Die Formel 1 ist weiter auf Expansionskurs. Nach Bahrain und China, die im Vorjahr neu im Grand-Prix-Kalender waren, steht in dieser Saison auf dem Istanbul Racing Circuit der erste Große Preis der Türkei auf dem Programm. Gebaut hat auch diese Strecke der Aachener Paradestreckenarchitekt Hermann Tilke.

Was erwartet die Formel 1 bei ihrem ersten Auftritt in der Türkei?

Hermann Tilke: Der Istanbul Racing Circuit wird linksherum gefahren, das ist schon mal ein typisches Merkmal, das ihn von den meisten anderen Strecken unterscheidet, genau so wie die Topographie. Es geht ständig rauf und runter, das erinnert an den A1-Ring und an Spa. Dazu kommen Hochgeschwindigkeitsabschnitte, für Abwechslung ist also gesorgt. Wir erwarten zwei bis drei hundertprozentige Überholmöglichkeiten.

Was waren die größten Probleme beim Bau der neuen Strecke?

Hermann Tilke: Wir mussten sehr viel Fels wegsprengen. Aber das waren wir ja schon von Bahrain gewöhnt. Dort haben wir ungefähr eine Million Kubikmeter Gestein bewegt, hier kamen wir auf insgesamt etwa drei Millionen Kubikmeter Aushub, was auch eine ganze Menge ist. Es musste sogar ein kleiner Fluss verrohrt werden, das heißt, er verläuft jetzt in einem Betonkanal unterhalb der Strecke.

Wie wichtig ist Ihnen bei Ihren Rennstrecken eine landestypische Architektur?

Tilke steigt auch gerne selbst ins Cockpit., Foto: Sutton
Tilke steigt auch gerne selbst ins Cockpit., Foto: Sutton

Hermann Tilke: Wir legen sehr großen Wert darauf, dass man unseren Strecken ansieht, in welchem Land man zu Gast ist. In Bahrain war es die Wüste, in Shanghai haben wir die Umgebung des von Kanälen und Wasserflächen durchzogenen Flussdeltas aufgenommen. Beim Istanbul Racing Circuit haben wir auf orientalische Elemente zurückgegriffen, die man in der Türkei, die auch von der Architektur her ein moderner Staat geworden ist, sonst nicht mehr so häufig sieht.

Gehen Ihnen bei den vielen Formel-1-Strecken, die Sie in den letzten Jahren gebaut haben, nicht irgendwann die Ideen aus?

Hermann Tilke: Im Gegenteil: Jede Strecke hat ihren eigenen Charakter und auch das eine oder andere Merkmal, das man nirgendwo sonst findet. Beim Istanbul Racing Circuit ist es zum Beispiel eine 180-Grad-Kurve, die aus geraden Segmenten zusammengesetzt wurde, also keinen flüssigen Radius hat. Für den Fahrer ist es eine besondere Herausforderung, da die Ideallinie zu treffen. Schafft er es, kann er mit Vollgas durchfahren, trifft er sie nicht, verliert er Zeit, weil er ein paar Mal korrigieren muss.

Konnten Sie alle Ihre Vorstellungen beim Bau des Istanbul Racing Circuit durchsetzen und wie, glauben Sie, kommt die Strecke bei den Fahrern an?

Hermann Tilke: Bei der Qualität der Rennstrecke, also zum Beispiel bei den Auslaufzonen und der Qualität des Belags, mussten wir keine Kompromisse machen, wobei wir in Sachen Sicherheit grundsätzlich relativ kompromisslos vorgehen. Auch in dieser Hinsicht konnten wir unsere Vorstellungen 1:1 durchsetzen. Natürlich wird es immer Fahrer geben, die an der Strecke etwas auszusetzen haben, aber wenn sich Fahrer beschweren, kann man oft davon ausgehen, dass es eine gute Strecke ist. Auf dem Istanbul Racing Circuit werden sie sich nicht leicht tun, keine Frage, denn die Strecke ist eine echte Herausforderung, mit langen Geraden und engen Kurven. Dieser Wechsel bedeutet Schwerstarbeit für die Fahrer und jede Menge Action für die Zuschauer.