In nicht einmal mehr zwei Wochen beginnt die neue Formel 1-Saison. Doch obwohl momentan Vorhersagen und Prognosen wie Blasen aus abgenutzten Reifen hervorsprießen, gestaltet sich eine akkurate Einschätzung des Kräfteverhältnisses äußerst schwierig.

Am einfachsten wäre es zu sagen: Es sind alle schnell Punkt. Aber damit würden wir es uns wohl zu einfach machen. Deshalb tasten wir uns langsam heran. Allüberall kann man dieser Tage lesen, dass Renault und Honda die Schnellsten seien. Aber wer sagt, dass die anderen Teams nicht nur bluffen?

Gehen wir unsere Saisonvorschau also von einer anderen Seite an. Einer Seite, die dank Max Mosley in den letzten Jahren immer sehr beliebt und vor allem auch belebt war: Der Reglement-Seite.

Mittlerweile ist es zu Beginn eines jeden F1-Jahres üblich, ein neues Qualifying-System einzuführen. So ist es auch in diesem Jahr. Das neue Knock-Out Qualifying dürfte auf alle Fälle für viel Diskussionsstoff sorgen. Das ist schon einmal gut.

Auch die ungewisse Tanksituation der jeweils ausgeschiedenen oder in die Top-10 vorgestoßenen Fahrer empfinde ich als gut. Das sorgt für mehr Spannung.

Überhaupt sieht es danach aus, als ob es in dieser Saison wieder spannend werden sollte. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Spannung dürfte sich auf verschiedene Sieger, aber nicht auf viele Überholmanöver auf der Strecke beschränken. Auf diesem Sektor wird sich in dieser Saison nichts verändern. Die Dirty Air bleibt auch weiterhin schmutzig.

Aber zurück zu unserer Teamanalyse. Beginnen wir traditionell mit dem Weltmeisterteam - Renault: Teamintern wird Fernando Alonso wieder stärker als Giancarlo Fisichella sein. Die Franzosen sind, wie wir bereits zu Beginn festgehalten haben, an sich sehr stark.

Ebenso wie Honda, die ebenfalls zum Favoritenkreis zu zählen sind. Allerdings ist es bei den Japanern immer fraglich, ob sie ihre Testzeiten auch unter Rennbedingungen umsetzen können. Die beiden B's Button und Barrichello haben in diesem Jahr beide etwas zu beweisen. Bei den Tests gab JB schon einmal einen Vorgeschmack auf das Teamduell: Jenson war fast immer schneller als Rubinho. Und ich bin davon überzeugt, dass dies auch an den 18 Rennwochenenden so sein wird.

Nicht minder interessant ist die interne Konstellation bei McLaren. Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya stehen vielleicht beide vor dem Absprung. Auswirkungen auf die Leistungen der zwei Silberpfeilpiloten wird das aber nicht haben. Teamintern wird Kimi wieder klar besser sein. Montoya wird zwar einige Highlights setzen können, aber über die komplette Saison betrachtet deutlich im Hintertreffen sein.

Bei Ferrari ist das Teamduell eine klare Sache. Trotzdem wird es interessant sein zu sehen, wie nah Felipe an Michael dran sein wird. Schließlich hat Massa in den letzten Jahren bei Ferrari und Sauber einiges dazugelernt. Nicht umsonst betonte er in jeder Pressekonferenz: I have learnt a lot.

Wichtige Rollen werden die Performance des 248 F1 sowie jene der Bridgestone-Reifen spielen. Gerade in den letzten Tagen wurden die japanischen Gummis wieder vermehrt kritisiert. Allerdings darf man die Schuld nicht immer nur den Reifen in die Lauffläche schieben. Schließlich ist die Formel 1 ein Teamsport: Man entwickelt Auto und Reifen gemeinsam. Insbesondere seit die Ferrari-Bridgestone-Achse in diesem Winter Zuwachs in Person von Williams und Toyota erhalten hat. Diese Ausrede zählt 2006 nicht mehr.

Auch bei Toyota darf man sich in dieser Saison nicht mehr hinter dem riesigen Budget verstecken: Die Japaner müssen endlich den ersten Sieg einfahren. Die Voraussetzengen dafür sind vorhanden. Fraglich ist ob der TF106 die gesetzten Ziele des ersten GP-Siegs und des besten Bridgestone-Teams ermöglichen kann.

Das Williams Team sehen manche Experten in dieser Saison als Geheimfavoriten, andere sehen sie hingegen gar kein Land gewinnen. Ich zähle mich da eher zu letzteren: Williams ist für mich auf keinen Fall eine Art Geheimfavorit. Selbst wenn wir die Performance außen vor lassen, haben die Briten viel zu viele Zuverlässigkeitsprobleme. Und gerade die Standfestigkeit ist in den ersten Rennen besonders wichtig. Das hat Renault im Vorjahr bewiesen.

In diesem Jahr möchte BMW Sauber beweisen, wie wichtig eine gute Zuverlässigkeit zum Saisonstart ist. Das Team ist schneller als es viele erwartet haben und sie werden sich in den kommenden Jahren noch weiter steigern können. Der Integrationsprozess von BMW und Sauber in München und Hinwil läuft schon sehr gut.

Einer der Hauptgegner von BMW Sauber im Kampf um WM-Punkte wird in diesem Jahr Red Bull Racing sein. Die Bullen werden zukünftig immer besser und besser werden, aber momentan haben sie noch einige Probleme zu lösen. Mit den vielen guten Neuzugängen wie Adrian Newey dürfte es aber nur eine Frage der Zeit sein, bis man die Probleme aus der Welt geschafft hat. Zudem profitiert das Red Bull Imperium von den gesammelten Daten des zweiten Teams, was ihnen die Möglichkeit gibt noch mehr gute Leute einzukaufen.

Das ist auch einer der Gründe, warum Red Bull in diesem Jahr bei der Konkurrenz weniger beliebt ist als anno 2005. In ihrer Debütsaison waren sie ein Farbklecks im langweiligen Fahrerlager, jetzt sieht man sie als ernsthafte Konkurrenz an. Allerdings wollen die Leute nicht nur des Geldes wegen bei RBR arbeiten. Auch die gute und lockere Stimmung zieht neue Mitarbeiter fast automatisch an.

Am Ende des Feldes kommt es in dieser Saison zu einem Dreikampf, in dem die Scuderia Toro Rosso wohl die besten Karten besitzen wird. Scott Speed hat mich zwar mit seinen mäßigen Vorstellungen in der A1GP-Serie enttäuscht, aber mit etwas Entwicklungszeit wird auch er sich steigern können.

Das Midland Team ist schwierig einzuschätzen. Für mich hat es Pat Symonds auf den Kopf getroffen, als er sagte, dass MF1 Racing die Leidenschaft fehle. Genauso kommen mir viele Aktionen des ersten russischen F1-Teams vor: Egal welche Sponsoren, egal welcher Testfahrer - Hauptsache die Mitgift stimmt.

Bei Super Aguri gibt das Auto bereits die Antwort auf alle Fragen: Es sieht aus wie ein Museumsstück. Noch dazu eines, dass momentan nicht einmal dem Reglement entspricht. Entsprechend mutet es etwas komisch an, dass ein Werk wie Honda sich an solch einem Projekt beteiligt. Und das für einen Fahrer wie Takuma Sato, der zwar hin und wieder gute Leistungen gebracht hat, aber ansonsten alles andere als ein Superstar ist. Eines ist jetzt schon klar: Mit diesem Auto wird das Team garantiert keine Punkte holen.