"Indianapolis war kein Wendepunkt", sagten die Ferrari-Verantwortlichen nach dem Doppelsieg in den USA. Nach dem zweiten dominanten Wochenende in Serie, darf man so langsam aber doch von einer Wende sprechen: Doppel-Pole, schnellste Rennrunde und Sieg: Michael Schumacher und Ferrari waren auch in der Heimat von Renault und Michelin nicht zu stoppen.

Erwartet hatte das vor dem Rennwochenende und selbst vor dem Rennen niemand. "Ich wünsche mir für die WM, dass Michael gewinnt, aber es wird schwierig", sagte Bernie Ecclestone kurz vor Rennbeginn - wohl wissend, dass es einige Zweifel an der Haltbarkeit und Konstanz der Bridgestone-Pneus gab. Aber diese waren nach dem ersten Stint wie weggekörnt: Renault hatte dem Speed der roten Renner nichts entgegenzusetzen - noch nicht einmal eine andere Boxenstrategie konnte Alonso in Siegnähe bringen. Am Ende blieb für ihn nur Schadensbegrenzung mit Rang 2. Bernies Wunsch ist in der F1-Welt eben doch Befehl...

Der rote Masterplan

Bereits am Start lief alles für Michael Schumacher: Der Deutsche kam gut weg und konnte in den ersten Runden seinen Verfolgern davonziehen. Dabei profitierte er wie erhofft von seinem Teamkollegen Felipe Massa, der Fernando Alonso, trotz eines harten Duells in den ersten Kurven, hinter sich halten konnte. Auch im restlichen Feld verlief der Start ohne Probleme, wobei Überholmanöver ebenso Mangelware blieben wie Un- oder Zwischenfälle.

Der erste Stint lief für Ferrari genauso nach Plan. Betrug Schumachers Vorsprung nach 5 Runden noch 3,4 Sekunden, waren es nach 8 Runden schon 4,9 Sekunden und nach 13 Runden 7,1 Sekunden. In Runde 16 kam Felipe Massa als erster Spitzenpilot an die Box. Bei 8,8 Sekunden Rückstand hatte Fernando Alonso also endlich freie Fahrt; aber nur eine Runde lang: Dann kam auch er in Runde 17 zu seinem ersten Boxenbesuch. Wiederum eine Runde später stattete Michael Schumacher seiner Crew den ersten Besuch ab - in Runde 19 betrug sein Vorsprung 11,2 Sekunden, allerdings stoppte Alonso deutlich länger als die beiden Ferrari-Piloten.

Das hätte sich beim 2. Stopp auszahlen sollen. Vor diesem war das Bild unverändert: Schumacher führte mit 16,4 Sekunden vor Alonso, der den Speed der Ferrari im 2. Stint nicht mitgehen konnte. Als Schumacher in Runde 38 seinen zweiten Stopp absolvierte, blieb Alonso wie erwartet noch draußen und übernahm wenigstens kurzzeitig die Führung, und zwar genau vor Schumacher!

Vier Runden fuhren die beiden Titelkandidaten im Abstand von 0,5 Sekunden hintereinander her - dann absolvierte Alonso seinen zweiten und letzten Stopp. Zu diesem Zeitpunkt hatte Schumacher 24,3 Sekunden Vorsprung auf den WM-Spitzenreiter. Schlechter sah es 26 Runden vor dem Ende für Felipe Massa aus, sein Vorsprung reicht ihm noch nicht, um bei seinem letzten Stopp vor Alonso zu bleiben.

Auch im letzten Rennabschnitt bestätigten sich die Eindrücke der ersten beiden Stints: Alonso und Renault konnten die Pace der beiden Ferrari nicht mitgehen - sowohl Schumacher als auch Massa konnten ihren jeweiligen Vorsprung kontinuierlich ausbauen. Schumacher fuhr in 1:17.111 Minuten sogar die schnellste Rennrunde des Grand Prix.

Dennoch reichten Massas 11 Sekunden Vorsprung nicht, um Alonso nach dem dritten Stopp hinter sich zu halten, dem Brasilianer fehlten 7,3 Sekunden auf den Spanier. Der rote Masterplan ging also nicht ganz auf: Statt 4 Punkten machte Michael Schumacher in der WM-Tabelle nur 2 Punkte auf Fernando Alonso gut. Jetzt liegt er nach 11 Saisonrennen 17 Zähler hinter dem amtierenden Champion.

Best of the Rest

Abseits des Sieg- und Titelkampfes blieb der Frankreich GP bei seinem 100. Jubiläum größtenteils ereignislos. Für die Flugeinlage des Rennens sorgte Tiago Monteiro, der in Runde 12 nach einem Dreher über den Kerb flog, abhob und sich nur mit viel Glück nicht überschlug. Davon abgesehen wurde das Feld von langen Fahrzeugketten beherrscht, die mehr an einen Stau auf den Landstraßen weg von der Rennstrecke, als an ein Autorennen erinnerten.

Eines der wenigen packenden Duelle lieferten sich zwei alte Bekannte: Pedro de la Rosa jagte mehrere Runden hinter dem Williams von Mark Webber her. Diese Bilder kannten wir bereits aus dem Vorjahr: Auch bei de la Rosas letztem GP-Einsatz in Bahrain 2005 duellierten sich genau diese beiden. Damals behielt der Spanier nach einem harten Fight die Oberhand - diesmal brachte ihn sein erster Boxenstopp am Australier vorbei und direkt in den Windschatten von Jacques Villeneuve.

Nicht in der Box, sondern auf der Strecke ging Pedros Teamkollege Kimi Räikkönen an Jarno Trulli vorbei, wenig später kam der Finne aber mit einem Problem vorzeitig zu seinem zweiten Boxenstopp an die Box. Noch schlimmer erwischte es Mark Webber, der nach einem Reifenschaden hinten links einen High-Speed-Dreher erlebte.

Der Kampf um den ersten Nicht-Podestplatz hinter Schumacher, Alonso und Massa wurde von Ralf Schumacher und Kimi Räikkönen ausgefochten. Der Deutsche hätte in seinem 150. gemeinsamen Grand Prix mit seinem Bruder sogar zusammen mit Michael auf dem Podest stehen können, aber ein verkorkster Boxenstopp kostete ihn die dafür nötigen Sekunden. Auch Jarno Trulli hätte im zweiten Toyota höhere Ehren anpeilen können, wenn ihn nicht Motoraussetzer zur Aufgabe gezwungen hätten.

Während Felipe Massa seinem Nummer 1-Piloten wenigstens zeitweise Schützenhilfe zukommen ließ, konnte Alonso nicht auf Hilfe von Giancarlo Fisichella zählen, der Römer kam als Sechster weit abseits des Podests ins Ziel. Hinter ihm belegten Pedro de la Rosa und Nick Heidfeld die letzten beiden Punkteplätze, wobei de la Rosas Überholmanöver durch eine fälschlicherweise gezeigte blaue Flagge stark vereinfacht wurde. Am Ende könnte man fast überspitzt sagen, dass die Anfangsminuten des dritten Qualifying-Abschnitts am Samstag mehr Spannung und Überholmanöver boten, als der gesamte Frankreich GP am Sonntag. Für den WM-Kampf hätte das Ergebnis aber kaum besser sein können: Michael Schumachers Ausgangslage für sein Heimrennen in Hockenheim ist nun natürlich viel besser.