Die Formel-1-Saison 2017 ist erst zwei Rennen alt, doch schon jetzt überstrahlt das potenziell epische Duell zwischen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton so ziemlich alles. Dabei überschlägt sich vor allem der Mercedes-Pilot mit Lobestiraden über seinen ärgsten Titelkonkurrenten. Man könnte fast meinen, dass Hamilton zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere einen Gegner hat, der ihm absolut ebenbürtig ist.

Vettel und Hamilton begegnen sich mit größtem gegenseitigem Respekt, das wird seit Wochen deutlich. Das Klima zwischen den beiden Superstars erscheint derzeit intakt. Doch was passiert, wenn sich das Duell bis zum Showdown hinzieht und die Lage wesentlich angespannter ist als nach den ersten beiden Rennen?

Der Schmerz brennt in Hamilton

"Ich glaube ehrlich gesagt, dass es so bleiben wird", sagte Hamilton nach seinem Sieg in China. "Vielleicht werden Zeiten kommen, in denen wir hart gegeneinander kämpfen. Natürlich kann es ein Szenario geben, in dem einer von uns glaubt, dass etwas unfair oder zu aggressiv abgelaufen ist." Bislang waren sich Hamilton und Vettel noch nicht allzu oft direkt auf der Strecke begegnet. Auch in Shanghai war es eher ein Kampf der Rundenzeiten, weil der Silberpfeil-Pilot früh einen ausreichenden Vorsprung hatte.

Doch schon nach Melbourne war klar, wie intensiv das Mercedes-Ferrari-Duell in diesem Jahr werden kann. "Beim Australien Grand Prix war es noch okay", sagte Hamilton. "Aber schon ein paar Stunden später brannte ein Schmerz in mir, weil ich nicht gewonnen hatte. Ich habe Sebastian gesagt, dass ich zurückschlagen werde. Als ich ihn dann hier auf dem Podium sah, sagte ich: 'Ich habe doch gesagt, dass ich zurückkomme'."

Die Zahlen & Fakten des China GP (00:50 Min.)

Er will mich töten...

Noch klingt alles spaßig zwischen den beiden. Sie feixen während der Pressekonferenzen und umarmten sich sogar im Parc Fermé nach dem Shanghai-Rennen, das Vettel als Zweiter beendete. Eine so genannte Bromance, also eine Männer-Freundschaft, werde sich daraus allerdings nicht entwickeln, versicherte Hamilton. Es ist weniger das gute Verhältnis, sondern vielmehr der große Respekt, der den Zweikampf prägt.

Hamilton: "Natürlich will er mich da draußen töten und besiegen. Das gilt auch andersherum. Aber außerhalb des Autos herrscht diese Anerkennung der Erfolge, die der andere erzielt hat und wie er fährt. Das ist toller Sportsgeist: Wenn du gewinnst, dann genießt du es. Du erkennst aber auch den Mann neben dir an. Das gilt auch, wenn einer mal verliert. Der gegenseitige Respekt ist der höchste, den ich jemals von einem anderen Fahrer gespürt habe, vor allem von einem Fahrer seines Kalibers."

Wie lange wird es dieses Bild noch in der Formel 1 zu sehen geben?, Foto: Sutton
Wie lange wird es dieses Bild noch in der Formel 1 zu sehen geben?, Foto: Sutton

Das beste Ferrari seit zehn Jahren

Was Hamilton besonders gefällt - und wie er auch schon mehrfach betonte: Der Kampf gegen ein anderes Team statt gegen den Fahrer auf der anderen Seite der Garage. Hamilton empfindet es als größere Herausforderung, gegen ein unterschiedliches Team mit einem anderen Auto anzutreten. "Ich kämpfe gegen einen vierfachen Weltmeister, der auf seinem Beststand und phänomenal schnell ist", sagte Hamilton. "Das gilt auch für Ferrari, seit Jahren, sogar seit einem Jahrzehnt."

Während Vettel lieber von Mercedes spricht, personalisiert Hamilton wesentlich mehr. Für ihn ist Vettel die ultimative Herausforderung. Der ultimative Kampf, wie er in Shanghai nach dem Rennen sagte. "Man will immer gegen den besten Vettel kämpfen, den es gibt. Denn wenn man sich dann durchsetzt, ist das so viel befriedigender. Ich liebe diesen Kampf und hoffe, dass es bis zum Saisonende so weitergehen wird."

Die Tops & Flops des China GP (00:53 Min.)

Die ultimative Herausforderung

Es klingt alles ein wenig wie moderner Gladiatorenkampf, das Duell Mann gegen Mann. Hamilton hoffte sogar, dass der Faktor Maschine - in der Formel 1 nicht ganz unbedeutend - ihnen nicht dazwischenfunken wird. "Ich hoffe, dass bei uns beiden nichts Mechanisches dazwischenkommt, sondern dass es ein reiner Kampf nach Fähigkeiten wird", sagte er. "Ich hoffe auf einen echten Fight durch mentale Stabilität, Fitness, Druck, all diese Dinge. Aus Fahrersicht ist das die ultimative Herausforderung."

Nur zu gut wird sich Hamilton noch an seine Motorenprobleme aus dem vergangenen Jahr erinnern. Der Motorenschaden in Malaysia etwa, den er gern als Grund für seine Niederlage gegen Nico Rosberg heranzog. Selbst die Safety-Car-Phase in China, die Vettel letztendlich Zeit kostete, passt offenbar nicht in Hamiltons Ansichten eines Männerkampfes: "Wenn andere Dinge eine größere Rolle spielen - Safety Cars oder mechanische Dinge - dann nimmt das die Spannung heraus, um die es im Racing geht."