... mehr über Danksagungen, Abschiede, Gefahren, Schildkröten und nicht zuletzt einen gewissen Michael Schumacher. Wer war das schnell noch mal?

Die Lehre vom Abschied

Michael Schumacher ging, die ganze Welt kam. So viele Menschen wie in Brasilien waren wahrscheinlich noch nie in einem F1-Fahrerlager oder der Startaufstellung. Umfallen konnte jedenfalls niemand. Teilweise kam man sich sogar wie in Hockenheim oder am Nürburgring vor - überall deutsche Journalisten, die aus jedem ein paar Sätze zur letzten Ausfahrt von Michael Schumacher herausquetschten. Selbst sein früherer Fahrlehrer war vor ihnen nicht sicher...

Voll., Foto: Sutton
Voll., Foto: Sutton

Neben seinen Freunden und seiner Familie wohnten auch alte Konkurrenten wie Mika Häkkinen und Legenden wie Mick Doohan und Pelé dem Spektakel bei. Der brasilianische Fußballgott war sogar sichtlich begeistert, dass er Schumacher vor dem Rennen dessen letzten Pokal überreichen durfte. "Und jetzt bin ich, Pelé, auch noch in der F1 vertreten!", sagte er über das gesamte Gesicht strahlend. Der Reifenschaden und der vierte Platz verdarben dem Ex-Champion seine Abschiedsparty nicht, davon war sein Bruder Ralf schon am Samstag nach dem Qualifying-Drama überzeugt. "Der Bacardi auf der Feier wird deswegen nicht schlechter schmecken."

Die Lehre vom Heckblick

Auch ein hübscher Heckflügel kann entzücken: "Thanks Michael - Danke Michael", stand da gleich zweisprachig auf den Heckflügelelementen von BMW Sauber. Michael Schumacher hat sich über den Gruß seiner Landsleute sehr gefreut, sein Manager Willi Weber meinte jedoch: "Es hätten auch noch ein paar mehr sein können." Immerhin ist Schumacher nie für BMW gefahren, sondern für einen anderen deutschen Hersteller auf dessen Autos zu Tabakzeiten auch schon mal die Namen der Fahrer prangten...

Vorbeilassen wollte Nick Heidfeld den scheidenden Superstar deswegen im Rennen aber nicht. "Nö, aber wenn er hinter mir bleibt, darf er es die ganze Zeit anschauen." Doch dann kam der Schock: Im Rennen stand wieder "BMW Power" auf dem Flügel - dabei hätte es so gut gepasst, da Schumacher als Zehnter direkt hinter beiden BMW losbrauste. Aber die Münchner entschieden sich dagegen. Das hatten sie davon: Schumacher blieb nicht lange hinter den beiden weiß-blauen Boliden...

Die Lehre vom Abschied

Nicht nur Michael Schumacher verabschiedete sich in Sao Paulo vom aktiven Dasein, auch Michelin und Cosworth gingen; die einen als feiernde Weltmeister, die anderen als tragische Helden. Ebenfalls zum letzten Mal dabei war Honda-Sponsor BAT. Sie verabschiedeten sich standesgemäß mit Botschaften auf den Autos: Racing Spirit, Last Blast und eine Vielzahl an Abschiedsworten von Goodbye bis Cheerio stand in allen Sprachen auf den drei Autos. Nie mehr BAR-Code-Elemente auf den Seitenkästen, nie mehr reißverschlussartige Doppellackierungen, nie mehr "look left" und "look right" - trotzdem sollten Sie vor dem Überqueren der (Boxen-)Straße natürlich auch weiterhin nach links und rechts schauen...

Die Lehre von der Gefahr

Einer Gruppe von Toyota-Teammitgliedern hätte es am Freitag nichts genutzt, wenn sie an der Ampel brav nach links und rechts geschaut hätten. Sie wurden in ihrem Mietwagen Opfer eines der in Sao Paulo üblichen Carjackings; dabei wurden sogar Schüsse abgefeuert. Glücklicherweise wurden die Gangmitglieder von einem nachfolgenden Auto verscheucht. Die Sicherheitsstandards sind eben nur auf den F1-Rennstrecken hoch.

Die Lehre von der Schildkröte

Die Schumi-Zeit ist vorbei., Foto: Sutton
Die Schumi-Zeit ist vorbei., Foto: Sutton

Michael Schumacher drohte in seiner letzten Pressekonferenz am Donnerstag nur einmal Gefahr: Als zwei brasilianische Komödianten ihn mit der Frage konfrontierten, was er denn machen würde, wenn er am Sonntagmorgen in den Spiegel schauen und bemerken würde, dass er Rubens Barrichello sei. Während der halbe Saal schon losbrüllte vor Lachen, musste Schumacher erst auf die Übersetzung der auf Portugiesisch gestellten Frage warten, grinste dann aber nur und antwortete mit einer viel sagenden Geste: Er rieb sich ebenso verschlafen wie erstaunt die Augen. Die gespielte Müdigkeit verflog aber schnell, als er mit dem Abschiedsgeschenk der beiden, einer Plastik-Schildkröte namens "Rubinho", einmal schnell über den Tisch fuhr...

Die Lehre vom Flügel

Der Boxenfunk ist schon etwas Feines. In Japan spornte das BMW Sauber Team Robert Kubica an, seinen Teamkollegen Nick Heidfeld zu überholen. In Brasilien fragte Heidfeld die Box, ob sein Frontflügel noch in Ordnung sei. Die Antwort lautete ja. Einige Runden später geriet er mit Tonio Liuzzi aneinander, diesmal musste er die Box nicht nach dem Zustand seines Autos fragen, die wegfliegenden Teile sah er selbst. Kurz vor Rennende fiel die Beurteilung des Fahrzeugzustands dann für niemanden mehr schwer: Nick krachte in die Mauer und hinterließ viele reichlich verformte Stücke weiß-blauen Karbons.

Die Lehre vom Wissen

Man könne nicht auf Ankommen oder rein auf eine Punkteplatzierung fahren, sagte Flavio Briatore noch am Montag vor dem Rennen. "Das ist wie im Fußball, wenn man auf Unentschieden spielt, verliert man." Trotz aller vollmundigen Angriffsbekundungen vor dem Wochenende, gestand Denis Chevrier hinterher: "Wir fuhren ein Sicherheitsrennen." Drehzahlen, Reifen, Strategie - alles auf der sicheren Seite. Und auch Flavio Briatore war nur auf das Absichern der beiden WM-Titel bedacht. "Ich habe keine Ahnung was heute im Rennen passiert ist, ich habe immer nur auf den Monitor auf die Platzierung meiner Fahrer gestarrt." Man kann also doch auf Unentschieden fahren...

Die Lehre vom Verlieren

Man muss auch verlieren können. Michael Schumacher wurde in seiner langen Karriere immer gerne nachgesagt, dass er das nicht könne. Dass es deswegen zu den vielen strittigen Situationen wie in Adelaide, Jerez oder Monaco kam. In Suzuka und Sao Paulo zeigte er jedoch wahre Größe und gab sich als echter Sportsmann und fairer zweiter Gewinner, was für Ron Dennis natürlich der erste Verlierer ist; aber wollen wir Ron lieber nicht daran erinnern, dass sein Team in diesem Jahr gänzlich ohne Sieg blieb, also immer zu den Verlierern gehörte.

Danke Michael., Foto: Sutton
Danke Michael., Foto: Sutton

Auch bei Ferrari fiel einigen die Niederlage gegen Alonso und Renault nicht einfach. Noch am späten Abend des Renntages, als andernorts bereits gefeiert wurde und Michael Schumacher die Strecke längst verlassen hatte, kam ein Ferrari-Sprecher ins Media Center, um den deutschen Kollegen zu erklären, dass Ferrari die Konstrukteurs-WM wegen Fisichella verloren habe und alle äußerst empört wären, wenn Massa und Alonso eine solche Szene gehabt hätten. Schumacher, Todt und die Bridgestone-Verantwortlichen waren sich dessen allerdings nicht so sicher, sie konnten nicht sagen, woran der Reifenschaden lag - an einer möglichen Berührung oder an Splitterteilen von Rosbergs Auto. Auch Niederlagen zu verkraften, will eben gelernt sein, fragt bei Ron nach, der hat mittlerweile Übung darin.

Die Lehre vom Abschied

Wie kann er nach so einem Rennen nur aufhören? So wie er überholt hat, wie er gefightet hat, wie er alles in Grund und Bodenwelle gefahren hat? Diese Frage stellten sich nach dem letzten Rennen von Michael Schumacher viele. "Er ist immer noch die Nummer 1", gestand Mario Theissen neidlos ein. Aber das Rennen brachte noch eine Erkenntnis mit sich: Man kann in der F1 überholen, selbst in Brasilien, wo das sonst eher unmöglich ist. Der Weg dahin scheint denkbar simpel: Wir brachen zukünftig wieder Verhältnisse wie in den roten Jahren 2002 und 2004 - aber Ferrari muss von hinten starten...

Aber auch so ist Spannung garantiert - auch ohne Michael Schumacher. "Also, bitte liebe Formel 1-Fans", appellierte Alex Wurz, "es braucht sich niemand Sorgen zu machen, es wird auch 2007 spannend!" Oder wie es Sebastian Vettel bereits vor einigen Wochen ausdrückte: "Die Autos werden auch nach Michael weiter im Kreis fahren."