Nach dem packenden Auftakt in Bahrain ist die Formel 1 Welt bereit für ein weiteres spektakuläres Rennen. Bevor es jedoch vielleicht soweit kommt, herrscht im Fahrerlager erst einmal das große Startaufstellungs-Chaos vor. Wer startet wo? Wer wird wohin strafversetzt? Und warum in aller Welt weiß niemand bescheid? Fragen die auch wir momentan nicht gänzlich klären können...

1. - S wie Startaufstellung

Normalerweise gehen wir an dieser Stelle mit Ihnen Reihe für Reihe in der Startaufstellung durch und analysieren die Qualifyingleistungen der Piloten. An diesem Wochenende machte die FIA diesem "S" aber einen Strich durch die Rechnung: Es gibt nach dem Motorwechseldich-Spielchen bei den Fahrern und Teams einfach noch keine offizielle Startaustellung. Warum das so lange dauert? Dass wüssten nicht nur Sie und wir ganz gerne.

Die Grid Girls müssen noch durchsortiert werden..., Foto: Sutton
Die Grid Girls müssen noch durchsortiert werden..., Foto: Sutton

Was wir Ihnen schon jetzt anbieten können ist eine in unserer Redaktion heiß diskutierte und mit Hilfe des Regelbuches ausgetüftelte Version der Startaufstellung. Aber wie gesagt: Es handelt sich nur um unsere Version der "Wahrheit".

Die Spitze ist dabei unumstößlich: Giancarlo Fisichella startet neben Jenson Button von der Pole Position. Auch Reihe 2 ist nach der Strafversetzung von Michael Schumacher eine einfache Angelegenheit: Williams-Überraschungsmann Nico Rosberg steht neben seinem Teamkollegen Mark Webber.

In der dritten Reihe machen es sich die beiden Silberpfeilpiloten Juan Pablo Montoya und Kimi Räikkönen bequem und Reihe vier gehört Fernando Alonso und Christian Klien. So far, so good. Die fünfte gehört den weit nach vorne gerückten Jarno Trulli und Jacques Villeneuve. Dahinter übernehmen Heidfeld und Speed die sechste Reihe, in welcher sich auch Ferrari eine Zeit lang wähnte. Michael Schumacher folgt nach seiner Strafe und unter Berücksichtigung der Versetzung seines Bruders auf P13. Neben ihm startet unserer Meinung nach Tonio Liuzzi.

Noch einmal interessant wird es ganz hinten: Da stehen Ralf Schumacher und Felipe Massa auf den Plätzen 21 und 22. Oder zumindest stehen sie in unserer Version des Grid auf 21 und 22. Die Begründung: Beide wechselten ihre Motoren nach dem Qualifying (bei Massa schon zum zweiten Mal), wobei der Brasilianer den Wechsel später bekannt gegeben hat.

2. - S wie Start

Diese Sensoren sollen Frühstarts erkennen., Foto: Sutton
Diese Sensoren sollen Frühstarts erkennen., Foto: Sutton

Die Vorhersage für den Start wird durch die Querelen nur bedingt beeinflusst: Für die Strafversetzten gilt sowohl am Ende des Feldes als auch im Mittelfeld schon am Start so viele Plätze wie möglich gut zu machen. Denn trotz der enormen Streckenbreite haben etliche Fahrer Bedenken, was die Überholchancen angeht.

Diesmal dürfen eine Menge Spitzenpiloten beweisen, wie gut sie auf einer Aufholjagd sind. Massa, Schumacher, M. Schumacher, R. oder Barrichello müssen beweisen, ob sie das Zeug zum Ice Man haben. Der fuhr in Bahrain von 22 auf 3.

An der Spitze werden die McLaren versuchen die Williams am Start zu sprengen oder vielleicht komplett zu kassieren. Angst vor einem Startunfall haben die Silbernen nicht: "Wir starten von 5 und 6, da ist die Gefahr eines Unfalls nicht so groß wie im Mittelfeld oder noch weiter hinten", weiß Kimi Räikkönen nur allzu gut um die Gefahren der hinteren Startränge. Im letzten Jahr durfte er diese ja oft genug unfreiwillig selbst erkunden. "Es kann natürlich immer alles geschehen, aber wenn wir in den ersten Kurven vorsichtig zu Werke gehen, sollte nichts schief gehen."

3. - S wie Setup

Beim Sepang International Circuit sprechen die Chassis-Techniker von einem kompletten Kurs. Er weist Hochgeschwindigkeitskurven, schnelle Richtungswechsel (vor allem in den Kurven 5 und 6) sowie langsame Haarnadelkurven auf. Wie üblich erfordert die Chassis-Abstimmung einen Kompromiss, bei dem diese sehr unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut gebracht werden.

Die Teams dürfen nicht mehr am Setup feilen., Foto: Sutton
Die Teams dürfen nicht mehr am Setup feilen., Foto: Sutton

In den schnellen Kurven sowie in den Bremszonen sollte das Auto dabei stabil und gut ausbalanciert sein. Dazu wird ein relativ straffes Setup gewählt – das auf der anderen Seite weich genug sein muss, um beim Beschleunigen aus den langsamen Kehren ausreichend Traktion zu bieten.

Die Flügel werden in Sepang auf mittleren Downforce eingestellt, um das Fahrverhalten in schnellen Kurven und beim starken Verzögern zu optimieren. Bei den zu erwartenden hohen Lufttemperaturen werden die Kühlsysteme auf höchste Leistung - also maximalen Luftdurchfluss - ausgelegt.

Für die Motoren bedeutet das Schwerstarbeit - wie die vielen Motorwechsel beweisen. Mit einem Volllastanteil von 72 Prozent zählt der Sepang International Circuit für die Motoren zu den anspruchsvollsten Kursen der gesamten Saison. Nur auf zwei weiteren Strecken sind die Drosselklappen prozentual länger voll geöffnet. Dies hängt unmittelbar mit dem Wechsel von V10- zu V8-Motoren zusammen. Da die Achtzylinder über weniger Leistung verfügen, der Kurs in Sepang aber mehrere schnelle Kurven aufweist, drücken die Fahrer in vielen Passagen stärker auf das Gaspedal als noch im Vorjahr.

Die Motoren müssen in Sepang keine allzu großen Drehzahlbereiche abdecken, da sie nur sehr selten bei niedrigen Touren arbeiten. Die Passagen, in denen höhere Geschwindigkeiten anliegen, können allerdings zu ganz speziellen Problemen führen. Dazu zählen vor allem die Turns 5 und 6. Diese Sektionen durcheilen die Piloten zwar mit höheren Drehzahlen, aber mit nur teilweise geöffneten Drosselklappen. Dabei kann es unter Umständen zu dem so genannten Blow by-Phänomen kommen. Das bedeutet, dass an den Kolbenringen vorbei Benzingemisch aus der Verbrennungskammer austritt und dabei die Kolben und Kolbenringe beschädigt.

Noch mehr als in Bahrain wird sich der so genannte Akustik-Offset in Malaysia auswirken. Die höheren Temperaturen gehen mit einer geringeren Luftdichte einher, wodurch sich die Luftschwingungen im Einlassbereich (daher Akustik) verändern. Der Effekt bewirkt, dass die Motoren ihre maximale Leistung erst bei höheren Drehzahlen erreichen als bei niedrigen Temperaturen. Der Arbeitsbereich der Triebwerke liegt also durchschnittlich höher, was die Belastung verstärkt.

Michael Schumacher peilt die Podestränge an., Foto: Sutton
Michael Schumacher peilt die Podestränge an., Foto: Sutton

Wenn höhere Drehzahlen erforderlich sind, um die nominelle Leistung des Triebwerks auch tatsächlich abzurufen, wird auch eine erhöhte Kühlleistung benötigt. Wie üblich stehen die Techniker dabei vor der Aufgabe sicherzustellen, dass die Öl- und Wassertemperaturen im vorgesehenen Fenster bleiben, ohne dafür zu viel Leistung und aerodynamische Effizienz zu opfern.

4. - S wie Strategie

Wie so oft spielen gerade bei der Hitzeschlacht im Glutofen von Sepang die Reifen eine Schlüsselrolle. Die schnellen Kurven und die hohen Temperaturen setzen die Pneus einer immensen Belastung aus. Besonders die Hinterreifen werden extrem gefordert, weswegen der Reifenverschleiß als kritische Größe zu beachten sein wird.

Bei Bridgestone sieht man dem Rennen dennoch gelassen entgegen: Die japanischen Gummis hätten bislang ihre Performance bewiesen. Bei Michelin spricht Nick Shorrock etwas offener: "Es wird einige interessante Strategien geben: Ich gehe davon aus, dass es Autos mit einem, zwei oder Dreistopps geben wird."

Die Strecke habe im Laufe der Tage ihr Gripniveau stark verbessert, was die Graining-Probleme der Michelin-Teams am Samstag eliminierte. Die Abnutzung oder Blasenbildung spielen somit keine Rolle. Bei Toyota scheinen die hohen Temperaturen ebenfalls ihr Übriges zu tun: Mike Gascoyne ist davon überzeug, dass das Potenzial des TF106 in der Hitze von Malaysia für Punkte ausreicht.

Bei McLaren darf man unterdessen davon ausgehen, dass Kimi und Juan Pablo, der üblichen Strategie folgend, mit schweren Autos ins Qualifying gegangen sind. Montoya sagte dazu viel sagend: "Ich bin die sechstbeste Qualifying-Zeit gefahren, aber wenn man den Sprit rausrechnet war es vielleicht die schnellste Runde."

5. - S wie Sonntagswetter

McLaren ist wohl wie üblich schwer unterwegs., Foto: Sutton
McLaren ist wohl wie üblich schwer unterwegs., Foto: Sutton

Um zunächst bei den Pneus zu bleiben: Michelin erwartet während des Rennens 40-50 Grad Asphalttemperatur, was etwas unter dem Wert der Trainings und des Qualifyings liegt. Diese fanden zu früheren Zeitpunkten statt, als die Sonne noch heißer auf die Strecke brannte.

Die Wetterfrösche sagen für das Rennen am Nachmittag 25 bis 34 Grad sowie ein Niederschlagsrisiko von 60% voraus. Nick Heidfeld würde sich zu seinem 100 Grand Prix sehr über solch ein nasses Geschenk freuen; die Bridgestone-Teams sicherlich auch.

"Es könnte morgen regnen. Regen in Malaysia bedeutet nicht ein paar Tropfen, sondern meistens einen Wolkenbruch mit anschließendem Chaos", weiß Quick Nick, der damit Mark Webber aus der Seele spricht. Dieser hatte vor dem Wochenende treffend gesagt: "Wenn es hier regnet, dann regnet es richtig." Für die Strafversetzten und/oder die Hinterbänkler könnte Regen also die Rettung sein.

6. - S wie Speed

Obwohl Cosworth immer öfter der störkste Motor zugeschrieben wird, befindet sich mit Nico Rosberg nur einer der beiden Williams-Piloten unter den Top-7 der Topspeedwertung. Dennoch reichte es bei beiden Fahrern für einen Startplatz in der zweiten Reihe.

Noch schneller waren nur die McLaren, bei denen man allerdings davon ausgeht, dass sie viel Sprit an Bord haben, was ihre Topspeed-Werte natürlich noch beeindruckender machen würde. Mit Michael Schumacher und David Coulthard mischen auch zwei Ferrari-Motoren ganz vorne mit. Allerdings mussten beide Fahrer einen neuen V8 einbauen lassen.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Juan Pablo Montoya / Mercedes 296,1
2. Nick Heidfeld / BMW 295,3
3. Kimi Räikkönen / Mercedes 293,9
4. David Coulthard / Ferrari 293,7
5. Michael Schumacher / Ferrari 293,4
6. Giancarlo Fisichella / Renault 293,2
7. Nico Rosberg / Cosworth 292,2
8. Fernando Alonso / Renault 291,6
9. Felipe Massa / Ferrari 291,4
10. Jacques Villeneuve / BMW 291,1
11. Christian Klien / Ferrari 291,0
12. Jenson Button / Honda 290,5
13. Rubens Barrichello / Honda 290,2
14. Mark Webber / Cosworth 290,0
15. Scott Speed / Cosworth V10 286,5
16. Jarno Trulli / Toyota 286,3
17. Takuma Sato / Honda 285,7
18. Christijan Albers / Toyota 285,4
19. Ralf Schumacher / Toyota 284,8
20. Yuji Ide / Honda 284,5
21. Tiago Monteiro / Toyota 282,5
22. Tonio Liuziz / Cosworth V10 281,1

7. - S wie Spannung

Normalerweise fiebern wir vor dem Rennen dem Start und dem Ergebnis entgegen. Diesmal wird selbst die Verkündung der Startaufstellung um 11:00 Uhr Ortszeit an Spannung kaum zu überbieten sein!

Doch egal wer nun von welchem Mittelfeldplatz ins Rennen gehen wird: In Malaysia steht der F1-Welt abermals ein packendes Rennen ins Haus. Nicht umsonst sprechen nicht gerade wenige Fahrer und Teamverantwortliche von einem der engsten und spannendsten Mehrkämpfe in der F1-Geschichte. Mit Renault, McLaren, Honda, Ferrari und vielleicht Williams gibt es vier bis fünf Teams die um den Sieg mitfahren können.

Und auch aus deutscher Sicht ist alles möglich: Michael Schumacher plant nach seinem Motorwechsel mindestens in die Punkteränge, wenn nicht sogar auf das Podest zu fahren, und Nico Rosberg startet nach seiner bravorösen Aufholjagd von Sakhir diesmal mitten unter den Topleuten. Sein Vater und Williams-Technikchef Sam Michael sprechen sogar schon vom Sieg...