Magny Cours genießt in der Formel 1-Welt keinen guten Ruf. Wer gerne Urlaub auf dem Bauernhof macht, kann sich vielleicht noch für die ländliche Idylle im französischen Niemandsland erwärmen, doch selbst dafür ist die Anreise weit und beschwerlich, was den Kurs letztlich seine Daseinsberechtigung im F1-Kalender der nächsten Saison gekostet hat.

Magny Cours ist bereit für den letzten Galopp., Foto: Sutton
Magny Cours ist bereit für den letzten Galopp., Foto: Sutton

Dennoch gibt es Fahrer wie Markus Winkelhock, die gerne auf dem als Retortenkurs verschrienen Kurs fahren. "Die Anlage ist sehr schön und neu, liegt aber mitten in der Pampa", nennt der Spyker-Testpilot die Vorzüge und Nachteile des Circuit de Nevers. Die Streckencharakteristik hat es Markus schon immer angetan. "Sie gefällt mir sehr gut und macht mir tierisch Spaß." Und das nicht nur, weil es rundherum so viele Kühe, Schafe und sonstige Vierbeiner gibt. "Die Strecke ist technisch nicht gerade einfach und hat einige schnelle Ecken drin. Zum Beispiel die links-rechts-Passage nach Start- und Ziel, in der man sich mit einem F1-Auto sicherlich nur langsam ans Limit herantasten kann. Da muss man schon einmal die Po-Backen zusammenkneifen."

Also doch nichts mit langweiligem Retortenkurs? "Magny-Cours bietet eine interessante Mischung aus langsamen und schnellen Kurven", sagt BMW Sauber-Technikchef Willy Rampf. "Eine Besonderheit ist dabei der Belag, der extrem auf Temperaturschwankungen reagiert." Und zudem topfeben ist. So sehr die ebene Fahrbahn die Setupsuche erleichtert, so sehr erschwert sie die Temperaturempfindlichkeit der Strecke. "Eine Abstimmung, die am Morgen passt, muss nicht auch zwangsläufig am Nachmittag gut sein."

Ein Blick auf die Ebene von Nevers., Foto: Sutton
Ein Blick auf die Ebene von Nevers., Foto: Sutton

Die ebene Fahrbahn-Oberfläche erlaubt bei der Abstimmung die Wahl der geringstmöglichen Bodenfreiheit und den Einsatz sehr harter Federn. Sie führt also zu einer besonders straffen Fahrwerksabstimmung. In den lang gezogenen, oft sehr schnellen Kurven braucht ein Auto gute aerodynamische Effizienz und Stabilität bei schnellen Richtungswechseln.

Die lang gestreckte 180-Grad-Rechtskurve am Ende der Start-Ziel-Geraden, Estoril genannt, stellt vor allem die Pneus in puncto Ausdauer auf eine harte Probe. Für die engen und langsameren Passagen im weiteren Verlauf kommt es speziell auf eine gute Traktion an. Es gibt aber auch Überholmöglichkeiten. "Die Spitzkehre ist eine sehr gute Überholmöglichkeit", weiß Winkelhock aus Erfahrung. "Man kann sich auf der langen Geraden ansaugen und dann zum Manöver ansetzen." Aber auch die Bergab-Passage vor Start und Ziel bietet eine gute Überholchance.

Vor der Ziellinie geht es nah an die Wand., Foto: Sutton
Vor der Ziellinie geht es nah an die Wand., Foto: Sutton

"Eine echte Herausforderung stellt zudem die letzte Kurvenkombination dar, wo die Piloten sehr aggressiv über die hohen Randsteine fahren müssen, um eine gute Rundenzeit zu erzielen", betont Rampf. "Das setzt eine entsprechende Fahrwerkseinstellung voraus. In dieser Passage ist überdies eine optimale Traktion sehr wichtig." Auch Winkelhock bezeichnet die Schlussschikane als knifflig. "Hier sind die Kurbs relativ hoch, so dass das Auto sehr stark springt, wenn man zu stark drüber fährt; dann kann man sehr schnell in der Mauer landen." Die Stelle erinnert fast ein bisschen an eine spiegelverkehrte Zielkurve von Montreal - inklusive der berüchtigten Wall of Champions. "Hier sind schon einige Fahrer zu viel Risiko gegangen und fanden sich danach in der Boxenmauer wieder." Magny Cours ist also nicht immer langweilig.