Zum ersten Mal macht der Formel 1 Tross in der Saison 2005 auf dem Istanbul Racing Circuit Station. Dieser wurde wenige Wochen vor seinem Debüt allerdings kurzerhand in Istanbul Speed Park umbenannt und firmierte zuvor in den Medien auch schon als Istanbul Otodrom.

Doch egal wie die Strecke nun auch heißen mag: Im Gegensatz zu vielen Retortenkursen zeichnet sie sich durch viele Eigenheiten aus. Zuallererst wird die Strecke entgegen dem Uhrzeigersinn befahren. Eine Eigenschaft, die der Istanbul Speed Park nur noch mit Imola und Interlagos gemein hat. Man kann also problemlos von den entgegen dem Uhrzeigersinn gerichteten drei I's sprechen.

Aber auch der Berg- und Tal-Charakter gibt der Strecke einen eigenen Flair, welcher laut Tilke an den A1-Ring und Spa-Francorchamps erinnern soll.

Formula One - Istanbul: So hat alles angefangen..., Foto: Sutton
Formula One - Istanbul: So hat alles angefangen..., Foto: Sutton

Eine der großen fahrerischen Herausforderungen soll eine 180-Grad-Kurve werden, welche aus geraden Segmenten zusammengesetzt wurde und somit keinen flüssigen Radius besitzt. Für die Fahrer stellt es hier eine besondere Herausforderung dar, die Ideallinie zu treffen. Schaffen sie es, können sie mit Vollgas durchfahren, schaffen sie es hingegen nicht, verlieren sie durch die Korrekturen am Lenkrad wichtige Zeit.

In Kombination mit den Hochgeschwindigkeitsabschnitten soll der Wechsel zwischen langen Geraden und engen Kurven für viel Spannung und Schwerstarbeit bei den Piloten sorgen. Die Streckendesigner erwarten sich zumindest zwei bis drei hundertprozentige Überholmöglichkeiten.

Willkommen am Bosporus

Der Speed Park, im asiatischen Teil der Millionenmetropole in der Nähe des neuen Flughafens Sabiha Gokcen und der Autobahn TEM Istanbul-Ankara gelegen, ist für die Türkei ein Projekt von nationaler Bedeutung. Für die rechtzeitige Fertigstellung der Anlage waren noch im Dezember 2004 27 Ingenieure und 1.450 Bauarbeiter sowie 140 Baumaschinen im Einsatz. Gearbeitet wurde in zwei 10,5 Stunden-Schichten.

Jenson Button machte den Kurs schon im Straßenwagen unsicher., Foto: BAT
Jenson Button machte den Kurs schon im Straßenwagen unsicher., Foto: BAT

Insgesamt wurde die 45 Minuten vom Stadtzentrum Istanbuls entfernt am Ömerli-Stausee gelegene Strecke von 1.000 Arbeitern auf einer Fläche von 2.215.000 Quadratmetern errichtet. Die Kosten blieben mit 80 Millionen Dollar aber weit unter jenen des vorangegangenen Tilke-Projekts in Shanghai.

Der Kurs stellt eine 5,378 Kilometer lange Berg- und Talbahn dar, die eine Mischung aus den Rennstrecken in Belgien, Brasilien und Ungarn bietet. Laut den Organisatoren ist es sogar eine Art "verbessertes Spa-Francorchamps".

Den Ruf als Berg- und Talbahn bringen dem Kurs Steigungen von bis zu sieben Prozent und Gefälle von bis zu acht Prozent ein. Auf der längsten Geraden, die mit 710 Metern zu Buche steht, sollen Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 320 km/h erreicht werden. Der Computer berechnet eine theoretische Rundenzeit von 1:26.120 Minuten.

Aber auch an die Zuschauer wurde gedacht: Der zwischen 14 und 21,5 Meter breite Kurs bietet 95.000 Tribünenplätze und eine Gesamtkapazität von über 155.000 Zuschauern.

Die Streckengeschichte

Die Trobünen sollen am Rennwochenende gefüllt werden., Foto: BAT
Die Trobünen sollen am Rennwochenende gefüllt werden., Foto: BAT

Nach Malaysia, Bahrain und China ist der neue Kurs in der Türkei die vierte komplett neue Strecke aus der Feder von Hermann Tilke. Seit dem Start des Projekts am 10. September 2003 stampfte das Team des Aachener Paradestreckenarchitekten den neuesten GP-Kurs der Königsklasse aus dem türkischen Boden, wofür man - ähnlich wie in Bahrain - ganze drei Millionen Kubikmeter Felsen wegsprengen musste.

Mit dem erstmals ausgetragenen Grand Prix der Türkei setzt die Formel 1 also ihren Expansionskurs in neue und zukunftsträchtige Märkte fort und macht den Bosporus zum 24. Austragungsland für einen F1-WM-Lauf.

Die seit 2003 als Rallye-WM-Lauf ausgetragene Rallye Türkei war bisher das einzige motorsportliche Großereignis des Landes. Der riesigen Sportbegeisterung der Menschen in dieser Region wird neben dem Grand Prix und dem Champions-League Finale am 25. Mai 2005 in Istanbul auch mit der Ausrichtung der Basketball-WM im Jahre 2010 Rechnung getragen.

Was die Experten über Istanbul sagen

Die Boxen sind mittlerweile fertig gestellt., Foto: BAT
Die Boxen sind mittlerweile fertig gestellt., Foto: BAT

Der Fahrer - Antonio Pizzonia: "Das Reizvolle an einer neuen Strecke ist, dass niemand vorher testen kann und alle mit ihrer Abstimmungsarbeit bei Null beginnen müssen. Das sorgt für noch mehr Spannung. Da der neue Kurs vom selben Architekten geplant wurde wie Bahrain und Shanghai, werden wir sicherlich keine unangenehmen Überraschung erleben."

Der Techniker - Sam Michael: "Der Plan der neuen Strecke sieht interessant aus. Laut unserer Simulation rechnen wir mit hohem Abtriebsniveau, aber genau werden wir das erst nach dem ersten Training wissen."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Für die Motoren-Ingenieure ist die Vorbereitung auf eine unbekannte Rennstrecke weniger aufwändig als auf der Chassis-Seite. Der P84/5 wird in der Simulation ohnehin stets dem anspruchsvollsten Streckenprofil ausgesetzt, also dem von Monza. Im August rechnen wir in Istanbul mit einem sehr harten Hitzerennen."

Der Architekt - Hermann Tilke: "Wie jede Rennstrecke hat auch der Istanbul Racing Circuit seine eigene Charakteristik. Ein typisches Merkmal des neuen Kurses ist, dass er entgegen dem Uhrzeigersinn gefahren wird. Und dass es, bedingt durch die Toppgraphie, rauf und runter geht - fast wie in Spa. Eine große Herausforderung für die Fahrer."