Die Tage werden kürzer und dunkler. Früh ist es lange finster, tagsüber nicht wirklich hell und abends schon früh stockdunkel. Es ist Winter in der Formel 1. Die Newslandschaft liegt brach und die Motoren heulen nur selten und wenn dann einsam auf.

Dennoch gingen die Lichter in den Fabriken niemals aus. Und in den vergangenen sieben Tagen erwachte die Königsklasse langsam wieder zum Leben. Technische Direktoren wurden inthronisiert, Testfahrer ausgewählt, Seatfittings durchgeführt, Sponsorendeals verlängert und erste Interviews im Hinblick auf die bevorstehenden Wintertests gegeben.

Dabei standen allerdings einmal nicht die unlimitierten Ferrari-Tests im fernen Bahrain im Mittelpunkt des Medieninteresses. Vielmehr lag das Hauptaugenmerk auf dem zweiten italienischen Rennstall und dem kleinen italienischen Örtchen Vallelunga. Dort absolvierte Minardi nach 21 Jahren Teamgeschichte seine letzten vier Testtage.

Katherine Legge war die letzte Minardi-F1-Debütantin., Foto: Sutton
Katherine Legge war die letzte Minardi-F1-Debütantin., Foto: Sutton

Wie es sich für die Underdogs aus Faenza gehört, machten die Mannen rund um Ex-Teamboss Paul Stoddart und Gian Carlo Minardi ihrem Namen als Talentschmiede und Pay Driver Anlaufstelle alle Ehre: Neben dem israelischen Parade-Pay-Driver Chanoch Nissany bekamen auch einige junge Talente aus Italien, Urugay und Großbritannien ihre erste Testchance.

Das Minardi Team beendete sein Dasein also so, wie es in bester Erinnerung bleiben wird: Als Karriere-Sprungbrett für viel versprechende Jungtalente. Eines dieser Talente stand ganz besonders unter Beobachtung: Katherine Legge war die erste Frau, die seit einem Jahrzehnt einen ernsthaften F1-Test bestreiten durfte.

Obwohl ihr Einstand mit einem Mauerkuss in Runde 3 einige wenig vorurteilsfreie Klischees vom Typ "Frau setzt Minardi-F1 in die Mauer" zur Folge hatte, wusste die dreifache Toyota Atlantic Rennsiegerin die Minardi-Verantwortlichen an ihrem zweiten Testtag zu überzeugen.

Entgegen der allgemeinen Erwartungen war es aber nicht die physische Verfassung, die ihr zu schaffen machte, sondern die fehlende Erfahrung. Diese zeigte sich unter anderem bei ihrem kleinen Missgeschick mit der Traktionskontrolle und der folgenden Kontaktaufnahme mit der römischen Streckenbegrenzung.

Der Chef Paul Stoddart als schlechtes Beispiel., Foto: Sutton
Der Chef Paul Stoddart als schlechtes Beispiel., Foto: Sutton

Mauern und Leitplanken kennt Paul Stoddart von seinen Ausfahrten mit dem Minardi-Doppelsitzer bereits bestens. Der angriffslustige Australier setzte nicht nur einmal eines seiner Fahrzeuge samt Passagier unsanft in die Wand.

Am Donnerstag, den 24. November des Jahres 2005 wurde ihm eine viel ruhmreichere Ehre zuteil: Stoddy durfte zum Abschied die letzten Runden eines Minardi F1-Boliden auf einer Rennstrecke drehen.

Minardi präsentierte sich in seinen letzten Atemzügen und Motorenheulern also genauso, wie sie sich in den letzten Jahren in die Herzen der F1-Welt gefahren haben: Als ein sympathisches kleines Team, das jungen Talenten den Sprung in die F1 ermöglichte und mit Events wie dem Zweisitzerprogramm viel Freude verbreitete.

Da ließen sich die Italiener ihren großen Farewell von der F1-Bühne auch nicht von einigen Nörglern vermiesen, die ihnen einen Bruch des freiwilligen Testabkommens vorwarfen. "Ich schätze, dass diese Regel nicht für ein Team gilt, dass nach diesem Test nicht mehr existiert", scherzte ein Teamsprecher. Totgesagte testen eben besser.