Seit dem Training in Monza im September hatte Nick Heidfeld verletzungsbedingt nicht mehr im Formel-1-Auto gesessen - so machte dem Mönchengladbacher die Premiere mit dem Sauber-BMW in Barcelona jetzt natürlich doppelten Spaß. Rückkehr auf die Strecke, in einem für sich "neuen, alten Team", auf das er mittel- und langfristig große Hoffnungen setzt - Heidfeld konnte in Spanien mit viel Begeisterung an seine neue Aufgabe herangehen.

Wie ist das Gefühl, zu BMW-Sauber, in Ihr neues, altes Team, zu kommen?

Nick Heidfeld: Es fühlt sich wirklich so an, als ob ich nach Hause zurück käme. Als ich kürzlich im Werk war, um einen Sitz machen zu lassen, da war alles wohlbekannt. Es war fast ein bisschen eigenartig, überhaupt nicht das Gefühl zu haben, über zwei Jahre weg gewesen zu sein. Ich bin drei Jahre für dieses Team gefahren, ich kenne noch die meisten Leute, ich weiß, was wo zu finden ist, ich merke bisher keinen allzu großen Unterschied. Sicher sind die zukünftigen Ziele wesentlich höher gesteckt, letzte Woche war ich einmal im Windkanal, und da spürt man schon, dass die Ambitionen viel größer sind. Die Leute wissen jetzt, dass sie endlich die Ressourcen haben, all das zu tun, was sie möchten. Jetzt wollen sie wirklich die besten sein. Als ich zum ersten Mal bei Sauber war, wollte man einfach nur gut sein. Man war realistisch genug, um zu sehen, dass das Budget nicht mehr hergab. Aber jetzt wollen sie die Besten sein.

Wie weit merkt man schon etwas von der Erweiterung des Teams?

Nick Heidfeld: Wie gesagt, die größeren Ressourcen, die höheren Ambitionen, das merkt man schon. Was die personellen Erweiterungen angeht, das läuft natürlich langsamer ab. Bis jetzt sind noch nicht so viele neue Leute da. Ich habe darüber auch mit dem Team gesprochen, einfach, um informiert zu sein. So etwas dauert einfach seine Zeit, besonders im Aerodynamik-Bereich. Man muss die richtigen Leute suchen, muss Gespräche führen, sie müssen ihre Entscheidung treffen, dann haben sie vielleicht eine Sperrfrist, können nicht gleich wechseln... Nach dem, was ich höre, kommen täglich neue Leute - aber es ist natürlich nicht so, dass da auf einmal Hunderte sind... Das Ziel ist es, dass der Windkanal Ende 2006 hundertprozentig voll genutzt werden kann. Ich hoffe, dass wir das erreichen können.

Wo liegt der Unterschied zwischen den V8- und den V10-Motoren?

Nick Heidfeld: Es ist schon ein großer Unterschied. Ich hatte ja gehofft, nach dem ich so lange nicht gefahren bin, würde ich jetzt auch mit dem V8 sagen, oh, ist der stark - aber man merkt schon, dass man viel weniger Leistung hat. In der Fahrbarkeit ist der Unterschied bisher sehr gering. Sicher kann man an dem V8 noch einiges verbessern, schließlich ist es ein brandneuer Motor, aber davon abgesehen, dass man weniger Power hat, ist es nichts Besonderes. Worüber ich positiv überrascht war, waren die geringen Vibrationen. Da hatten sich ja doch einige Fahrer ziemlich beschwert, da hatte ich wesentlich Schlimmeres erwartet. Aber das war überhaupt kein Thema, kein Problem.

Muss man als Fahrer seinen Fahrstil umstellen?

Nick Heidfeld: Sicher, aber das kommt mit der Zeit automatisch. Das haben wir schon gemerkt, als Pizzonia noch den Williams mit dem BMW-V8 gefahren ist. In manchen Kurven hatte er sogar höhere Geschwindigkeiten als mit dem V10, dafür weniger Power beim Herausbeschleunigen. Aber das ist normal. Ich glaube, das ist ein bisschen wie bei den Motorrädern. In der MotoGP versucht man, die Maschine so schnell wie möglich aufzurichten und Vollgas zu geben, bei den 125ern nimmt man viel mehr Speed durch die Kurven mit.

Was ist im Moment das Programm?

Nick Heidfeld: Vor allem viele Daten zu sammeln. Wir haben sehr viele Sensoren am Auto, versuchen, unsere Runden abzuspulen, um so viele Informationen wie möglich zu bekommen. Außerdem musste ich mich erst einmal ans Auto, an den Sitz, das Lenkrad, gewöhnen - das ging aber alles ziemlich glatt, wir mussten nur zwei kleine Änderungen am Sitz und an einem Pedal machen. Das Lenkrad ist auch noch ähnlich wie es vor drei Jahren war, also tue ich mir auch da ziemlich leicht.

Irgendwas Neues zum Teamkollegen - wann und durch wen Sie Unterstützung auch in der Testarbeit bekommen?

Nick Heidfeld: Keine Ahnung, soviel ich weiß, ist da ja offenbar noch nichts wirklich entschieden.

Wie sieht Ihre Zielsetzung für 2006 aus?

Nick Heidfeld: Das klingt vielleicht erst einmal nach einem ziemlich niedrigen Ziel - aber ich hoffe, dass wir unter die Top-Sechs in der Teamwertung kommen. Dieses Jahr waren wir Achte. Es wird einfach Zeit brauchen. Für mich ist nicht das wichtigste, nächstes Jahr erfolgreich zu sein, sondern, wo wir in drei Jahren sind, dass wir 2008 Rennen gewinnen können. Ich weiß nicht genau, wie man das bei BMW sieht, aber ich hoffe das. Das Wichtigste ist, konstante Fortschritte zu sehen. Natürlich hoffe ich, dass wir nächstes Jahr eine gute Saison haben und alle überraschen können. Aber es wäre unrealistisch, zu glauben, dass man einfach ein Team kaufen und auf Anhieb gewinnen kann.

Wie wichtig ist es, vor Williams zu sein?

Nick Heidfeld: Nicht wirklich wichtig. Natürlich werde ich die ein bisschen genauer beobachten, das ist normal. Von außen wird da sicher sehr genau drauf geschaut, aber für mich sind sie kein anderer Gegner als alle anderen.

Wann ist das neue Auto fertig - im Moment fahren Sie ja noch ein Interimsmodell?

Nick Heidfeld: Am 16., 17. Januar - da ist in Valencia die Präsentation. Aber ich gehe davon aus, dass es dann während des Jahres noch einmal ein Neues geben wird, zumindest, was die Aerodynamik angeht.

Wird 2006 für alle ein kompletter Neubeginn - durch das neue Reglement?

Nick Heidfeld: Das glaube ich so nicht - höchstens zur Hälfte. Durch die neuen Motoren werden die Unterschiede da größer sein als zuletzt bei den V10, sowohl bei der Leistung als bei der Zuverlässigkeit. Aber McLaren und Renault werden sicher wieder ein aerodynamisch und mechanisch sehr gutes Auto haben und auch nächstes Jahr wieder sehr schnell sein.

Wie war es eigentlich, nach der langen Verletzungspause nach dem Fahrrad-Unfall im September jetzt wieder zurückzukommen?

Nick Heidfeld: Es war sehr schön. Ich konnte lange Zeit nicht fahren. Jetzt bin ich froh, dass ich wieder voll fit bin, ich hatte überhaupt keine Probleme. Das ist für mich sehr wichtig.

Sie hatten ja gehofft, Sie könnten schon beim Saisonfinale 2005 wieder fahren. Warum hat es dann doch länger gedauert als erwartet?

Nick Heidfeld: Eigentlich muss man sagen: Länger als ich gehofft hatte. Realistisch haben mir die Ärzte immer gesagt, dass es ziemlich lange dauern würde, aber man will halt immer so schnell wie möglich ins Cockpit zurück. Im Nachhinein muss man sagen, dass das eben doch ziemlich unrealistisch war.

Was war das größte Problem?

Nick Heidfeld: Dass an dem gebrochenen Schulterblatt ja auch die ganzen Muskeln und Bänder ansetzen. Das macht die Sache kompliziert. Die ersten fünf Tage konnte ich die Schulter überhaupt nicht bewegen, habe da auch keinerlei Fortschritte gespürt. Das war schon sehr hart und schwierig - auch wenn mir der Arzt vorher gesagt hatte, dass das passieren könnte. Danach wurde es dann Schritt für Schritt besser. Aber trotzdem konnte ich erst vor ein paar Wochen wieder anfangen, voll zu trainieren.

Was haben Sie in der ganzen Zeit gemacht?

Nick Heidfeld: Ich habe zum Beispiel über Wochen mit einer Physiotherapeutin gearbeitet, die zwei Wochen lang jeden Tag die Schulter durch bewegt hat, dann immer noch ab und zu. Alleine ging das nicht, das war zu schmerzhaft. Aber das war wichtig, denn wenn man die Gelenkkapsel nur für ein paar Tage nicht richtig benutzt, dann fängt sie an zu schrumpfen und man bekommt noch mehr Probleme. Dann habe ich langsam mit dem Training wieder angefangen. Außerdem war ich natürlich viel mit meiner Familie, mit meiner kleinen Tochter zusammen. Wenn es etwas Positives daran gab, dass ich die letzten fünf Rennen nicht gefahren bin, dann das, dass ich viel mehr Zeit für Patricia und die Kleine hatte.

Haben Sie sich die Rennen im Fernsehen angeschaut?

Nick Heidfeld: Ja, alle - und ich fand sie auch alle aufregend. Aber ich bin da vielleicht in einer anderen Position als ein normaler Fernseh-Zuschauer... Was mich besonders geärgert hat, war, dass es am Ende ein paar Mal geregnet hat. Ich mag doch Regen - und kaum bin ich draußen, fängt es an.