Wie viele britische Rennkurse entstand auch der heutige "Silverstone Grand Prix Circuit" aus einem ehemaligen Flugfeld. Die äußeren Transportwege und einige Verbindungs-Landebahnen wurden zu einer ultraschnellen Rennstrecke zusammengefasst, auf der 1950 der erste Grand Prix der heutigen Formel 1 stattfand. Im Laufe der Jahre senkten verschiedene Umbauten die Rundenschnitte im "Home of British Motor Racing", doch noch immer gilt die Strecke als eine der schnellsten des Jahres.

Home of British Motor Racing

Silverstone ist durch verschiedene Umbauten nicht mehr der kompromisslose Hochgeschwindigkeits-Kurs von einst. Mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 235 km/h zählt die Strecke aber noch immer zu den schnellsten in der Formel 1. Der Grand Prix Circuit weist mehrere lang gezogene Highspeed-Kurven auf, die den Reifen hohe seitliche Lasten auferlegen. Charakteristisch sind die mehrfach pro Runde auftretenden sehr schnellen Richtungswechsel. Die Oberfläche ist relativ grobporig, was den Verschleiß der Laufflächen fördert.

Willkommen in Silverstone!, Foto: Sutton
Willkommen in Silverstone!, Foto: Sutton

Von den Passagen, in denen das Chassis stark gefordert wird, ist "Becketts" wohl die markanteste. Ein unbekannter Faktor auf der Insel bleibt stets das Wetter - es könnte durchaus sein, dass es zumindest in einer Session nass ist und die Regenreifen zum Einsatz kommen. Die Erfahrung spricht außerdem dafür, dass die Temperaturen selbst bei trockener Witterung eher niedriger liegen werden als zuletzt in Magny-Cours.

Durch die relativ lange Boxengasse dürfte jeder Tankstopp mehr als 30 Sekunden kosten. Dennoch kommen sowohl Zwei- als auch Dreistopp-Strategien in Betracht. Eine schwere Spritladung fällt wegen der Richtungswechsel bei hoher Geschwindigkeit buchstäblich mehr ins Gewicht als auf anderen Strecken. Pro zehn Kilogramm Kraftstoff kalkulieren die Teams mit einem Zeitverlust um 0,4 Sekunden pro Runde.

Formula One is coming home!

Ein Blick auf die Heimat des britischen Motorsports., Foto: Sutton
Ein Blick auf die Heimat des britischen Motorsports., Foto: Sutton

Silverstone ist für viele Beteiligte in der F1-Welt die Heimat des britischen Motorsports und zwar nicht nur, weil auf dem ehemaligen Militärflugplatz das Heimrennen der in direkter Nachbarschaft angesiedelten britischen F1-Teams stattfindet, sondern auch weil in dem kleinen 20 Kilometer vor Northampton gelegenen Örtchen Silverstone im Jahre 1950 der erste moderne Formel 1 Grand Prix ausgetragen wurde.

50 Jahre später im Jahr 2000 wurde das Rennen dann vom traditionellen Juli-Termin in den April vorverlegt und entsprechend von typisch britischem Wetter samt Wolkenbruchartigen Regenfällen begleitet. Dies führte zu derart katastrophalem Zuständen auf den unbefestigten Parkplätzen, dass die Zuschauer am Samstag gebeten werden mussten, zu Hause zu bleiben.

Seither wurden zahlreiche Parkplätze und Zufahrtswege geteert und umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Infrastruktur unternommen, um den britischen Grand Prix auch weiterhin in Silverstone zu halten, was vor allem Bernie Ecclestone immer wieder anzweifelte und teilweise sogar in einer vorübergehenden Absage des Rennens gipfelte.

Die Zufahrtsstraßen mussten überholt werden., Foto: Sutton
Die Zufahrtsstraßen mussten überholt werden., Foto: Sutton

Für das Jahr 2003 wurden noch einmal insgesamt mehr als 25 Millionen Euro investiert, um unter anderem Zufahrtswege und Parkplätze zu verbessern. Besonders viel Fingerspitzengefühl war beim Umbau der Strecke gefordert. In der Stowe-Kurve wurde die Auslaufzone asphaltiert. Bei potenziellen Aufprallwinkeln von weniger als 30 Grad empfiehlt die FIA eine glatte, durchlaufende Streckenbegrenzung, weil die Autos besser an den Leitplanken beziehungsweise Mauern weiter gleiten und damit die Aufprallenergie abgebaut wird. Andererseits finden sich zahlreiche neue Kiesbetten in Kurven mit möglichen stumpfen Aufprallwinkeln, sowie erneuerte oder erweiterte Leitplanken und Zäune - etwa an der Copse Corner nach der Zielgeraden.

Bis ins Jahr 1990 war der 5,141 Kilometer lange Kurs von Silverstone noch vor Monza oder Hockenheim die schnellste Rennstrecke des F1-Rennkalenders. Entsprechend erreichten die Piloten früher noch Durchschnitts-Geschwindigkeiten von über 250 km/h. Doch mittlerweile liegen diese "nur" noch bei über 200 km/h. So wurden die Rundenzeiten aufgrund der fortwährenden Umbauarbeiten zwar konstant langsamer, doch besitzt die Strecke mit der Passage "Maggots" und "Becketts" immer noch eine der interessantesten Kurvenkombination der Königsklasse, welche die Fahrer mit über 200 km/h auf verschiedenen Ideallinien befahren können.

Silverstone ist die Heimat des Motorsports., Foto: Sutton
Silverstone ist die Heimat des Motorsports., Foto: Sutton

Eine weitere Besonderheit stellt in Silverstone der Start in das 60 Runden währende Rennen dar. Denn nicht alle 20 Piloten können hierbei die Ampel einsehen, da die Startaufstellung des Feldes bis in die letzte Kurve hineinreicht. Demzufolge müssen sich die weiter hinten platzierten Fahrer auf ihre Vordermänner verlassen können, um nicht schon frühzeitig in eine Kollision verwickelt zu werden oder gar das Rennen bereits am Start aufgeben zu müssen.

Interessant ist auch die Benennung der Streckenabschnitte. Denn jene sind an regionale und landschaftliche Begebenheiten angelehnt: So bezieht sich der Name der "Copse Corner" auf einen nahe gelegenen Wald, während "Maggots" der Name eines Moores ist und "Becketts" unweit der Thomas von Becket Kapelle liegt. Die "Stowe"-Kurve, in welcher Michael Schumacher 1999 aufgrund eines Bremsdefektes an seinem Ferrari geradeaus in die Reifenstapel raste und mit einem gebrochenen Bein sechs WM-Läufe pausieren musste, ist nach einer Schule südlich der gleichnamigen Kurve benannt. Des Weiteren trägt "Club" den Namen des Royal Automobile Club und ist "Abbey" eine Verneigung vor der Abtei von Luffield...

Der Grand Prix selbst stellt für die vielen britischen Teams, welche meistens direkt in der Nähe der Rennstrecke ihre Heimat besitzen, natürlich das Heimrennen auf einer ihnen von vielen Testfahrten gut bekannten Strecke dar. Technisch gesehen fordert Silverstone von den Technikern, bei mittlerem bis hohem Reifenverschleiß, aerodynamische Kompromisse zwischen den schnellen Teilen wie Copse und den engen Kurven wie Stowe.

Die Streckengeschichte

Hier hat alles begonnen..., Foto: Sutton
Hier hat alles begonnen..., Foto: Sutton

Die Rennstrecke in Silverstone wurde seit dem ersten Grand Prix im Jahre 1950 mehrfach umgebaut. Der diesjährige GP ist der 39. der auf dem Kurs in Northamptonshire ausgetragen wird. Weitere Große Preise von Großbritannien fanden in Aintree (fünfmal Gastgeber) und Brands Hatch (zwölfmaliger Austragungsort) statt. Außerdem wurden in England drei Grands Prix von Europa ausgetragen, nämlich 1983 und 1985 in Brands Hatch sowie 1993 in Donington Park.

In den zurückliegenden Jahren wurde die den Kurs umgebende Infrastruktur ausgebaut. Vor allem nach dem GP 2000 waren Parkplätze und Zufahrtswege in die Diskussion geraten. Damals war das Rennen vom traditionellen Juli-Termin auf April vorverlegt worden. Wolkenbruchartige Regenfälle hatten die unbefestigten Parkplätze derart aufgeweicht, dass am Samstag die Zuschauer gebeten werden mussten, zu Hause zu bleiben.

Was die Experten über Silverstone sagen

Das Wetter ist hier typisch britisch., Foto: Sutton
Das Wetter ist hier typisch britisch., Foto: Sutton

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Silverstone liegt für Williams vor der Haustür und ist also das Heimspiel der Mannschaft. Wir testen ein paar Mal im Jahr in Silverstone und sind von daher bezüglich der Abstimmungsarbeit immer recht gut vorbereitet. Die Strecke bietet einen guten Mix aus langsam, mittelschnell und schnell zu durchfahrenden Kurven, außerdem drei lange Geraden mit guten Überholmöglichkeiten. Das Wetter ist für meinen Geschmack oft ein bisschen zu launisch und kann durchaus das Rennen entscheiden."

Der Techniker - Sam Michael: "Silverstone bietet einen Mix aus schnellen Kurven sowie drei Geraden, auf denen Motorleistung und Windschatten wichtig sind. Außerdem gibt es zum Ende der Runde einen langsamen Abschnitt. Aerodynamische Effizienz ist ausschlaggebend. Die Autos brauchen gleichzeitig Stabilität bei hoher Geschwindigkeit und Grip für die enge Passage."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Auf den drei Geraden von Silverstone ist Power gefordert. Beim Herausbeschleunigen aus den Kurven kommt es auf gute Traktion an, damit die Kraft auch auf den Boden gebracht werden kann."