In den Designbüros sitzt man auf Nadeln. Die Boliden für 2006 stellen eine Herausforderung dar - die neuen V8-Motoren sind kleiner. Und es gibt keinen Formel 1-Techniker, der sich nicht über ein paar Zentimeter Spielraum freut. Doch diese Freude wird getrübt - weil nämlich ein Teilchen im Puzzle fehlt: Der Qualifikationsmodus wirkt sich auf die Rennstrategie und somit auch auf die Gestaltung der Boliden, beispielsweise der Tanks, aus. Doch während die Gedanken der Entscheidungsträger bereits um eine neue Formel 1 ab 2008 kreisen, konnte man sich in der Königsklasse bislang noch nicht auf einen Quali-Modus für das kommende Jahr einigen.

Mit dem aktuellen Modus sind nur wenige zufrieden. Auch die Fans lehnen ihn mehrheitlich ab. Das hat man herausgefunden, weil der Weltverband FIA und sein Präsident Max Mosley in diesem Jahr das Internet als Möglichkeit zur Meinungseinholung entdeckt haben. 70 Prozent wünschten sich in der FIA-Umfrage eine Rückkehr zum alten Ur-Modus, der vor der Regeländerungsflut 2003 praktiziert wurde, inklusive Low Fuel.

Voting beendet

Und weil man gerade dabei war, das Volk zu befragen, gab es auf der offiziellen F1-Website ein Voting, bei dem neben dem alten zwei neue Quali-Modi zur Auswahl standen. Einer davon soll von Bernie Ecclestone höchstpersönlich stammen. Zweimal 25 Minuten im Ur-Modus, also alle Fahrzeuge auf der Strecke, kein Limit bei der Rundenanzahl, die beiden Zeiten werden addiert. Der andere Vorschlag: Nach 15 Minuten werden die letzten fünf Piloten aus der Session genommen, sie stehen auf den Startplätzen 16 bis 20. Nach weiteren 15 Minuten werden die Startplätze 11 bis 15 fixiert. In den verbleibenden 30 Minuten wird, von Neuem an, um die Top 10-Plätze gekämpft. Beide Vorschläge mit Low Fuel.

Doch mittlerweile ist das Voting beendet worden. Gerüchteweise soll Ecclestone befürchtet haben, sein Vorschlag könnte abgelehnt werden. Jedenfalls sind bislang keine Ergebnisse des Votings vorgelegt worden. Der "Zirkusdirektor" soll nun das Gespräch mit den Teamchefs suchen, danach sollen angeblich wieder die Fans entscheiden - oder auch nicht, genau weiß das niemand. Denn letztlich entscheidet das World Council.

Bitte kein Verkehr!

Doch während also die Mehrheit der Fans das alte Mehrrunden-Quali zurück wünscht, haben die Formel 1-Piloten ganz andere Vorstellungen. Diese haben sie Max Mosley vorgelegt. Die Fahrer fürchten den Verkehr. Sie sind dann abhängig davon, ob sie von ihrem Team zum richtigen Zeitpunkt auf die Strecke geschickt werden. Und eine gelbe Flagge, weil sich jemand ins Off gedreht hat, kann bekanntlich niemand voraussehen. Deshalb wollen die Piloten beim Einzelrunden-Modus bleiben. Sie wollen jedoch zwei schnelle Runden. Eine "Sicherheitsrunde", und eine Runde, bei der man dann auf Risiko setzen kann. Die Startreihenfolge soll dann nicht mehr der umgekehrten Ergebnisliste des GP zuvor zugrunde liegen, das vierte freie Training am Samstagvormittag soll dafür herangezogen werden. Denn bislang wurde man für einen frühen Ausfall im Rennen quasi doppelt bestraft.

Gemeinsamer Nenner: Low Fuel!

Völlige Einigkeit herrscht nur in einem einzigen Punkt, nämlich bei der Spritmenge. Das Taktieren mit dem Rennsprit, das Erkaufen eines besseren Startplatzes mit einer geringeren Spritmenge haben sowohl Fans als auch Fahrer satt. Wie bei den Rillenreifen oder der jüngsten Aerodynamik-Regeländerung - der Anhebung der Frontflügel, die das Überholen noch schwieriger machte - wird Max Mosley auch in Sachen Tankverbot zu einer Kehrtwende gezwungen werden. Mit den Maßnahmen wie der Zweiteilung der Session oder dem Ausscheiden der Bottom 10-Piloten möchte man die Schwachstelle des alten Modus ausmerzen - damals warteten die Spitzenteams eine halbe Stunde, bis der Asphalt anständig gummiert war, um sich danach über den Verkehr aufzuregen.

Auch Big Bernie hat ein Wunsch-Quali..., Foto: Sutton
Auch Big Bernie hat ein Wunsch-Quali..., Foto: Sutton

Das alte Low Fuel-System wird deshalb gutgeheißen, weil es einen Überblick über das Kräfteverhältnis bietet. Weil die Autos dann besonders leicht und am Limit sind. Weil die Rundenzeiten dann wieder eine Aussage haben. Doch auch hier gibt es kritische Stimmen. Manche warnen, dass gerade die unterschiedlichen Spritmengen oder der Einzelrunden-Modus (durch Fahrfehler auf der einzigen schnellen Runde) zu einer Durchmischung der Startaufstellung und damit zu spannenden Aufholjagden geführt haben. Die Kritiker warnen, dass dann wieder die schnellsten Autos vorne stehen werden. Dem entgegen halten die Befürworter des alten Ur-Modus, dass dann zwar alle mit Low Fuel die Qualifikation bestreiten, im Rennen dann aber die Fahrzeuge aufgrund der unterschiedlichen Strategien dann wiederum verschieden schwer sein würden, was wiederum zu Überholmanövern führen könnte.

Was kommt?

Jetzt fragen sich alle: Wie geht es weiter? Wird man den Quali-Modus 2006 noch im Jahr 2005 erfahren? Wird man einen Modus finden, der länger als eine halbe Saison bestehen kann? Und wird man einen Modus finden, der sowohl den Wünschen der Fans, der Piloten, der Rennställe und der Veranstalter und Sponsoren gerecht wird? Wird man die Fans abermals befragen? Oder werden am Ende doch wieder die Sponsoren und TV-Anstalten die Entscheidung diktieren? Max Mosley hat zunächst einmal die Fahrer-Vorschläge an die Teambosse weitergeleitet und sie um ein Feedback gebeten. Sie sollen sich überlegen, wie man zwei schnelle Runden in ein einstündiges Paket integrieren könnte. Noch befindet sich die Formel 1 in der Sommerpause. Aber wer weiß? Vielleicht wird ja schon in den kommenden Wochen eine Entscheidung getroffen? Die auf Nadeln sitzenden Techniker in den Designbüros würden sich ganz bestimmt freuen...