Nicht nur für die Fahrer ist der Große Preis von Monaco einer der härtesten Belastungstests im Formel-1-Kalender. Auch an das Material stellt das Rennen in den Straßen des Fürstentums an der Cote d'Azur höchste Anforderungen, vor allem an das Getriebe, dem auf dem kurvenreichen Stadtkurs bei rund 3.600 Schaltvorgängen alles abverlangt wird. Schwerstarbeit im Sekundentakt.

Dass die Fahrer rund 20 Prozent häufiger schalten müssen als zum Beispiel in Monza ist aber nicht das einzige Problem in Monaco. "Durch die vielen Wellen und Unebenheiten auf dem Stadtkurs verlieren die Räder immer wieder für Sekundenbruchteile den Bodenkontakt", erläutert Gordon Day von Williams. "Dadurch werden Gangwechsel trotz eines optimal eingestellten Getriebes schwierig."

Die Zeiten der Handschaltung sind in der Formel 1 längst vorbei. Das macht die Arbeit für die Piloten einfacher, die mittels einer Wippe am Lenkrad einen neuen Gang einlegen, nicht aber für das Getriebe. Ein Schaltvorgang dauert etwa 25 bis 30 Millisekunden, und in dieser kurzen Zeit passieren eine Menge Dinge, die alle aufeinander abgestimmt sein müssen. Schaltet der Fahrer zum Beispiel genau dann, wenn die Drehzahl des Motors rasant ansteigt, weil er gerade einen Kanaldeckel überfährt, gerät nicht selten der ganze Gangwechsel aus dem Takt. Wie gut das Getriebe die Strapazen übersteht, wird streng kontrolliert: Nach jedem Rennen wird es komplett zerlegt und auf Risse überprüft. Sicher ist sicher.

Bei seiner Performance im Grenzbereich ist das Getriebe extremen Belastungen ausgesetzt. Und der Fahrer muss zu seiner Sicherheit darauf vertrauen können, dass alle Teile diese Belastungen auch aushalten. Kein Wunder, dass für ein Formel-1-Getriebe das Beste gerade gut genug ist. So besteht das Getriebegehäuse, das möglichst steif sein sollte, weil die ganze Hinterachse daran festgemacht ist, in der Regel aus Titan und Kohlefaser. Die Kugeln der Lager sind aus Keramik, die Zahnräder aus hochfestem Stahl. Als zusätzliche Materialien kommen wegen ihres geringen Gewichts Aluminium und verschiedene Kunststoffe zum Einsatz.

Ein Getriebe ist ein hoch gezüchtetes High-Tech-Produkt, dessen rund 400 Einzelteile durchwegs Spezialanfertigungen sind, bis hinunter zu den Lagern und Dichtungen. Das alles hat seinen Preis: Ein Formel-1-Getriebe, so schätzen Experten, kostet rund 125.000 Euro. Die Haltbarkeit der einzelnen Teile ist unterschiedlich: Während die Zahnräder nach jedem Rennen gewechselt werden, hält das Getriebegehäuse normalerweise die ganze Saison. Das Getriebe ist an der Rückseite des Motors befestigt und direkt mit der rund 10.000 € teuren Kupplung aus Kohlefaser verbunden, die weniger als 1,5 Kilogramm wiegt und Temperaturen von bis zu 500 Grad Celsius aushalten muss.

In der Formel 1 baut jedes Team sein eigenes Getriebe. Das Reglement schreibt mindestens vier und höchstens sieben Vorwärtsgänge sowie einen Rückwärtsgang vor. Das Design des Getriebes ist stark an die Aerodynamik des Autos gekoppelt. 2005 mussten die Getriebe kleiner werden, weil durch die neuen Aerodynamikregeln weniger Platz zur Verfügung stand. In diesem Jahr erlaubte der Wechsel von V10- zu V8-Motoren eine Fortsetzung der Abmagerungskur. Der eigentliche Vorteil der neuen Getriebe ist aber nicht die geringere Größe, sondern das niedrigere Gewicht. Jedes Kilogramm, das nicht fest verbaut ist, kann schließlich an anderer Stelle für eine bessere Balance des Autos eingesetzt werden.

Wie groß der Gewichtsvorteil ist, hüten die Konstrukteure wie ein Staatsgeheimnis. Sie verraten noch nicht einmal das genaue Gewicht des Getriebes, das irgendwo zwischen 25 und 35 Kilogramm liegt. Nur soviel lassen sich die Spezialisten entlocken: Die Getriebe in der Formel 1 sind heute nicht nur rund 20 Prozent leichter als noch vor fünf Jahren, sondern um einiges stabiler - und dadurch auch sicherer.