten mit diesem Manöver gerechnet, ganz besonders nicht Kimi. "Aber Lewis hat Kimi brillant überholt. Wir kennen Kimi sehr gut, es ist nicht einfach, ihn zu überholen. Das war ein fantastisches Überholmanöver."

Dennoch habe sich Fernando Alonso an diesem Wochenende im Auto wohler gefühlt. "Es war ein Fight zwischen drei Fahrern." Das erwartet Whitmarsh auch für den Rest der Saison. "Fuji kennt keiner, aber auf den anderen Strecken sollten wir gut aussehen", wirft Norbert Haug einen Blick in die Zukunft. "Und sollten wir einmal nicht gewinnen können, sollten wir in der Lage dazu sein, auf die Plätze 2, 3 und 4 zu fahren." Nur eines dürfe man sich nicht erlauben: Ausfälle.

"Wenn Ferrari bei allen Rennen auf den Positionen angekommen wäre, auf denen sie ausgefallen sind, würde es anders aussehen", weiß Haug. Schließlich war es in der Vergangenheit immer McLaren Mercedes, die schmerzlich erfahren mussten, wie schwerwiegend technische Probleme sein können. "Wir haben schon Titel wegen fehlender Zuverlässigkeit weggeschmissen", so Haug, "darüber ärgere ich mich manchmal noch heute." Deshalb sei Zuverlässigkeit die oberste Zielsetzung.

Den Speed habe man sowieso. Seit Saisonbeginn will Haug eine Performanceverbesserung von anderthalb bis zwei Sekunden bei seinem Team ausgemacht haben. "Wir haben besonders bei den letzten Rennen zugelegt." In Silverstone, Magny Cours und im Trockenen am Nürburgring sei Ferrari besser gewesen, danach habe sich das Blatt aber langsam gewendet - McLaren blieb dabei aber immer zuverlässig.