Charles Leclerc kassierte beim Formel-1-Qualifying in Singapur am Samstag die nächste Niederlage gegen Ferrari-Teamkollege Carlos Sainz. Der einstige Wunderknabe der Scuderia fuhr auf dem anspruchsvollen Stadtkurs bereits selber zwei Mal auf die Pole, zuletzt 2022. In den vergangenen Wochen scheint er von Sainz entzaubert und nun krallte sich der Spanier ausgerechnet an einem Wochenende die Pole Position, an dem Red Bull wackelt und die Chance auf den Sieg zum Greifen nahe ist. Diese will Leclerc am Sonntag nur zu gerne für sich beanspruchen, jedoch nicht um jeden Preis. Einen Ferrari-Clash schließt er aus.

"Natürlich, ich habe dieselbe Einstellung wie immer und wir haben dieses Wochenende ein gutes Auto. Also, warum nicht?", so der Monegasse, der Sainz am 15. Rennwochenende zum sechsten Mal in dieser Saison im teaminternen Qualifying-Duell unterlag. Über das Jahr gesehen liegt er damit immer noch vorne, doch das derzeitige Kräfteverhältnis begünstigt Sainz. Die vermeintliche Nummer zwei der Roten fuhr schon vor zwei Wochen in Monza auf die Pole Position und setzte sich im Rennen in einem knallharten Duell gegen Leclerc im Kampf um den letzten Platz auf dem Podium durch.

In Italien wurde es zwischen den beiden teilweise so heiß, dass die Teamführung sie aufforderte, sauber zu bleiben. Dort ging es zwar nur um Platz drei, aber das Podest vor den Augen der Tifosi war beim Ferrari-Heimspiel ebenso hart umkämpft wie ein Sieg. Um diesen könnte es zwischen den beiden diesen Sonntag in Singapur tatsächlich gehen, denn Red Bull ist mit Max Verstappen und Sergio Perez auf dem Stadtkurs bisher chancenlos gewesen.

"Bis jetzt sieht es auf jeden Fall danach aus, denn sie waren noch nie so weit weg. Außerdem ist es ein Stadtkurs", schätzt Leclerc die Chancen der Weltmeister als eher gering ein, was die Möglichkeit eines Ferrari-Siegs wiederum greifbarer als je zuvor macht. "Natürlich können wir sie nicht ganz abschreiben, aber es ist unsere beste Chance seit dem Beginn der Saison", so der 25-Jährige.

Leclerc fehlt in Singapur das Vertrauen in den Ferrari

Um an Sainz heranzukommen, muss er am Sonntag allerdings noch einen weiteren Gegner überwinden. Zwar war Leclerc nur 0,087 Sekunden langsamer als der Stallgefährte, doch es reichte trotzdem nur für Startplatz drei. Mit Mercedes-Pilot George Russell drängelte sich noch ein Rivale dazwischen. "Ich hatte nach der Pause [wegen Lance Strolls Unfall] Schwierigkeiten mit der Bremse und auch Untersteuern", erklärt er.

Das gesamte Qualifying über lag er deutlich hinter Sainz. Auch auf seinem ersten Run im Q2 verlor er zweieinhalb Zehntelsekunden. "Es war sehr unruhig und für mich schwer einzuschätzen, was das Auto macht, Dafür habe ich den Preis gezahlt, denn mir hat mit dem Auto ein bisschen das Vertrauen gefehlt", so Leclerc. Erst der letzte Versuch gab ihm ein besseres Gefühl: "Ehrlich gesagt war die Runde gut. Ich hatte in Kurve 17 einen kleinen Fehler, der mich zu viel gekostet hat aber abgesehen davon bin ich mit der Runde zufrieden. Es war heute einfach nicht genug."

Fehler! Regenschwäche! Wie gut ist Charles Leclerc wirklich? (12:35 Min.)

Leclerc hofft auf offenen Kampf gegen Sainz

Russell erwischte er zwar nicht, aber dessen Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton steht im Grid hinter ihm auf Platz fünf. Leclerc glaubt, dass Ferrari die Konkurrenz mit seiner Ausgangslage durchaus im Griff haben kann. "Carlos startet auf eins und ich auf drei. Wir können sie [Mercedes] also gut unter Druck setzen. Ich bin nicht besorgt", sagt er.

Um eine Chance auf den Sieg zu haben, müssen Sainz und er die Mercedes-Fahrer loswerden. "Die Philosophie ist immer dieselbe. Wenn wir Druck von Mercedes haben, bin ich mir ziemlich sicher, dass die Positionen eingefroren werden", fürchtet Leclerc andernfalls eine Teamorder. "Ich hoffe also, dass die anderen Autos weit hinter uns sind. Aber letztendlich müssen wir sehen, was das Team entscheidet und dem Folge leisten."

Dass es zwischen Sainz und ihm zum Clash kommen könnte, schließt er aus: "Natürlich sind in der Vergangenheit immer schon Teamkollegen miteinander kollidiert, aber darauf schauen wir nicht. Wir sind uns immer dessen bewusst, dass wir Teamkollegen sind und Ferrari an oberste Stelle steht. Das Ziel wird sein, Ferrari so weit nach vorne wie möglich zu bringen. Wir wissen um unsere Verantwortung." (Formel 1 live aus Singapur: News von heute im Ticker)