Es ist noch nicht allzu lange her, da wurde in der Welt der Formel 1 über die "Formel Gähn", die "Formel Schumacher" oder die "Formel Ferrari" lamentiert. Die Königsklasse ächzte unter der wohl längsten Titelserie in der Geschichte dieses Sports. Doch die F1-Welt hat bekanntlich ein Kurzzeitgedächtnis - die alten Erfolge erlöschen so schnell wie die Ampeln am Start...

"Katastrophe Ferrari! Das Team steckt in einem chaotischen Zustand", konnte man in der italienischen Gazetta dello Sport lesen. Und auch in Deutschland lässt man sich nicht lumpen, wenn es darum geht, die zerknirschte Scuderia abzukanzeln. "Ferraris Oldie-Team: Kriegen sie Schumi's Schnecke nochmal flott? ...oder stehen sie mit 136 Dienstjahren doch eher vor der Rente?", titelt der Express. Wir lernen also: Vom unschlagbaren Team der "Supergehirne" zum Pensionistenverein ist es nicht weit...

Die Vorwürfe an die "Altherrenriege" wirken absurd. Und es nützt Michael Schumacher wenig, wenn er sagt: "Unsere Stärke ist die Stabilität." Was früher als ein Qualitätssiegel angenommen wurde, wird heute von manchen sofort vom Tisch gefegt: "So viel Erfolg - da geht der Biss verloren!" In Wahrheit aber ist der Ferrari F2005, der dem Team in diesem Jahr so viele Sorgen bereitet, eben kein Altherrenwerk, sondern vielmehr jenes Auto, welches im Gegensatz zu seinen erfolgreichen Vorgängern erstmals unter der Leitung von Aldo Costa gezeichnet wurde.

Der Costa-F2005 hat ein Reifenproblem., Foto: Sutton
Der Costa-F2005 hat ein Reifenproblem., Foto: Sutton

Costa ist der Nachfolger von Chefdesigner Rory Byrne und wurde von diesem aufgebaut. Mittlerweile hat man Byrne beauftragt, quasi die Feuerwehr zu spielen. Der Wagen harmoniert nicht mit den Reifen - das Problem: Die Qualifying-Runde, also das Erzeugen der bestmöglichen Performance nach nur einer Aufwärmrunde. Dass man de facto das einzige konkurrenzfähige Bridgestone-Team ist, wirkt sich in solch einer Situation negativ aus. Nicht umsonst suchen die Japaner neue Kunden. Und bekanntlich sind es nicht die Reifen allein, sondern eben das Zusammenspiel zwischen Fahrwerk und Reifen. Ein Irrweg.

Eher rückwärts als vorwärts...

Nach dem Trauerspiel in Silverstone haben mittlerweile auch die Ferrari-Protagonisten offen eingestanden, dass es für eine erfolgreiche Titelverteidigung mehr oder weniger zu spät sei. Michael Schumacher räumte ein, dass "die WM in weite Ferne gerückt" sei - viel deutlicher kann man dies in der Optimismus-geföhnten F1-Sprache ohnehin nicht formulieren. Und: Man müsse klar sagen, dass man in der Weiterentwicklung bei den letzten Rennen "eher rückwärts als vorwärts gegangen" sei, gab der siebenfache Weltmeister offen zu. Und auch der Ferrari-Rennleiter Jean Todt gibt sich keinen Illusionen hin - in Hockenheim werde zwar ein neues Aerodynamik-Paket kommen, aber: "Auch damit werden wir nicht allzu viel gutmachen können."

Für so viel Offenheit erntet man - zumindest bei einigen der Medien - nur Spott und Häme. Die britische Times machte sich lustig, Ferrari wäre in Silverstone "zuverlässig langsam" gewesen. Die Bild-Zeitung wiederum übte sich im Wortezerpflücken. Weil Michael Schumacher vorsichtig andeutete, dass man sich mit dem Aero-Paket "etwas verbessern" könne, schreibt man: "Etwas – ein Wort, das es früher in Schumis Ferrari-Wortschatz gar nicht gab..."

Und so wird in der Medienlandschaft begrüßt und zum Teil auch eingefordert, man möge sich nun wenigstens auf 2006 konzentrieren. Der neue V8-Motor ist längst fertig gestellt worden. Todt erklärte, man würde das neue Aggregat gerade "kennen und verstehen lernen". Auf den Prüfständen würde der Neue bereits laufen. Die Teststrecken werden glühen...

Ein kleiner Trost kam wenigstens von der Gazetta dello Sport, dort schrieb man: "Ein verlorenes Jahr löscht nicht die vergangenen Triumphe aus. Ein weggeworfenes Jahr verzeiht man." Aber: "Zwei schon schwerer."