Die Formel-1-Landkarte soll erweitert werden. Diesmal allerdings nicht nach Osten oder Westen, sondern in den Norden. Dänemark bewirbt sich ernsthaft darum, in Kopenhagen einen Formel 1 GP austragen zu dürfen. Ab 2020 soll die Königsklasse des Motorsports durch die Kopenhagener Innenstadt fahren.

Am Mittwoch besuchte Formel-1-Boss Chase Carey bereits die dänische Hauptstadt, um mit den Verantwortlichen zu verhandeln. Hinter dem Projekt stehen Helge Sander, ein 67-jähriger dänischer Politiker und ehemaliger Bildungsminister und Lars Seier Christensen, ehemaliger Mitbesitzer der Saxo-Bank.

"Es war aber nicht unser erstes Treffen", stellt Sander im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com klar. "Im Juni waren wir bereits in London und haben dort unser Projekt vorgestellt. Danach hatten wir noch zwei weitere Treffen, das Meeting in Kopenhagen war bereits das vierte Treffen."

Die Pläne sind ernsthaft und bereits vorangeschritten. Sander will einen Kurs mitten durch die Innenstadt von Kopenhagen. Ein erster Plan wurde bereits von Star-Streckenarchitekt Hermann Tilke überarbeitet. Tilke machte sich persönlich ein Bild von den Begebenheiten vor Ort und änderte Kleinigkeiten am Entwurf.

Die aktuelle Variante ist 4,7 Kilometer lang und führt über mehreren Brücken über die Ostsee. Dazu gibt es eine kleine Schleife, an der sich die Strecke kreuzt. Laut Sander sollen rund 100.000 Zuschauer an der Strecke Platz finden. Ein deutsches Unternehmen hat schon konkrete Pläne vorgelegt, wie für exakt 107.600 Fans Sitzplätze geschaffen werden können. "Und wir sind uns sicher, dass wir auch so viele Tickets verkaufen könnten", glaubt Sander.

Tilke: Dänemark GP in Kopenhagen ist möglich

Tilke schwärmt gegenüber Motorsport-Magazin.com schon von der dänischen Hafenstadt: "Die Atmosphäre dort ist besonders und ganz anders als bei den bisherigen Stadtkursen. Ein Rennen dort würde sich komplett von allen anderen unterscheiden." Doch wie realistisch ist der Dänemark GP? "Wir sollten herausfinden, ob es aus technischer Sicht möglich ist - und das ist es", so Tilke.

Der Dänemark GP in Kopenhagen soll sich von anderen Stadtkursen wie Baku abheben, Foto: Baku City Circuit
Der Dänemark GP in Kopenhagen soll sich von anderen Stadtkursen wie Baku abheben, Foto: Baku City Circuit

Doch die Verhandlungen zwischen den dänischen Drahtziehern und der Formel 1 sind etwas ins Stocken geraten. "Wir haben natürlich noch viele Probleme auf dem Tisch", gesteht Sander. "Zwischen uns liegen noch Welten, aber ich habe das Gefühl, dass die Formel 1 wirklich nach Kopenhagen kommen will."

Hauptsächlich geht es um Geld. Antrittsgebühren wie Russland, Aserbaidschan und Co. kann sich Dänemark nicht leisten. "Es würde ein billiges Rennen werden", versichert Sander. "Das ist auch nötig: Wenn wir so viel Geld wie andere Orte brauchen, wäre es unmöglich. Es ist sehr wichtig, dass wir die Kosten niedrig halten können. Das haben wir der Formel 1 auch klargemacht."

Um die Kosten niedrig zu halten, soll auf viele bestehende Anlagen zurückgegriffen werden. Ein dänisches Unternehmen sagte bereits die kostenlose Nutzung des Gebäudes für sieben Tage während eines möglichen Grand Prix zu.

Trotz Low-Budget-Variante wird das Rennen mit Aufbau und Antrittsgebühren jährlich zwischen 300 und 500 Millionen dänischer Kronen kosten. Das sind umgerechnet zwischen 40 und 67 Millionen Euro. Das Geld soll nicht nur von Investoren und Zuschauern kommen, sondern auch von der Regierung. "Auch hier verhandeln wir noch über die Höhe einer möglichen Unterstützung", erzählt Sander. Positive Signale gibt es bereits, am 8. Februar steht hier das nächste Treffen auf dem Plan.

Neben den Verhandlungen mit der Regierung gibt es aktuell noch drei weitere Baustellen: Nicht alle lokalen Politiker sind von der Idee begeistert, ein Formel-1-Rennen in Kopenhagen auszutragen. Auch hier wird noch eifrig diskutiert. Dazu müssen noch private Investoren überzeugt werden.

Formel 1 in Dänemark: Ohne Ecclestone realistisch

Und zu guter Letzt müssen noch die Differenzen mit der Formel 1 überwunden werden. Doch die Verhandlungen sind für Sander und seine Partner einfacher geworden, seit Liberty Media übernommen hat. "Wir hatten auch schon mit Bernie Ecclestone Kontakt, aber mit ihm wäre es unmöglich gewesen", glaubt Sander. "Es ist viel, viel einfacher, wichtige Dinge mit Chase Carey zu diskutieren."

Kevin Magnussen stand bei seinem Formel-1-Debüt in Melbourne auf dem Podium, Foto: Sutton
Kevin Magnussen stand bei seinem Formel-1-Debüt in Melbourne auf dem Podium, Foto: Sutton

Neben dem Geld wird mit Liberty Media noch über die Vertragslaufzeit verhandelt. Die Formel 1 hätte Kopenhagen gerne für mindestens fünf Jahre im Kalender, die Verantwortlichen wollten sich erst einmal nur für drei Jahre binden.

Inwiefern das Projekt mit dem dänischen Formel-1-Piloten Kevin Magnussen steht und fällt, ist unklar. Die Idee, in Stockholm ein Formel-1-Rennen zu veranstalten, kam Sander bei Magnussens erstem Rennen. Beim Australien GP 2014 fuhr er im McLaren sensationell aufs Podium. "Da dachte ich mir: Warum ist das nicht in Dänemark möglich?"