"Der Rock'n'Roll ist tot. Zumindest bei Jordan." So lautete eine Schlussfolgerung unserer Kollegen der Autobild motorsport in ihrer neuesten Ausgabe, in welcher einige Ingenieure der einstigen gelben Spaßtruppe entnervt mit "Es ist die Hölle" abwinken und Boss Colin Kolles als "fachliche und menschliche Katastrophe" bezeichnet wird.

Zusammen mit Kolles und Teambesitzer Alex Shnaider kam im letzten Winter auch Sportdirektor Trevor Carlin an Bord des sinkenden gelben Schiffes. Nach nur sieben Rennwochenenden unter der neuen Führung nimmt der Brite allerdings noch vor dem Kanada GP wieder seinen Hut, um sich zukünftig wieder ausschließlich auf seine Rolle als Teamchef von Carlon Motorsport zu konzentrieren.

Burgess löst Carlin ab

Wird mit Midland wirklich alles besser?, Foto: Sutton
Wird mit Midland wirklich alles besser?, Foto: Sutton

Anstelle von Carlin übernimmt der 36-jährige Adrian Burgess, der zusammen mit Carlin als Sportmanager zu Jordan kam, die Rolle des Sportdirektors. "Ich möchte Trevor Carlin für seine außergewöhnliche Arbeit danken, welche Jordan GP wieder auf den richtigen Weg gebracht hat", erklärte der umstrittene Managing Director Colin Kolles. "Ich kann die Gründe für seinen Rücktritt absolut verstehen. Dennoch hinterlässt sein Abgang sowohl im Team als auch für mich persönlich eine große Lücke."

"Ich bin sehr zufrieden von Beginn an in das gesamte MidlandF1 Projekt involviert gewesen zu sein und ich übergebe den Staffelstab als Sportdirektor bei Jordan GP an Adrian Burgess, von dem ich weiß, dass er exzellente Arbeit abliefern wird", lauteten die Abschiedsworte von Trevor Carlin, der Burgess in seinen Formel 3 und Formel Nissan Teams an größere Aufgaben heranführte. "Alex Shnaider und Colin Kolles haben eine sehr klare Vision dessen, was sie mit MidlandF1 erreichen möchten und der Kauf von Jordan GP war nur der erste Schritt."

Übergangsjahr oder Untergangsjahr?

Narain & Tiago müssen hoffen keine eiskalte Atmosphäre vorzufinden., Foto: Sutton
Narain & Tiago müssen hoffen keine eiskalte Atmosphäre vorzufinden., Foto: Sutton

Allerdings ein Schritt, in welchen Shnaider vorerst noch kein Geld investieren möchte, da dieses dann der Marke Jordan und nicht Midland zugute kommen würde. Entsprechend blieb die Weiterentwicklung des EJ15 seit dem Saisonauftakt beinahe stehen und wurde auch an vielen anderen Orten mehr gespart denn ausgegeben.

Kolles beschreibt diese Situation als ein "Übergangsjahr", welches dem Team die "einzigartige Möglichkeit" gibt "verschiedene Optionen auszuprobieren", um damit "sicherzustellen, dass im nächsten Jahr als MidlandF1 von Anfang an eine konkurrenzfähige Basis vorherrscht".

Diese Begründung aus dem Jordan Press Release stellt übrigens exakt den gleiche Wortlaut dar, wie in jener Pressemitteilung, in welcher Kolles den einmaligen Austausch des dritten Piloten Robert Doornbos gegen Renault-Tester Franck Montagny begründete. Die oben von Kolles erwähnten und akzeptierten "Gründe" für den Rücktritt von Carlin, finden hingegen im gesamten Presseschreiben keine Erwähnung, weswegen darüber nur spekuliert werden kann.

Allerdings weist Kolles darauf hin, dass Trevor Carlin "als Senior Advisor" in einer Beraterfunktion weiter zur Verfügung stehen werde. Ob dies für die beiden Carlin-Schützlinge Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan eine positive Nachricht ist, bleibt dahingestellt. Durch den Rücktritt ihres größten Befürworters und Förderers scheinen ihre Karten jedenfalls nicht unbedingt verbessert zu sein. Die Leitung des Renn- und Testteams übernimmt unterdessen Burgess, der seinem Mentor für "all die harte Arbeit" beim Neuaufbau des Teams dankt.

"Nun müssen wir das Visier runterklappen und mit unserer Arbeit weitermachen. Und die lautet das MidlandF1 Team für den Einstieg in die Weltmeisterschaft 2006 vorzubereiten", schließt Burgess seine Einstandsworte ab. Hoffentlich wird dies für die Noch-Gelben nicht zum Sargnagel. Denn nicht umsonst flüsterte ein ungenannter Jordan-Mitarbeiter der alten Garde am Nürburgring: "Statt der Rettung ist der Untergang in Sicht."