Es war die Sensation des Jahres 2006: Alessandro Zanardi drehte in Valencia mit einem für ihn umgebauten BMW Sauber insgesamt 19 Runden. Der Test war eine nette Geste des bayerischen Formel 1 Teams und eine hervorragende Leistung eines Mannes, der vor fünf Jahren am Lausitzring bei einem Unfall in einem ChampCar-Rennen beide Beine verloren hatte. Zanardi ist allerdings nicht der einzige, der mit einer körperlichen Beeinträchtigung in einem Formel 1-Wagen saß.

Klein aber oho!

Alex Zanardi hat die Behinderung besiegt., Foto: Sutton
Alex Zanardi hat die Behinderung besiegt., Foto: Sutton

Der Schotte Archie Scott-Brown sorgte in der Mitte des 20. Jahrhunderts für Aufsehen. Der nur 1,52 Meter große Rennfahrer hatte seit seiner Geburt massive Behinderungen an beiden Beinen und am rechten Arm. Trotz dieser Einschränkungen nahm er im Jahre 1956 am Großen Preis von Großbritannien in Silverstone teil - er schied an siebenter Position liegend aus. Obwohl er im Training zum Großen Preis von Italien in Monza die schnellste Runde in seinem inferioren Connaught B erzielte, durfte er auf Grund fehlender Lizenzauflagen bei keinem weiteren Formel 1 Rennen mehr starten. Scott-Brown war ein erfolgreicher Sportwagen-Fahrer, er erzielte insgesamt 71 Siege, 15 davon bei internationalen Veranstaltungen. Am 19. Mai 1958 verstarb der damals 31-Jährige einen Tag nach einem Sportwagen-Unfall in Spa Francorchamps.

Der tragische Tod des Alan Stacey

Er zählte zu den extrovertierten Rennfahrern der späten 50er Jahre. Der Brite Alan Stacey litt seit seiner Geburt an einer Körperbehinderung. Sein rechter Unterschenkel war durch eine Prothese ersetzt, so dass er nur durch einen motorradähnlichen Gaszug fahren konnte. Trotz dieser Einschränkung nahm Lotus-Boss Colin Chapman den 26-Jährigen unter Vertrag, da ihn dessen Einsatzwille beeindruckte. Zudem stellte er ihm einen Mechaniker mit nur einem Arm zur Seite. "Es war eine bizarre Kombination, ein Fahrer mit nur einem Bein und ein Mechaniker mit nur einem Arm, beide waren sehr beliebt", erinnerte sich Chapman später an diese Zeit zurück.

Auch Alan Stacey fuhr mit einer Protese F1-Rennen., Foto: Sutton
Auch Alan Stacey fuhr mit einer Protese F1-Rennen., Foto: Sutton

Am 19. Juni 1960 kam Stacey beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps ums Leben. Ein Vogel traf ihn bei voller Fahrt am Visier, er verlor daraufhin die Kontrolle über seinen Lotus 18, der in Flammen aufging. Trotz sofortigen Lösch- sowie Rettungsmaßnahmen kam jede Hilfe zu spät. Es war einer der schwärzesten Tage der Formel 1, denn an diesem Sonntag verunglückte auch sein Landsmann Chris Bristow tödlich.

Ein Helikopterabsturz zerstört eine hoffnungsvolle Karriere

Dreißig Jahre nach Alan Stacey machte ein charismatischer Italiener auf sich aufmerksam: Alessandro Nannini, jüngerer Bruder der Rockröhre Gianna Nannini, gewann 1989 im aufstrebenden Benetton-Team den Großen Preis von Japan in Suzuka. Ganz Italien träumte bereits vom ersten Formel 1-Weltmeister seit Alberto Ascari im Jahre 1953, doch Nanninis Formel 1-Karriere fand ein jähes Ende: Im Oktober 1990 stürzte der damals 31-Jährige mit dem Helikopter ab, dabei wurde ihm der rechte Vorderarm abgetrennt. In einer zehnstündigen Operation nähten Chirurgen den Arm wieder an, der von da an nur noch eingeschränkt bewegungsfähig war.

Auch Alessandro Nannini kehrte trotz Behinderung ins Cockpit zurück., Foto: Sutton
Auch Alessandro Nannini kehrte trotz Behinderung ins Cockpit zurück., Foto: Sutton

Nannini durfte 1992 einen für ihn angepassten Formel 1-Ferrari testen, zu einer Rückkehr in der Königsklasse kam es allerdings nicht. Im selben Jahr feierte er ein Comeback in der italienischen Supertouring-Serie für Alfa Romeo und gewann in den folgenden zwei Jahren fünf Läufe in der DTM - ebenfalls für Alfa. Um überhaupt fahren zu können, wurde der Wagen umgebaut. Dieser besaß zwei Schalthebel für das sequentielle Getriebe, einen zum Rauf-, und einen zweiten zum Herunterschalten. 1996 eroberte Nannini sieben Siege in der DTM und wurde hinter Bernd Schneider und Manuel Reuter Dritter in der Gesamtwertung. Nach einer weiteren Testfahrt im Benetton B196 beendete er 1998 seine Rennkarriere.

Nach vier Jahren wieder im Cockpit

1982 war ein tragisches Jahr für Ferrari. Im Mai verunglückte der Kanadier Gilles Villeneuve in Zolder tödlich, und im August hatte der in der Weltmeisterschaft überlegen führende Didier Pironi einen verhängnisvollen Auffahrunfall mit Alain Prost in Hockenheim. Er erlitt dabei schwerste Beinverletzungen, eine Zeit lang stand sogar eine Amputation der beiden Gliedmaßen im Raum. Nach zahlreichen Operationen erholte sich der Franzose und kündigte bereits am Krankenbett sein Comeback an: "Jedes Mal, wenn ich bei der Physiotherapie mein rechtes Fußgelenk nach vorne und nach hinten bewege, stelle ich mir vor, dass ich das Gas- und das Bremspedal bediene. Mit dem linken Fuß kupple ich bereits wieder. Das ist für mich der größte Ansporn, wieder gesund zu werden."

Didier Pironi starb bei einem Powerboat-Unfall., Foto: Sutton
Didier Pironi starb bei einem Powerboat-Unfall., Foto: Sutton

Erst vier Jahre später testete er für die beiden französischen Teams AGS und Ligier, eine Rückkehr in die Königsklasse scheiterte schlussendlich an zu hohen Versicherungssummen. Pironi widmete sich von da an dem Powerboat-Sport und starb im August 1987 bei einem Unfall mit seiner "Colibri".

Mit dem Fahrrad zum Start

Beim Auftakt zur Formel 1-Saison 1989 in Jacarepaguá fuhr der Brite Johnny Herbert mit dem Fahrrad zum Start und wurde daraufhin von den Mechanikern in seinen Benetton gehoben. Grund dafür war ein schwerer Unfall im Jahr davor, Herbert zog sich im Formel 3000-Rennen in Brands Hatch schwerste Beinfrakturen zu, die ihm viele Jahre zu schaffen machten. Bis zu seinem Karriereende im Jahre 2000 gewann Herbert drei Formel 1 Rennen.

Der Franzose Jean Pierre Beltoise konnte nach einem schweren Sportwagen-Unfall im Jahre 1964 seinen linken Arm kaum bewegen und musste diesen in einem bestimmten Winkel positionieren, um überhaupt lenken zu können. Dennoch gelang ihm der Sprung in die Formel 1. Er fuhr dort acht Saisonen und gewann 1972 das Rennen in Monaco auf einem BRM.