In etwas mehr als einem Monat wissen wir endlich, wie die Formel-1-Autos der 2017er Generation aussehen werden. Die Eckdaten kennen wir schon: Breiter, brutaler, spektakulärer. Es sollen die schnellsten Autos der Geschichte werden - und sie könnten auch extrem gut aussehen. Um die Vorfreude noch ein wenig anzuheizen, stellt die Redaktion von Motorsport-Magazin.com ihre persönlichen Lieblingsfahrzeuge aus der Formel-1-Historie vor.

McLaren MP4-20: Nur ein Schönheitsfehler

Haris' Liebling: Der McLaren MP4-20 aus 2005, Foto: Sutton
Haris' Liebling: Der McLaren MP4-20 aus 2005, Foto: Sutton

Haris Durakovic: Optisch war McLaren schon immer ein Garant für schöne Designs. Mir persönlich blieb das 2005er Modell, der MP4-20, als schönster Bolide in Erinnerung. Die Tendenz bei McLaren ging seit Anfang des neuen Jahrtausends in Richtung rundlichere Formen, das Vorgängermodell MP4-19 hatte allerdings noch einen unästhetischen spitz zulaufenden Frontflügel. Die etwas breitere Nase des MP4-20 und die geschwungenen Linien des Chassis bringen auch zwölf Jahre später immer noch mein Blut in Wallung. Selbst meine damaligen Freunde, mit denen regelmäßig F1 geschaut wurde - allesamt eingefleischte Schumi-Fans - mussten neidlos anerkennen, dass das schönste Auto im Feld einmal mehr in Woking hergestellt worden ist. Einen optischen Makel hatte das Dienstauto von Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya: die zur aerodynamischen Optimierung angebrachten Hörner an der Airbox.

Saison: 2005
Chassis: MP4-20
Motor: MercedesFO 110R, 3,0 Liter V10-Saugmotor
Fahrer: Kimi Räikkönen, Juan Pablo Montoya
Erfolge: 2. Platz Fahrer- und Konstrukteurs-WM, 10 Saisonsiege

Jaguar R1: Schön aber langsam

Florians Liebling: Der Jaguar R1 aus 2000, Foto: Sutton
Florians Liebling: Der Jaguar R1 aus 2000, Foto: Sutton

Florian Becker: Nachdem Ford zur Saison 2000 Stewart Grand Prix übernommen und in Jaguar umgetauft hatte, wich die schlichte weiße Lackierung mit dem traditionellen schottischen Tartan-Muster einem British Racing Green. Form und Lackierung des Jaguar R1 harmonierten ausgezeichnet miteinander, sodass das Gesamtbild des Boliden selbst im Vergleich zu den vielen anderen F1-Schönheiten des Jahres 2000 kaum zu überbieten war. Sportlich ist die Geschichte des R1 allerdings keine große Erfolgsstory. Lediglich Eddie Irvine schaffte es mit einem vierten Platz in Monaco sowie einem sechsten Rang beim Finale in Malaysia zu WM-Zählern. Stewart hatte im Vorjahr noch Rang vier bei den Konstrukteuren eingefahren und mit Johnny Herbert sogar einen Sieg auf dem Nürburgring gefeiert.

Saison: 2000
Chassis: Jaguar R1
Motor: Cosworth CR2, 3,0 Liter V10-Saugmotor
Fahrer: Eddie Irvine, Johnny Herbert, Luciano Burti
Erfolge: Keine - 4 WM Punkte, 9. Rang in der Konstrukteurs-WM

Lotus 72: Tragische Schönheit

Markus' Liebling: Der Lotus 72, Foto: Sutton
Markus' Liebling: Der Lotus 72, Foto: Sutton

Markus Zörweg: Colin Chapman gilt als einer der legendärsten Konstrukteure der Formel-1-Geschichte, mit dem Lotus 72 ist ihm sein persönliches Meisterstück gelungen. Nicht nur, dass der Wagen mit seiner keilartigen Form rein optisch ein absoluter Leckerbissen war, er stellte auch in vielen Bereichen einen ingenieurstechnischen Meilenstein dar. Gegen die Allianz aus Lotus 72 und Jochen Rindt war in der Saison 1970 dementsprechend kein Kraut gewachsen. Tragischerweise musste Rindt im besten Auto seiner Formel-1-Karriere beim Großen Preis von Italien in Monza sein Leben lassen, der Österreicher und seine Erfolge bleiben aber unvergessen. 1972 krönte sich Rindts Nachfolger Emerson Fittipaldi im Lotus 72 ebenfalls zum Champion.

Saison: 1970 bis 1975
Chassis: Lotus
Motor: Ford 3,0 Liter V8-Saugmotor
Fahrer: Jochen Rindt, Emerson Fittipaldi, Ronnie Peterson, Jacky Ickx u.a.
Erfolge: 20 Siege in 75 Rennen, Fahrer-WM 1970 und 1972, Konstrukteurs-WM 1970, 1972 und 1973

Ferrari 312T: Ein Auto für echte Männer

Roberts Liebling: Der Ferrari 312T, Foto: Sutton
Roberts Liebling: Der Ferrari 312T, Foto: Sutton

Robert Seiwert: Ah, der letzte Ferrari mit der riesigen Airbox, bevor sie verboten wurde. Nicht nur traumhaft schön, sondern auch mega-erfolgreich. Mit dem 312T holte Niki Lauda 1975 den Titel für Ferrari. 1976 kam der Wagen noch bei den ersten drei Rennen zum Einsatz, bevor Lauda mit dem Nachfolger 312T2 den schlimmen Unfall auf der Nordschleife erlebte. Fette Hinterreifen, angestelltes Chassis im Raketen-Look, der plumpe Frontflügel - so muss ein F1-Auto für echte Männer aussehen!

Saison: 1975/76
Chassis: Ferrari 312T
Motor: Ferrari 3,0 Liter 12-Zylinder-Saugmotor
Fahrer: Niki Lauda, Clay Regazzoni
Erfolge: 9 Siege, Weltmeister 1975

Ferrari 412 T2: Der letzte seiner Art

Tobias' Liebling: Der Ferrari 412 T2 von 1995, Foto: Sutton
Tobias' Liebling: Der Ferrari 412 T2 von 1995, Foto: Sutton

Tobias Ebner: Das schönste Auto der Formel-1-Geschichte kann nur ein Italiener sein. Besonders bei Ferrari schuf man oftmals eine perfekte Symbiose aus Eleganz und Speed. Ein Auto der Roten überstrahlt dabei alle seine Vorgänger und Nachfolger: Der 412 T2 aus dem Jahr 1995. Der Bolide war zwar noch für damalige Verhältnisse typisch unzuverlässig. Doch dass bei diesem Wagen Schönheit und Schnelligkeit Hand in Hand gingen, wurde sehr schnell klar. Mit dem Ferrari 412 T2, übrigens der letzte V12-Bolide in der Formel-1-Geschichte, gelang Jean Alesi sein historischer erster und einziger Grand-Prix-Sieg in Montreal. In der ersten Saisonhälfte wurden Alesi damit sogar Außenseiter-Chancen auf den WM-Titel eingeräumt.

Saison: 1995
Chassis: 412 T2
Motor: Ferrari 3,0 Liter V12-Saugmotor
Fahrer: Jean Alesi, Gerhard Berger
Erfolge: 1 Sieg, zehn weitere Podestplätze

Brabham BT44 (B): Der antike Aeroscreen

Annikas Liebling: Der Brabham BT44, Foto: Sutton
Annikas Liebling: Der Brabham BT44, Foto: Sutton

Annika Kläsener: Der Brabham BT44 (B) hat alles, was ein Formel-1-Auto zum Unikat macht. Gordon Murray entwarf einen Boliden mit einer klaren, schnörkellosen Aerodynamik. Die wuchtigen Front- und Heckflügel passen perfekt zu den extrem breiten Reifen. Ja, das Auto ist kantig und mutet für heutige Verhältnisse seltsam geformt an. Aber gerade das gefällt mir. Ich bin auch ein Fan der Aeroscreens, die für mich besser zur Königsklasse passen als ein Halo. 1974 war die Lackierung des BT44 noch sehr schlicht, im Jahr darauf machte der Martini-Look jedoch etwas her. Auch Lavazza als Sponsor auf dem Auto von Lella Lombardi 1976 passte perfekt.

Saison:1974-1976
Chassis: Brabham BT44 (B)
Motor: Cosworth DFV, 3,0 Liter V8-Saugmotor
Fahrer: Carlos Reutemann, Rolf Stommelen, Carlos Pace, Patrick Neve, Jac Nelleman, Lella Lombardi, Loris Kessel, John Watson u.a.
Erfolge: 5 Siege, 14 Podestplätze

Ferrari F1-2000: Die historische Rote Göttin

Christians Liebling: Der Ferrari F1-2000, Foto: Sutton
Christians Liebling: Der Ferrari F1-2000, Foto: Sutton

Christian Menath: Der Jahrgang 2000 hat einfach die schönsten Formel-1-Autos der Geschichte hervorgebracht. Mit diesem Reglement konnte man kein hässliches Auto bauen. Dass der Schönste unter den Schönlingen ein Ferrari sein muss, ist klar. Ist es der historische Wert dieses Autos? Michael Schumacher holte den ersten Ferrari-Titel seit 21 Jahren damit. Sind es die Erinnerungen an den schreienden V10? Es ist eine Mischung aus diesen beiden Faktoren und der Ästhetik. Grundsätzlich sind hohe Nasen nicht besonders schön, aber diese schmale, elegante mittelhohe Nase mit dem Ferrari-Emblem, das Monocoque, das sich formschön nach oben schmiegt. Schnörkellose Aufhängung, große Barge Boards, Auspuffendrohre, die perfekt mit der Karrosserie auslaufen und die idealen Flügeldimensionen: Vorne schmal, hinten breit und tief.

Saison: 2000
Chassis: Ferrari
Motor: Ferrari Tipo 049, 3,0 Liter V10-Saugmotor
Fahrer: Michael Schumacher, Rubens Barrichello
Erfolge: 10 Siege in 17 Rennen, 10 Pole Positions, Fahrer- und Konstrukteurstitel

Virgin VR-01: Nick Wirths CFD-Schönheit

Philipps Liebling: Der Virgin VR-01, Foto: Virgin Racing
Philipps Liebling: Der Virgin VR-01, Foto: Virgin Racing

Philipp Schajer: 2010 stiegen mit Virgin, HRT und Lotus drei neue Teams in die Formel 1 ein, die leider nie auch nur ansatzweise konkurrenzfähig waren. Zwei der drei Rennställe sind mittlerweile schon wieder verblichen, nur noch Virgin existiert in Form der Reinkarnation Manor noch, kämpft derzeit aber auch (wieder einmal) ums Überleben. Obwohl die Erfolge fehlten - Platz 14 war das Höchste der Gefühle -, hat mir der Virgin VR-01 optisch ausgesprochen gut gefallen, das lange Chassis erinnerte etwas an ein IndyCar. Warum der Virgin so schön ist? Vielleicht weil er Nick Wirths Vision entsprang, ein Auto nur mit CFD und ohne Windkanal zu entwickeln.

Chassis: Virgin Racing
Motor: Cosworth 2,4 Liter V8-Saugmotor
Fahrer: Timo Glock, Lucas di Grassi
Erfolge: Fehlanzeige

Ihr habt euch für die Lieblinge der Redaktion interessiert? Jetzt interessiert uns natürlich, welchen Formel-1-Boliden ihr am liebsten im Wohnzimmer stehen hättet. Welcher Redakteur leidet an Geschmacksverirrung? Wir lassen ihm sein Auto auf die linke Pobacke tätowieren. Stimmt ab und schreibt uns in den Kommentaren!