Viele Strecken haben einen eigenen Charakter. Der Grand Prix Kurs im Inneren des Indianapolis-Ovals besitzt gleich zwei: Während das Infield eine typische, winklige F1-Strecke europäischer Prägung ist, erinnert die lange Vollgas-Passage vom sonstigen "Turn 1" bis zum Ende der Start- und Zielgeraden an die Highspeed-Windschattenschlachten der amerikanischen Monoposti-Serien.

Aus diesem Gegensatz bezieht die Strecke – die interessanterweise rund 250 Meter länger ist als der reine "Nudeltopf" – ihren besonderen Reiz. Durch das Nebeneinander von Oval-Anteil und Mickey Mouse ähnlichem Kurvengeschlängel stehen die Teams und Piloten in "Indy" vor einem Setup-Puzzle, wie es früher der alte Hockenheimring bereithielt.

Einst war das gesamte Oval mit über 3 Mio. Ziegelsteinen bedeckt., Foto: Sutton
Einst war das gesamte Oval mit über 3 Mio. Ziegelsteinen bedeckt., Foto: Sutton

Auf dem überhöhten Stück der Steilkurve und der anschließenden Geraden müssen die Zehnzylinder volle 24 Sekunden lang ununterbrochen Vollgas ertragen – mehr als auf jeder anderen Grand Prix-Strecke des aktuellen Kalenders. Dabei ist im Interesse einer möglichst hohen Endgeschwindigkeit ein geringer Luftwiderstand – und damit geringer Abtrieb – gefragt. Im kurvigen Infiel-Sektor verhält es sich jedoch genau umgekehrt, weswegen es oftmals zum berühmten Setup-Kompromiss kommt, wobei die Teams in den vergangenen Jahren zu liebe des Grips lieber mit mehr als mit weniger Flügel fuhren.

Der Brickyard – Ein Stück amerikanischer Nationalstolz

Nachdem der F1-Tross schon auf einigen amerikanischen Strecken Halt gemacht hatte, kehrte er im Jahre 2000 nach neunjähriger Pause erstmals wieder in die Vereinigten Staaten von Amerika zurück. Und dies nicht nur auf irgendeine Strecke, sondern auf den berühmt-berüchtigten und legendären Indianapolis Motor Speedway.

Doch entgegen dem ruhmreichen amerikanischen Indy 500 fährt die Formel 1 nicht auf dem gesamten Indy-Oval, sondern entgegen der eigentlichen Fahrtrichtung - also im Uhrzeigersinn - nur auf einem Teilstück des Indy-'Nudeltopfes'. Deshalb wurde das riesige Asphalt-Oval der legendären 500 Meilen von Indianapolis für umgerechnet rund 25 Millionen Euro zu einem 4,192 Kilometer langen Kombi-Kurs bestehend aus einem Teilstück des Ovals sowie einem kurvenreichen Infield umgebaut.

Die F1 fährt im Uhrzeigersinn, aber entgegen den Indycars., Foto: Sutton
Die F1 fährt im Uhrzeigersinn, aber entgegen den Indycars., Foto: Sutton

Die 1822 Meter lange Steilkurve mutiert hierbei beinahe zu einer Geraden, welche die Fahrer nicht nur problemlos mit Vollgas nehmen können, sondern auf welcher die Boliden auch mit rund 24 Sekunden dem längsten Vollgasanteil des aktuellen Rennkalenders ausgesetzt werden. Zudem bietet die erste Kurve am Ende der Start- und Zielgeraden sehr gute Überholmöglichkeiten.

In dieser Originalpassage des Indy-Ovals rasen die Fahrer eng an den Betonmauern entlang, welche mit der so genannten SAFER-Barriere (Steel And Foam Energy Reduction) ausgestattet sind. Diese SAFER-Barrieren sollen Energie bei einem eventuellen Aufprall absorbieren und die Fahrer schützen. Die üblichen Auslaufzonen sind in Indianapolis hingegen nur im Infield der Strecke anzutreffen. Ebenfalls zu diesem Teil des Ovals gehört der Rest des legendären Brickyard - einem schmalen Streifen aus Ziegelsteinen bei Start und Ziel. Ursprünglich war das gesamte Oval mit über drei Millionen Ziegelsteinen gepflastert.

Nach dem Ende des Ovalteiles biegt der Kurs in das mit 13 Kurven gespickte Infield ab, für welches im Gegensatz zur Quasi-Geraden des Ovalstückes ein maximaler Anpressdruck benötigt wird. Entsprechend müssen die Teams einen optimalen Kompromiss zwischen minimalem Luftwiderstand für die langen Geraden sowie steilen Flügeleinstellungen für das winklige Infield finden. Der Reifenverschleiß wird als relativ niedrig eingestuft. Aus technischer Sicht kommt es bei der Fahrzeugabstimmung vor allem auf gute Traktion ausgangs der langsamen Kurven sowie auf Stabilität beim Bremsen an.

Die Streckengeschichte

Indy ist die neunte Station des US Grand Prix., Foto: Sutton
Indy ist die neunte Station des US Grand Prix., Foto: Sutton

Mit Sebring, Riverside, Watkins Glen, Long Beach, Las Vegas, Detroit, Dallas, Phoenix und zuletzt natürlich auch Indianapolis sah die F1-Welt bereits neun verschiedene Austragungsorte für F1-Grand Prix-Läufe in den USA. Der erste Grand Prix der USA fand 1959 in Sebring statt und wurde von Bruce McLaren auf Cooper Climax gewonnen.

1960 wechselte die Formel 1 nach Riverside, im Folgejahr dann nach Watkins Glen, wo bis 1980 insgesamt 20 WM-Läufe durchgeführt wurden. Von 1976 bis 1983 trat die F1 zusätzlich acht Mal zum Grand Prix USA-West in Long Beach an. Die Achtziger sahen außerdem zwei F1-Rennen in Las Vegas, eines in Dallas und sieben in Detroit. Von 1989 bis 1991 war Phoenix Austragungsort des Grand Prix. Nach neunjähriger Pause kehrte die Königsklasse im Jahr 2000 wieder in die USA zurück und feierte dort ihr Debüt auf dem extra für sie gebauten Indianapolis Grand Prix Kurs auf sowie im Inneren des legendären Indy-Ovals.

Im gleichen Jahr schrieb der Kolumbianer Juan Pablo Montoya Motorsportgeschichte, als er beim legendären 500-Meilen-Rennen auf Anhieb siegte. Seit 1966 (Graham Hill) hatte niemand mehr diesen Klassiker im ersten Anlauf gewonnen. Montoya könnte nun auch der erste Pilot werden, der in Indianapolis das 500-Meilen-Rennen und den GP gewinnt. Mit Jim Clark, Graham Hill, Emerson Fittipaldi und Mario Andretti haben immerhin schon vier Fahrer bislang die Indy 500 und einen US GP auf einem anderen Kurs gewonnen.

Was die Experten über Indy sagen

Die Steilkurve ist eines der Highlights des Kurses., Foto: Sutton
Die Steilkurve ist eines der Highlights des Kurses., Foto: Sutton

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Der Brickyard ist eine sehr aufregende Strecke mit viel Rhythmus. Der Kurs ist schnell und bietet dank der langen Geraden und der ersten Kurve eingangs des Oval-Abschnitts gute Überholmöglichkeiten. Indy ist für mich eine Art Heimrennen, weil mein früheres CART-Team dort ansässig ist und ich 2000 das 500-Meilen-Rennen gewonnen habe. In Indy gut zu sein, liegt mir am Herzen. Die Atmosphäre dort ist immer etwas Spezielles – die vielen Menschen, die Musik aus den Lautsprechern, das macht Spaß."

Der Techniker - Sam Michael: "Indianapolis ist ein Hochgeschwindigkeitskurs, man fährt mit wenig Flügel. Dank der langen Geraden gibt es gute Überholmöglichkeiten. Der Oval- Abschnitt stellt ganz eigene Anforderungen an die Reifen und Bremsen. Man braucht ein ganz spezielles Setup."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Die F1 fährt in dem Oval-Abschnitt in Indianapolis 1820 Meter am Stück Vollgas. Das heißt über 20 Sekunden Höchstleistung, davon gut zehn Sekunden im höchsten Gang. Das bedeutet maximale thermische und mechanische Belastungen."