Mercedes legte beim Formel-1-Sprint in Brasilien am Samstag stark los und ließ dann noch stärker nach. Auf die Euphorie aus den USA und Mexiko folgt in Interlagos die große Ernüchterung. Bei der Rennpace hatten Lewis Hamilton und George Russell selbst auf die kurze Distanz im Sprint gegen Red Bull und McLaren keinen Stich. Das Schlimmste daran: Am Sonntag warten 71 Runden und das Team ist keiner Antwort auf der Spur. Sowohl die Fahrer als auch Teamchef Toto Wolff fürchten einen zähen Grand Prix.

"Es war schrecklich, es hat absolut keinen Spaß gemacht", so Hamilton nach Platz sieben gegenüber Sky Sports F1. In der Anfangsphase hatten er und Russell die Spitze zunächst aufgemischt. Für ihn ging es von Startplatz fünf vorbei an Perez. Der Teamkollege machte sogar zwei Positionen gut und war nach erfolgreichen Manövern gegen Perez und Norris kurzzeitig Zweiter. Doch nach wenigen Runden ging den Mercedes-Fahrern die Puste aus.

Schon in Runde fünf hatten beide wieder einen Platz verloren. "Ich hatte einen guten Start, aber dann habe ich einfach Probleme mit der Balance bekommen", sagt Hamilton, der im Ziel nach 24 Runden schlussendlich über eine halbe Minute hinter Rennsieger Max Verstappen lag. Russell konnte immerhin Platz vier über die Distanz retten und sah die Zielflagge fast zehn Sekunden vor seinem Stallgefährten.

Reifen treiben Mercedes zur Verzweiflung

"Ich hatte viel Untersteuern, dazu plötzliches Übersteuern. Ich habe sehr früh schon mit dem Auto gekämpft. Dann hatte ich zum Schluss gar keine Reifenperformance mehr", erklärt Hamilton. Für Russell war nur das Resultat besser, nicht jedoch das Gefühl. "Das ist eine bittere Pille. Es ist wirklich ziemlich verwirrend. Leider geht es immer um die Reifen und darum, sie ins Fenster zu bringen", so der Brite bei Sky Sports F1.

"Ich glaube, wir haben am Anfang sehr hart gepusht, das Auto war nicht richtig ausbalanciert, und dann kommt man ins Rutschen, und das hat die Reifen einfach getötet. So ist es auch George in Mexiko ergangen", mutmaßt Mercedes-Teamchef Toto Wolff am Mikrofon von Sky Sports F1. "Ich glaube, wir hatten ein etwas zu schwaches Heck, und dann steht die Balance natürlich auf Messers Schneide."

In den vorangegangenen Rennen war Hamilton das Reifenmanagement zumeist besser als Russell gelungen. In Mexico City war es vor einer Woche ebenfalls der Schlüssel zum Erfolg und Hamilton kam als Zweiter eine halbe Minute vor Russell ins Ziel. Umso frustrierender ist es für Russell, dass auf einer seiner Parade-Strecken und an einem Tag, an dem er den Teamkollegen im Griff hatte, nicht mehr möglich war.

"An den letzten beiden Wochenenden hat niemand wirklich verstanden, wann sie [Reifen] funktionieren und wann nicht, und die anderen haben viel Performance gefunden, besonders Ferrari im Qualifying letzte Woche. Dann finden wir unsere Pace im Rennen und auf einmal ist sie heute wieder weg, als wir so viel erwartet hatten."

Hamilton schreibt Mercedes-Sieg ab

Für das Rennen herrscht angesichts dieser schwachen Longrun-Pace blanke Ratlosigkeit. "Ich habe wirklich keine Ahnung, wie wir das für morgen in Ordnung bringen sollen. Es wird ein langer Nachmittag, das ist ganz klar. Ich kann nur annehmen, dass wir das Setup verhauen haben", so Hamilton. "Ich werde so hart wie möglich kämpfen, aber wir werden sicherlich nicht gewinnen. Ich werde schauen müssen, ob ich die Reifen besser managen kann."

Russell hofft darauf, dass kühlere Temperaturen die Dinge für Mercedes zum Besseren wenden können: "Im Moment sind wir für morgen natürlich nicht allzu optimistisch, aber die Bedingungen könnten anders sein und das kann absolut alles ändern."

Da durch die Parc-Ferme-Regeln keine umfangreichen Änderungen am Setup möglich sind, gibt es auf diesem Wege nicht viel Spielraum. "Ich denke nicht, dass es eine magische Schraube gibt, an der wir drehen und alles in Ordnung bringen können. Es war heute sehr heiß und alles lief gegen uns. Wir müssen uns wirklich Gedanken machen, was wir für morgen unternehmen können", sagt Wolff.