Die Formel 1 sollte an diesem Sonntag zum zweiten Rennen im Kalender 2020 in Bahrain gastieren. Durch die Coronavirus-Krise fiel jedoch auch der Grand Prix in der Wüste aus. Wir blicken heute deshalb zurück auf einen der spannendsten Fights seit der F1-Premiere des Bahrain International Circuit im Jahr 2004. Die Hauptdarsteller waren in diesem Fall keine Geringeren als Michael Schumacher und Fernando Alonso, die 2006 in Sakhir den WM-Kampf eröffneten.

Nach einem schwachen Jahr mit dem F2005 stand hinter Ferrari und Schumacher für 2006 ein dickes Fragezeichen. Vor dem Auftakt, der in diesem Jahr aufgrund der Commonwealth Games nicht in Melbourne sondern in Bahrain stattfand, fragte sich die Motorsport-Welt, ob das einst unbesiegbare Gespann in dieser Saison wieder um Siege und WM-Titel kämpfen würde. Ein Argument dafür war eine Änderung im Reglement, welche die Reifen betraf.

Diese mussten 2005 eine ganze Renndistanz halten und durften nicht gewechselt werden - außer, der Reifen wies eine Beschädigung auf. Ein Umstand, der Bridgestone nicht entgegenkam. Hatten die Japaner mit ihrem schwarzen Gold noch dafür gesorgt, dass Ferrari seinen Gegner zwischen 2000 und 2004 um Längen voraus war, führte der Langstreckenreifen dazu, dass die Italiener gegenüber der Michelin-bereiften Konkurrenz ins Hintertreffen gerieten.

Einer, der sich für 2006 ein besonders starkes Ferrari wünschte, war Fernando Alonso. Der Spanier hatte 2005 mit Renault die fünfjährige Dominanz von Schumacher und der Scuderia beendet - doch welchen Wert hatte sein Titel angesichts des Reifen-Nachteils, der Ferrari 2005 die Zähne für den WM-Kampf gezogen hatte? Bahrain sollte Alonso und dem Rest des Fahrerlagers prompt die Antwort auf diese Frage liefern.

Michael Schumacher war nach 2005 nicht der große Favorit auf den WM-Titel 2006, Foto: Sutton
Michael Schumacher war nach 2005 nicht der große Favorit auf den WM-Titel 2006, Foto: Sutton

Schumacher und Massa sichern Ferrari in Bahrain die erste Startreihe

Schumacher sicherte sich im Ferrari 248 F1 beim ersten Rennen mit dem neuen Motorenreglement, das statt 3,0 Liter V10- nun 2,4 Liter V8-Saugmotoren vorsah, gleich einmal die Pole Position - fast so, als ob 2005 nie stattgefunden hätte. Die rote erste Startreihe komplettierte sein neuer Teamkollege Felipe Massa, der Landsmann Rubens Barrichello in Maranello abgelöst hatte. Der Weltmeister stand mit seinem Renault R26 lediglich auf Startplatz vier. Sein Garagen-Nachbar Giancarlo Fisichella kam nicht über Platz neun hinaus.

Wohl wissend um die Gefahr einer Flucht Schumachers, machte Alonso gleich in der ersten Runde kurzen Prozess. Am Start war Jenson Button im Honda an der Reihe, in Turn 4 schnappte er sich Massa und übernahm die zweite Position. Der Brasilianer flog kurz darauf bei einem Konterversuch beim Anbremsen auf die erste Kurve ab und eliminierte dabei um ein Haar den Renault mit der Startnummer 1. "Ich konnte nichts machen. Es ging alles zu schnell, da hast du keine Zeit zu reagieren. Ich hatte Glück", so Alonso.

Da Massa nicht nur viel Zeit verlor sondern sich auch alle vier Reifen eckig gebremst hatte, fiel er durch den daraus resultierenden Boxenstopp zurück und raus aus dem Kampf um den Sieg. Alonso wiederum nahm nun die Verfolgung von Schumacher auf, hatte dabei aber nicht so viel Eile, wie man vermutete. "Wir dachten, dass die Benzinmengen sich deutlich unterschieden", so Alonso, dessen Renault-Strategen die Pace von Ferrari offenbar falsch einschätzten.

Schumacher gab im ersten Stint die Pace vor, Foto: Sutton
Schumacher gab im ersten Stint die Pace vor, Foto: Sutton

Renault unterschätzt Ferrari: Kein Benzin-Bluff im Qualifying

Zu dieser Zeit, in der das Nachtanken noch erlaubt war, wurde die Qualifikation mit der Spritmenge für den ersten Stint im Rennen gefahren. Renault hatte damit gerechnet, dass Ferrari sich mit wenig Benzin ganz vorne qualifiziert hatte und nach kurzer Zeit abbiegen würde. "Zu diesem Zeitpunkt bestand kein Anlass zu pushen", so Alonso. Schumacher kam in der 15. Runde zum ersten Boxenstopp. Alonso fuhr drei Runden länger, doch der Overcut gelang beim ersten Versuch nicht. "Im ersten Stint war Michael zu schnell", gestand Alonso.

Anders als im ersten Stint zog Alonso nach den ersten Boxenstopps das Tempo an. Mit der komplexen Aerodynamik des Jahrgangs 2006 kam der jedoch nicht nahe genug heran, um auf der Rennstrecke einen Überholversuch zu wagen. Die Entscheidung würde, wie so oft in der Ära des Nachtankens und der Sprints in der Formel 1, bei der zweiten Runde der Boxenstopps fallen. Schumacher eröffnete sie im 36. Umlauf.

"Es war für mich absolut entscheidend, nach diesem letzten Stopp vor Michael aus der Box zu kommen", sagte Alonso. "Es war die einzige Möglichkeit zu gewinnen und ich musste es schaffen. Mir war klar, dass unser Auto vor allem auf den ersten zehn Runden härter zu den neuen Reifen war. Das war für mich also der Moment. Ich wusste, wenn ich am Boxenausgang vor ihm bin, gehört dieses Rennen mir. Also pushte ich."

Wie so oft in der Zeit des Nachtankens wurde Bahrain 2006 an der Box entschieden, Foto: Sutton
Wie so oft in der Zeit des Nachtankens wurde Bahrain 2006 an der Box entschieden, Foto: Sutton

Alonso und Schumacher liefern sich Kopf-an-Kopf-Duell

Wie schon beim ersten Boxenstopp fuhr Alonso drei Runden länger als Schumacher. Die Renault-Crew lieferte ab, genau wie ihr Fahrer in den drei freien Runden auf dem Bahrain International Circuit. Am Boxenausgang kam es wie erwartet zum Duell, welches das Rennen entscheiden würde. Alonso beschleunigte und kam nur einen Hauch vor Schumacher zurück auf die Strecke. Der setzte beim Anbremsen auf Turn 1 alles auf eine Karte und bremste sich auf gleiche Höhe mit dem Renault.

Schumacher Versuch, außen dagegen zu halten, scheiterte. Alonso hatte die bessere Linie und setzte sich durch. "Wenn du einmal hinten bist, musst du auf einen Fehler oder eine dumme Situation mit einer Überrundung hoffen. Das trat zum Glück nicht ein, also musste ich nur abwarten", erklärte Alonso, der zu Beginn des letzten Stints aber trotzdem noch seinen Teil der Arbeit zu verrichten hatte.

"Ich wusste, dass die Michelin-Reifen zu Beginn des Stints etwas besser waren und die Bridgestones dafür am Ende stärker sein würden. Mir war also klar, dass wir am Ende in den letzten vier oder fünf Runden ein paar Probleme mit Michael bekommen würden", so der damals 24-Jährige. Schumacher kam noch einmal in Schlagdistanz, doch für ein Manöver reichte es nicht. Am Ende überquerte Alonso den Zielstrich 1,2 Sekunden vor dem Rekordweltmeister. Dritter wurde Kimi Räikkönen im McLaren Mercedes, der rund 20 Sekunden verloren hatte.

Alonso kam nach dem Boxenstopp gerade so vor Schumacher zurück auf die Strecke, Foto: Sutton
Alonso kam nach dem Boxenstopp gerade so vor Schumacher zurück auf die Strecke, Foto: Sutton

Bahrain 2006: Startschuss zum WM-Duell zwischen Schumacher und Alonso

Der Finne war nach einem Aufhängungsschaden im Qualifying als Letzter ins Rennen gegangen und hatte eine starke Aufholjagd gezeigt. "Wenn wir das analysieren, hat Kimi ein sehr schnelles Rennen gefahren", so Schumacher, der das Kräfteverhältnis zwischen den Top-Teams nach dem Auftakt in Bahrain nicht einzuschätzen vermochte. "Es war sehr eng. Ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand einen Vorteil gegenüber dem anderen hat", so der damals 37-Jährige.

Neben ihm legte mit Nico Rosberg an diesem Tag noch ein anderer Deutscher einen starken Saisonauftakt hin. Der spätere Mercedes-Teamkollege von Schumacher debütierte 2006 in Bahrain mit Williams und fuhr im ersten Rennen als Siebter nicht nur die ersten WM-Zähler ein, sondern drehte auch die schnellste Rennrunde. Der Kampf um die WM würde sich aber auch in den nächsten 17 Rennen zwischen Schumacher und Alonso abspielen.

"Entwicklung wird der Schlüssel sein. Wir werden sehen, wer hier die bessere Basis hat", so Schumacher nach dem Auftakt. In der ersten Saisonhälfte war Renault noch stärker aufgelegt, nach der Sommerpause schlug die Scuderia zurück. Die WM-Entscheidung zwischen den beiden Superstars fiel nach einer denkwürdigen Saison erst beim Finale in Sao Paulo. Wie schon in Bahrain war am Ende Fernando Alonso der strahlende Sieger.