Michael Schumacher war sichtlich zufrieden und spürbar erleichtert, als er während der Pole-Pressekonferenz von Budapest erstmals in diesem Jahr als Schnellster in die weite Journalistenrunde blicken durfte. Der Stress, der Druck und die Kritik der vergangenen Monate schienen wenigstens für einige Minuten von ihm gewichen zu sein.

Nach seiner 64. Pole Position hatte er allerdings auch allen Grund zur Freude. Schließlich kam sie zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort selbst für ihn unerwartet. Erst recht mit diesem Vorsprung! Beinahe neun Zehntel nahm er dem Zweitplatzierten Juan Pablo Montoya ab, der entsprechend verblüfft aus der mit neuen Sponsorenlogos bestickten Teamkleidung schaute.

Mystische (Ver)wunder(ung)

Die Fans leben ihre Liebe zum springenden Pferd., Foto: Sutton
Die Fans leben ihre Liebe zum springenden Pferd., Foto: Sutton

Vor dem Rennwochenende in Ungarn hatte Schumacher zwar angekündigt, dass er in diesem Jahr noch Siege einfahren wolle, doch erwartete er auf dem Hungaroring noch keine Besserung. Stattdessen herrschte bei der Scuderia sowohl vor als auch nach dem Ungarn GP große Verwunderung vor.

"Vor einem Jahr waren wir noch eine Sekunde schneller als alle anderen und jetzt sind wir beinahe eine Sekunde langsamer als die Besten", wunderte sich der siebenfache Champion in Hockenheim. "Erklären können wir uns das nicht."

Genauso wenig erklären konnte sich Schumacher den innerhalb von nur sieben Tagen vollzogenen Leistungssprung zwischen dem Heimspiel in Hockenheim sowie dem Hitzerennen in der ungarischen Puszta. "Noch ist uns nicht ganz klar, ob dieser zweite Platz eine Momentaufnahme war oder so etwas wie der Beginn der Rückkehr in die Spitze", wollte er daraus keine Rückschlüsse für den Rest der Saison ziehen.

Mystischer Fehlstart

Begonnen hatte das Jahr jedenfalls katastrophal. Und das nicht nur für die gehobenen Ansprüche eines Serienweltmeisters. Von den drei Überseerennen kehrte Schumacher mit gerade einmal zwei WM-Zählerchen nach Europa zurück, wo er in Imola womöglich sein bestes Rennwochenende dieses Jahres absolvierte.

Gegen einen nicht mit der Technik kämpfenden Alonso oder einen nicht ausgefallenen Räikkönen wäre er aber dennoch nicht siegfähig gewesen.

Zum großen Problemfeld und Sieghindernis wurden von der Presse immer wieder die Reifen auserkoren. Zur Saisonmitte begannen allerdings auch die ersten Zweifel am Nachfolger des erfolgreichen F2004 aufzukommen, welchen Niki Lauda schlicht als "schlecht" bezeichnete.

Obwohl die Ferrari-Chefetage eine solche Wortwahl natürlich nicht wiederholte, gestanden die Italiener ein, dass man nicht so viel des durch die neuen Regeln verloren gegangenen Abtriebs wieder gutmachen konnte, wie dies McLaren oder Renault gelungen war.

Ganz so schlecht kann der neue F2005 allerdings nicht sein. Schließlich war Schumacher bis zur Rennhälfte in Hockenheim und Budapest weitestgehend konkurrenzfähig und konnte er auch zu Jahresbeginn, zumindest im Renntempo, gute Rundenzeiten in den zumeist kühlen Asphalt brennen.

Der Mythos vom schwarzen Gold

Der Mythos Ferrari lebt ungeachtet der Krise fort., Foto: Sutton
Der Mythos Ferrari lebt ungeachtet der Krise fort., Foto: Sutton

Also liegt die Ursache wie so oft im schwarzen Gold begraben. Hier hat sich die rote Situation allerdings umgekehrt: In den ersten Rennen waren die Pneus nur im Renntrim und nicht auf einer schnellen Qualfiying-Runde konkurrenzfähig. Seit einigen Grand Prix hat sich diese Tendenz jedoch ins Gegenteil verkehrt: Bridgestone liefert bessere Qualifying-Reifen, ist dafür aber ab der Rennmitte nicht mehr konstant genug.

Bestätigt wird diese Ansicht durch Teamchef Jean Todt, der den aktuellen Bridgestone-Gummis eine "komplett neue Philosophie" zuschreibt. "Wir sind im Qualifying konkurrenzfähig und haben auch die Performance verbessert", spricht er die genannten Fortschritte an, "aber noch nicht so stark, wie in der Vergangenheit in der wir im Rennen sehr viel schneller waren." Das Ziel sei es deshalb jetzt in der zweiten Rennhälfte konkurrenzfähig zu werden.

Dem Ruf und der Beliebtheit der ruhmreichen Scuderia Ferrari hat das diesjährige Formtief aber kaum geschadet. Die Tifosi strömen noch immer zu Unzähligen an die Rennstrecken dieser F1-Welt, das Bild im Motodrom war auch in diesem Jahr von roten Kappen geprägt und ein ausgedienter F2004 ging bei einer Versteigerung für schlappe 3,3 Millionen US-Dollar über den Tisch.

Die Legende des springenden Pferdes aus Maranello lebt also unverändert weiter. "Okay", lächelt Ross Brawn gelassen, "dann haben wir es also noch nicht geschafft, den Mythos total zu zerstören..."