1. - S wie Startaufstellung

Eine gute Nachricht soll immer mit dem Wichtigsten beginnen - also überlassen wir Norbert Haug das Wort: "Die wichtigste Meldung ist, dass es Lewis den Umständen entsprechend gut geht", sagt er nach dem Qualifying-Unfall seines Schützlings. "Es ist nichts gebrochen, er ist nicht verletzt." McLaren und die F1-Welt konnten aufatmen. "Es geht mir gut", sagte Hamilton nach seiner Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. "Es wird sich zeigen, ob ich fahren kann. Alle kümmerten sich gut um mich. Wir wissen, was den Unfall verursachte und ich freue mich, dass alles in Ordnung ist. Ich hoffe, dass ich starten kann."

Jetzt zu den unwichtigen Dingen - und wieder hat Haug das Wort: "Fernando hatte im Mittelsektor einen heftigen Moment, ist quer gestanden, da verlor er die Pole." Nachdem Hamilton durch seinen Unfall keine Chance auf die Pole hatte, vergab sie sein Teamkollege mit einem Beinahedreher auf seiner schnellsten Runde.

Kimi Räikkönen grinste ohne eine Mine zu verziehen in seinen Helm hinein und murmelte danke. "Die Runde war gut, auf jeden Fall gut genug für die Pole." Das gilt nicht für Felipe Massa, der im dritten Qualifying nur auf Platz 3 fuhr. Den Platz dahinter sicherte sich der frisch gebackene Papa Nick Heidfeld, wobei er sich durchaus noch mehr erhofft hatte. "Es war eine gute Runde, aber man ärgert sich immer, wenn man sieht, dass mit einem Zehntel mehr P2 möglich gewesen wäre." So erging es auch Mario Theissen. "Wenn man den Rückstand von nur einer Zehntel auf Platz 2 sieht, denkt man natürlich, dass wäre noch drin gewesen, aber ich glaube, die Runde von Nick war schon sehr gut. Da war nicht viel mehr drin." Als Belohnung bekam Heidfeld einen halben Tag frei, um zu Söhnchen Joda in die Heimat zu fliegen.

2. - S wie Start

Kimi hat den Sieg-Hattrick vor Augen., Foto: Sutton
Kimi hat den Sieg-Hattrick vor Augen., Foto: Sutton

Bis zum Start wird Heidfeld aber wieder da sein. Theissen hat keine Bedenken, dass seine Fahrer die Ränge 4 und 5 verteidigen werden. "Wir sollten die Positionen am Start behalten können." Er rechnet nicht mit Gefahr von Renault oder Mark Webber, der direkt hinter den BMW Sauber startet. Stattdessen orientiert sich Theissen lieber nach vorne. Ralf Schumacher würde das auch gerne. "Ich bin beim Start auf der sauberen Seite - auch mal gut zur Abwechslung", sagt er. Ein Wunder wird aber auch ein Superstart nicht ermöglichen - denn: "Einen Sieg kann ich noch nicht versprechen..."

3. - S wie Schumacher

Ab heute gibt es kein Shell-S mehr am Nürburgring. Stattdessen werden die Kurven 8 und 9 zum Schumacher-S. An der Strecke selbst verändert sich dadurch aber nichts. Auch wenn Überholmanöver in der Königsklasse des Motorsports generell schwierig sind, bietet der Nürburgring einige gute Möglichkeiten - so zum Beispiel am Ende der Start-Ziel-Geraden oder auch vor der für die Formel 1 besonders eng gestalteten NGK-Schikane.

Darüber hinaus wartet die Heimat des Großen Preis von Europa aber auch mit Erste-Gang-Haarnadelkurven sowie ultraschnellen Passagen auf, die in der sechsten oder sogar in der siebten Welle passiert werden können. Das vielleicht markanteste Charakteristikum der Strecke jedoch ist das oftmals unberechenbare Eifel-Wetter, das selbst im Sommermonat Juli alle vier Jahreszeiten im flotten Wechsel aufbieten kann.

4. - S wie Setup

Auf dem Nürburgring gehen die Formel 1-Rennwagen mit besonders steil eingestellten Flügeln an den Start, um möglichst viel aerodynamischen Abtrieb zu generieren. Dies verbessert nicht nur die Kurvengeschwindigkeiten in den zahlreichen mittel- und superschnellen Passagen, sondern gewährleistet vor der ersten Kurve und der NGK-Schikane eine hohe Bremsstabilität. Speziell in den schnellen Wechselkurven der Ford-Passage, des Michael-Schumacher-S sowie der Kumho- und Bit-Kurve kommt es zugleich auf ein gut ausbalanciertes Fahrverhalten an, um möglichst viel Schwung auf die jeweils folgende Gerade mitzunehmen. Daher zählt es zu den speziellen Aufgaben der Renningenieure, den eigenen Boliden eine Untersteuertendenz in den mittelschnellen Biegungen auszutreiben.

Nicht nur in dem besonders langsamen Streckenabschnitt gleich nach dem Start, sondern auch in den schnelleren Passagen des Eifelkurses kommt es auf unmittelbare Reaktionen auf Lenkbewegungen und schnelle Richtungswechsel an. Aufgrund der vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten, mit der die Kurven 2 bis 4 durchfahren werden, kann die Aerodynamik in diesem Streckenabschnitt kaum Unterstützung gewähren - hier kommt es vor allem auf mechanischen Grip an.

5. - S wie Strategie

Kimis Oma freut sich über die Pol ihres Enkels., Foto: Sutton
Kimis Oma freut sich über die Pol ihres Enkels., Foto: Sutton

Zur Strategie gehört heutzutage nicht nur der Tankrhythmus. Da dürfen wir auch am Nürburgring zwei Stopps erwarten. Interessanter wird die Wahl der Reifenmischung. Denn in diesem Jahr müssen die Fahrer bekanntlich jede der beiden verfügbaren Mischungen mindestens einmal im Rennen aufziehen. "Der weiche Reifen war im Qualifying deutlich schneller, schneller als erwartet", verriet Nico Rosberg. "Aber die Long Runs sind noch ein großes Fragezeichen wegen des Grainings."

Die große Frage ist nun: Wann fahren die Piloten mit den weichen Reifen und wie oft? Einen kurzen Stint? Zwei? Am Anfang, in der Mitte oder am Ende? Robert Kubica macht sich keine großen Gedanken darüber. "Wir sollten gut vorbereitet sein, denn am Samstagmorgen war der Speed bei den Long Runs da, auch wenn es auf weichen Reifen schwierig ist, einen konstant guten Stint zu fahren. Mit unserer Strategie sollten wir in einer guten Position sein."

6. - S wie Sonntagswetter

In der Eifel muss man mit allem rechnen. Schon am Freitag regnete es, wenn auch nur zwischen den beiden Freien Trainings der F1. Das chaotische Freie Training der GP2 zeigte jedoch, dass unter solchen Verhältnissen alles möglich ist. Sollte Lewis Hamilton an den Start gehen dürfen, wird er sich garantiert den einen oder anderen Regenschauer wünschen - dann könnte er schneller als erwartet ganz vorne auftauchen. Regenspezialisten wie Nick Heidfeld haben sowieso nie etwas gegen Regen einzuwenden, wobei BMW Sauber peinlich genau darauf achten wird, dass Nick bei seiner Rückreise aus der Heimat nicht vom Wetter aufgehalten wird. "Wir werden dafür Sorge tragen, dass er nicht zu spät kommt", kündigte Mario Theissen an. Und was sagen die Wetterfrösche? Morgens leichter Regen, Schauer bei Temperaturen um die 14 Grad. Am Mittag sonnig bei 16 Grad. Am Abend klar bei 10 Grad. Das Niederschlagsrisiko wird am Vormittag auf 10% geschätzt. Aber in der Eifel weiß man ja nie...

7. - S wie Spannung

Rot gegen Silber - das Duell geht weiter., Foto: Sutton
Rot gegen Silber - das Duell geht weiter., Foto: Sutton

Wir haben diesen Artikel mit dem Wichtigsten begonnen. Eine weitere Regel besagt: Mit einem Erdbeben beginnen und dann immer weiter steigern. Hier kommt also das mächtige Eifelbeben für den Sonntag. Denn das Wetter ist nur einer der Spannungsmomente für den Europa GP, der in diesem Jahr als verkappter Deutschland GP agiert. Fünf Deutsche sind am Nürburgring im Einsatz, zwei davon duellieren sich am Ende des Feldes, zwei hegen Hoffnungen auf Punkte und einer vielleicht sogar auf einen Podestplatz beim Heimspiel. Trotzdem betont Robert Kubica: "Es wird schwierig, gegen Ferrari und McLaren zu kämpfen." BMW Sauber wird es trotzdem versuchen.

Ferrari und McLaren fechten derweil ihren eigenen Kampf um den Sieg aus. "Mit nur einem McLaren vorne wird das etwas einfacher", sagt Räikkönen. "Aber es wird dennoch ein hartes und langes Rennen." Ganze 60 Runden warten auf die hoffentlich 22 Piloten. Räikkönen hat keine guten Erinnerungen an den Nürburgring, das soll sich ändern. "Wir werden unser Bestes geben und hoffentlich gewinnen. Aber noch ist es nur die Pole Position, man kann auch von anderen Positionen gewinnen." Es gibt also noch Hoffnung für all jene, die den finnischen Sieg-Hattrick verhindern wollen.