Piercarlo Ghinzani wurde am 16 Januar 1952 in Riviera d`Adda bei Bergamo geboren. Der Italiener debütierte 1970 in der Formel Ford, gewann 1977 mit drei ersten Plätzen (Nürburgring, Zolder, Imola) die europäische F3-Meisterschaft, 1979 den nationalen F3-Titel und 1986 zusammen mit Paolo Barilla das Sportwagenrennen in Fuji/Japan. In der Formel 1 bestritt er von 1981 bis 1989 insgesamt 76 GPs für Osella, Toleman, Ligier und Zakspeed. Als F3-Teamchef blieb Ghinzani seinem Sport verbunden.

Ihr bestes Resultat war ein fünfter Platz in Dallas 1984?

Piercarlo Ghinzani: Ja, ich habe damals 2 Punkte eingefahren und deshalb ermöglichte mir Osella, zwei weitere Jahre in der Formel 1 zu bleiben.

Welche Erinnerungen haben Sie noch an dieses Rennwochenende?

Ghinzani nach seinem letzten Grand Prix für Osella in Australien., Foto: Sutton
Ghinzani nach seinem letzten Grand Prix für Osella in Australien., Foto: Sutton

Piercarlo Ghinzani: Dallas war ein Stadtrennen. Es herrschte eine unglaubliche Hitze, die Wüste und dazu der unangenehme Wind. Wir hatten im Schatten um die 47 Grad und im Cockpit wohl bis zu 80 Grad, man schwitzte wie in einer Sauna. Sogar unsere Mechaniker fielen teilweise in Ohnmacht. Ich kam durch meine Fitness etwas besser mit der Hitze zurecht als einige meiner Kollegen und konnte dadurch Plätze gewinnen und schließlich Fünfter werden.

"Das wird das gefährlichste Rennen der Formel 1-Geschichte! Das schwerste und heißeste Rennen aller Zeiten." (Nigel Mansell, Dallas 1984)

Mansells Lotus blieb kurz vor der Zielgeraden liegen. Nigel sprang aus dem Wagen und versuchte zu schieben. Nach einigen Metern ist er in Ohnmacht gefallen und konnte den Grand Prix dadurch natürlich nicht mehr gewinnen.

Wie verlief Ihre Karriere?

Piercarlo Ghinzani: Ich habe bei Ferrari angeklopft, doch der sagte mir, er stelle keine italienischen Fahrer ein. Ken Tyrrell hat mich angerufen, doch ich lehnte sein Angebot ab. Nelson Piquet, den ich ja in der Formel 3 besiegen konnte, ist den Umweg über England gegangen und später dreifacher Weltmeister geworden. Meine familiäre Situation erlaubte das damals leider nicht, aber meine Chancen wären damit sicherlich viel größer gewesen.

Apropos Ferrari: Wie sahen Sie den Stallkrieg zwischen Pironi und Villeneuve?

Ghinzanis Osella hängt am Haken., Foto: Sutton
Ghinzanis Osella hängt am Haken., Foto: Sutton

Piercarlo Ghinzani: Pironi war methodisch und Villeneuve fahrerisch überlegen, doch hatte er inzwischen durch seine vielen Unfälle einen schweren Stand bei Ferrari. Pironi war beständiger, man versprach sich mehr Punkte und bevorzugte ihn letztendlich. Villeneuve war darüber sehr sauer.

In Zolder kam es zur Tragödie...

Piercarlo Ghinzani: Villeneuve wollte in Zolder jedem beweisen, dass er der bessere Fahrer war. Er war auf seiner letzten Qualifikationsrunde und stand noch hinter Pironi in der Startaufstellung. Dann tauchte ein langsameres Fahrzeug auf. Villeneuve hat ein Überholmanöver versucht, das wohl unmöglich und total falsch war und leider so tragisch endete. Ich erinnere mich an öffentliche Statements von ihm, er habe den Eindruck, dass er praktisch unsterblich und unverwundbar ist, da er schon mehrere Unfälle absolut ohne Blessuren überstanden habe. Das hat Villeneuve nicht nur verkündet. Er hat Sachen gewagt, die andere Fahrer nie gewagt hätten.

Die Formel 1 hat sich nicht nur technisch, sondern auch menschlich verändert?

Piercarlo Ghinzani: Ja, unser Gemeinschaftsgefühl war größer, wir sind mit den Mechanikern zusammen essen gegangen und haben auch mal ein Glas Wein getrunken. Damals waren auch die Boxen noch offen. Die Leute konnten zu uns kommen. Das gibt es heute nicht mehr. Wir hatten wie am Beispiel Dallas noch 3.000 bis 3.500 Gangwechsel im Grand Prix, ohne Knöpfe, ohne Hilfsmittel, man musste insgesamt noch viel mehr Arbeit im Cockpit leisten.

Was machen Sie heute?

Piercarlo Ghinzani in seinem Zakspeed Boliden., Foto: Sutton
Piercarlo Ghinzani in seinem Zakspeed Boliden., Foto: Sutton

Piercarlo Ghinzani: Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden. Ich lebe gut, habe Familie, einige Firmen und Wohnsitze in Monte Carlo und Italien. Die Liebe zum Automobil ist geblieben.

Können wir auf Rennfahrernachwuchs hoffen?

Piercarlo Ghinzani: Ich habe zwei Töchter, die kein Interesse in diese Richtung haben. Auf der einen Seite finde ich es Schade, das ich keinen Sohn habe, auf der anderen Seite bin ich aber auch froh, denn dadurch spare ich mir viel Geld.

Ich bedanke mich für das nette Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin Alles Gute. Vielen Dank auch an unsere charmante italienische Dolmetscherin!

Piercarlo Ghinzani: Danke, ebenfalls.