Keine Rennen zu fahren, ist weniger interessant, als Rennen zu fahren - findet Christian Klien. Sieben Minuten später spricht auch Jacques Villeneuve von der Leidenschaft Motorsport - er würde viel lieber im Cockpit sitzen, als ein Rennen im TV an zu sehen. Klien und Villeneuve, die in Montreal neben Rubens Barrichello und Kimi Räikkönen bei der FIA-Pressekonferenz eingeladen waren, sind sicher nicht die einzigen, die mit ihrem Herzen am Rennsport festkleben. Der eine, CK, musste gerade schmerzhaft verspüren, was ein Rennentzug ist - der andere, JV, fährt am kommenden Sonntag sein Heimrennen und kennt das leere Gefühl vor dem TV-Gerät aus dem Vorjahr, in dem er bis auf die letzten drei Saisonrennen pausieren musste.

Pausieren musste Christian Klien die letzten vier Rennen. Der Hohenemser gibt dem Interviewer Recht: "Es stimmt - wir haben zu viele Fahrer." Irritieren würde ihn das nicht wirklich: "Man könnte die ganze Zeit darüber nachdenken, dass sie hinter dir bereits Schlange stehen, sie in dein Cockpit drängen. Aber ich konzentriere mich auf meinen Job. Ich versuche, schnell zu sein und die Leute um mich herum und im Paddock zu beeindrucken. Mehr als das kann ich nicht tun."

Klien möchte den Teamkollegen schlagen., Foto: Sutton
Klien möchte den Teamkollegen schlagen., Foto: Sutton

Einen Formabriss befürchtet Klien, der vor seiner Zwangspause einen "guten Lauf" hatte, nicht: "Ich war ja auch testen, fuhr den dritten Einsatzwagen an den GP-Weekends. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich ins Auto zurückkehren und wieder genauso schnell sein kann. Und sicher versuche ich, meinen Teamkollegen zu schlagen."

Seinen Teamkollegen schlagen möchte sicher auch Jacques Villeneuve, denn er möchte nicht wieder vor dem TV-Gerät sitzen. Möglich, dass ihn in seiner Heimat die immer noch vorhandene Welle der Begeisterung seiner Landsleute extramotiviert. Schon gestern gab er eine Pressekonferenz. Und erinnerte allzu fleißige Wechselgerüchteköche an seinen Zweijahresvertrag mit Sauber. Woher die Ablösespekulationen kommen, ist für JV kein allzu schwieriges Rätsel: "Möglicherweise denken gut betuchte Leute, sie könnten mit Geld einen Cockpit-Platz freikaufen - ich denke, dass aus dieser Richtung die Gerüchte kommen." Red Bull Racing sucht einen Platz für einen der Piloten in Überzahl - man hat schon vor Imola eine mögliche Villeneuve-Ablöse bei Sauber thematisiert, die Flügelverleiher wollen einen ihrer Fahrer verleihen - Dietrich Mateschitz hat dies erst kürzlich wieder in den Raum gestellt.

Sauber sagt JV ist zu langsam, JV sagt, das Auto ist zu langsam., Foto: Sutton
Sauber sagt JV ist zu langsam, JV sagt, das Auto ist zu langsam., Foto: Sutton

Was für ein Comeback in den Top 10 nötig sei? "Wir müssen nur schneller werden", sagt Villeneuve. Und: "Was sollen wir sonst tun? Wir waren in diesem Jahr lediglich in Imola und in Monaco stark, das was es dann auch schon. Der Wagen ist auch nicht schwierig zu fahren, ein neutrales Auto - aber am Ende sind einfach die Rundenzeiten nicht gut genug."

Die Presseaussendungen der Teams haben ob ihrer freiwilligen Selbstbeschränkung und der von den Verkaufsstatistiken empfohlenen familienkutschenzahmen Konzernkompatibilität einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht - wirklich beachtet werden aber Aussagen, die vom Herzen kommen. Und das Herz ist nicht immer in Harmonie, schon gar nicht im "Haifischbecken Formel 1". Die ungewöhnlich harten Worte der Entscheidungsträger im Fall BMW-Williams. Oder ein Peter Sauber, der offen sagte: "Villeneuve ist zu langsam."

Barrichello wäre an Kimis Stelle an die Box gefahren., Foto: Sutton
Barrichello wäre an Kimis Stelle an die Box gefahren., Foto: Sutton

Und auch der Kanadier spricht frisch von der Leber weg - ob der Monza-Test letzte Woche Ermunterung brachte, fragt man. Villeneuve unverblümt: "Nein, nicht wirklich. Der Wagen war fein - aber einmal mehr nicht schnell genug." Daher habe er "keine Idee", was er in Montreal erwarten solle.

Ob er das Gefühl habe, dass es auch an ihm selbst liegen könne? "Nein, überhaupt nicht", kontert JV. Dieser Teil - der Fahrer - sei also perfekt? Man würde immer dazulernen, sagt Villeneuve.

Daran glaubt auch Rubens Barrichello. Und auch daran, dass der Ferrari F2005 ein schnelles Auto ist. Und dass man nur noch die Reifenfrage klären müsse. Und dass man dann "wie McLaren oder Williams und eigentlich alle um den Sieg kämpfen" könne.

Der Reifen-Poker von Kimi Räikkönen in der Eifel - Barrichello sagt: "Ich an seiner Stelle wäre an die Box gefahren. Nicht aus Angst vor einem schweren Unfall, sondern weil ich mir gedacht hätte, dass es nicht funktioniert. Manchmal muss man im Leben ein paar Schritte zurückgehen - ich denke, dass acht Punkte besser gewesen wären."

Kimi interessieren andere Menschen eher wenig., Foto: Sutton
Kimi interessieren andere Menschen eher wenig., Foto: Sutton

Kimi Räikkönen wiederum sieht die Lage auch heute nicht anders, er würde "es" wieder tun. Seine Teamkollegen in diesem Jahr - Juan Pablo Montoya, Pedro de la Rosa und Alexander Wurz - ihre Performance möchte er nicht wirklich bewerten. Kimi versucht, ohne Aussage über seine früheren Stallkameraden zu sprechen ("Obwohl sie alle älter waren, hab ich gut im Vergleich mit ihnen ausgesehen") - bis ihn jemand aufklärt, dass die drei Teamkollegen des laufenden Jahres gemeint sind. Räikkönen überlegt: "Alex Wurz fuhr ja nur an den Freitagen...". Er vergisst, dass Wurz in Imola Dritter wurde. Vielleicht auch, weil Alex zunächst als Vierter gewertet wurde und erst später den Podestplatz erbte?

Wie auch immer - Kimi Räikkönen hat das Schlusswort: "Ich möchte keine solchen Fragen beantworten, weil das schnell zu kleinen Auseinandersetzungen unter den Teamkollegen führt. Am Ende versuche ich einfach mein Ding zu machen. Ich interessiere mich nicht so für meine Teamkollegen oder für andere Menschen, im Rennsport, oder was immer sie auch tun."