Vor dem Saisonstart der Formel 1 am kommenden Wochenende in Australien stellen sich Fans und Experten die Frage: Wird Mercedes erneut dominieren? Zumindest in Sachen Zuverlässigkeit spielten die Silberpfeile bei den Testfahrten bereits wieder in einer eigenen Liga. Jedoch besteht die Hoffnung, Ferrari könnte im Vergleich zum Vorjahr einen weiteren Schritt gemacht und die Lücke möglicherweise gar geschlossen haben.

Juan Pablo Montoya, ehemaliger Formel-1-Pilot bei Williams und McLaren, kann die Diskussion nicht ganz verstehen und verweist auf seine Zeit in der Königsklasse. "Ist es anders als jene Zeit, in der Schumacher alles gewonnen hat? Oder als McLaren alles dominierte? Lasst uns ehrlich sein, es war immer dasselbe", so Montoya gegenüber Italia Racing. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit häufig dominierende Teams und Autos. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick zurück.

1963: Clark läutet Lotus-Ära ein

Jim Clark beim Italien GP 1963, Foto: Sutton
Jim Clark beim Italien GP 1963, Foto: Sutton

In den frühen Jahren der Formel 1 war es vor allem das legendäre Team Lotus um Colin Chapman, die mit genialen und teils auch lebensgefährlichen Konstruktionen die Serie prägten. Im Jahr 1963 setzten die Briten wie bereits ein Jahr zuvor den Lotus 25 ein und dominierten nach Belieben. Jim Clark gewann sieben von zehn Rennen. Beim Großen Preis der Niederlande überrundete er jeden Konkurrenten, auch sonst waren seine Siege ungefährdet. Mit 54 Punkten holte Clark fast doppelt so viele Zähler wie der amtierende Weltmeister Graham Hill, der sich mit Rang zwei begnügen musste. Zugute kam Clark dabei aber auch, dass ohnehin nur die besten sechs Resultate zur Meisterschaft zählten. Er holte also die maximal mögliche Punktzahl. Gleiches gelang ihm mit sechs Siegen 1965.

1984: Lauda und Prost dominieren im McLaren

Niki Lauda und Alain Prost fuhren 1984 in ihrer eigenen Liga, Foto: Sutton
Niki Lauda und Alain Prost fuhren 1984 in ihrer eigenen Liga, Foto: Sutton

Die Turbo-Ära war 1984 auch endgültig bei McLaren angekommen, nachdem die Briten bereits ein Jahr zuvor während der Saison auf TAG-Motoren gewechselt waren. Und McLaren legte ein Jahr der Superlative hin. Zwölf der 16 Rennen gewannen Niki Lauda oder Alain Prost. Während die Konkurrenz bereits früh chancenlos den Marlboro-Rennern hinterher blickte, lieferten sich die Teamkollegen ein episches Duell. Am Saisonende entschied die Winzigkeit eines halben Punktes über die WM, die sich schlussendlich Lauda sicherte. Mit 143,5 Punkten deklassierte McLaren die Konkurrenz in der Konstrukteurs-Wertung. Ferrari auf Rang zwei lag 86 (!) Punkte zurück.

1988: McLaren holt 15 Siege aus 16 Rennen

Mit Honda-Power im Heck feierte Ayrton Senna 1988 den Titel, Foto: Sutton
Mit Honda-Power im Heck feierte Ayrton Senna 1988 den Titel, Foto: Sutton

Die Beziehung zu TAG endete nach einer sportlichen Talfahrt, Honda stieg bei McLaren ein. Und die Mischung aus überlegenem Boliden und der gleichsam genialen wie verfeindeten Fahrerpaarung Senna/Prost führte zu einer bis dato einmaligen Regentschaft. McLaren gewann 15 der 16 Rennen, nur der Italien GP wurde aufgrund eines technischen Problems (Prost) respektive einer Kollision (Senna) nicht gewonnen. Am Saisonende wurde Senna mit drei Punkten Vorsprung vor Prost Weltmeister, Konkurrenz gab es nie wirklich. In der Konstrukteurs-WM sammelte McLaren-Honda 199 Punkte. Ferrari auf Rang zwei kam mit 65 Zählern nicht einmal auf ein Drittel. Auch in den folgenden drei Jahren sicherte sich McLaren-Honda jeweils beide Titel, wenngleich die Dominanz kontinuierlich geringer wurde.

1992: Mansell wird fünf Rennen vor Schluss Champion

Dank aktiver Federung war Nigel Mansell 1992 unschlagbar, Foto: Sutton
Dank aktiver Federung war Nigel Mansell 1992 unschlagbar, Foto: Sutton

Die McLaren-Regentschaft ging zu Ende, mit Williams stand jedoch ein ebenso starker Nachfolger direkt in den Startlöchern. Bereits 1991 bot man Ayrton Senna mit insgesamt sieben Siegen enorme Konkurrenz, nun gab es kein Halten mehr. Williams verbaute im 1992er FW14B eine aktive Federung und war der Konkurrenz damit haushoch überlegen. Nigel Mansell gewann gleich die ersten fünf Rennen, was zuvor keinem Fahrer gelungen war. Viermal sprang für Williams dabei ein Doppelsieg heraus. Insgesamt gewann Mansell neun Rennen, beim Ungarn GP fünf Renne vor Saisonende krönte er sich bereits zum Champion. Mit 108 Punkten verwies er seinen Teamkollegen Riccardo Patrese deutlich auf Platz zwei. Der Italiener konnte trotz gleichen Materials über die ganze Saison hinweg nicht an Mansells Dominanz rütteln. Am Ende landete er nur drei Punkte vor dem aufstrebenden Jungstar Michael Schumacher.

1996: Williams schlägt zurück

Damon Hill gewann 1996 seinen ersten und einzigen WM-Titel, Foto: Sutton
Damon Hill gewann 1996 seinen ersten und einzigen WM-Titel, Foto: Sutton

Nach zwei starken Jahren, in denen man aber gegen Michael Schumacher den Kürzeren zog, schlug Williams 1996 zurück. Der zweimalige Vizeweltmeister Damon Hill und Rookie Jacques Villeneuve fuhren zusammen zwölf Saisonsiege ein, wobei acht auf Hills Konto gingen. Für den Briten war es der ersehnte Triumph auch über seinen Intimfeind Michael Schumacher. Der Deutsche kämpfte im Ferrari oftmals mit stumpfen Waffen und hatte der Williams-Dominanz trotz dreier Saisonsiege nichts entgegenzusetzen. Williams fuhr insgesamt 175 Punkte ein, Ferrari auf Rang zwei kam auf 70.

2001 bis 2004: Schumacher und Ferrari in eigener Liga

Michael Schumacher prägte die ersten jahre des neuen Jahrtausends, Foto: Sutton
Michael Schumacher prägte die ersten jahre des neuen Jahrtausends, Foto: Sutton

Die erste Dominanz über mehrere Jahre erlebte die Formel 1 Anfang des neuen Jahrtausends. Michael Schumacher und Ferrari bildeten eine beinahe unschlagbare Einheit. 2001 siegte Schumacher in neun Rennen, er wurde fünfmal Zweiter und fiel nur einmal aus. Schumacher gewann die WM mit 123 Punkten klar vor David Coulthard, der 65 Zähler erreichte. Noch überlegener präsentierte sich das Duo Schumacher/Ferrari in der Saison 2002. Von 17 Rennen gewann der Deutsche elf, Teamkollege Rubens Barrichello siegte bei weiteren vier Läufen. Mit 144 Punkten war Schumacher erneut frühzeitig Champion, Ferrari ließ mit 221 Zählern Williams-BMW (92) deutlich hinter sich.

Deutlich enger ging es 2003 zu, als Schumacher erst im letzten Rennen den Titel gegenüber Kimi Räikkönen klar machte. Auch in der Teamwertung musste Ferrari deutlich mehr kämpfen. Dies nahm man zum Anlass, 2004 wieder mächtig Gas zu geben. Schumacher gewann sagenhafte 13 von 18 Rennen, allein 12 davon bei den ersten 13 Veranstaltungen. Rubens Barrichello konnte und durfte immerhin bei zwei Rennen ganz oben stehen. Ferrari holte die Rekordzahl von 262 Punkten, BAR-Honda auf Platz zwei erreichte mit 119 Zählern bei weitem nicht die Hälfte.

2011 bis 2013: Sebastian Vettel eifert seinem Idol nach

Sebastian Vettel gewann 2013 die letzten neun Rennen, Foto: Sutton
Sebastian Vettel gewann 2013 die letzten neun Rennen, Foto: Sutton

Sebastian Vettel dominierte in der jüngeren Vergangenheit die Formel 1 ähnlich wie sein Idol Michael Schumacher. Nach einem dramatischen Finale 2010 gab es in den Folgejahren keinen Zweifel an seiner und der Herrschaft Red Bulls. 2011 siegte Vettel in 11 von 19 Rennen, Teamkollege Mark Webber schaffte nur einen Sieg. Die Kombination aus überlegenem Chassis aus der Feder von Adrian Newey und hochtalentiertem Fahrer machte sich bezahlt. Vettel siegte mit 122 Punkten Vorsprung in der WM vor Jenson Button. 2012 lief für Vettel und Red Bull nicht optimal, erst im letzten Rennen stand der Triumph über Fernando Alonso fest.

Ähnlich sah es zunächst auch 2013 aus, Alonso und Vettel lieferten sich zu Saisonbeginn ein umkämpftes Duell. Doch nach der Sommerpause fegte Red Bull wie ein Orkan über die Konkurrenz hinweg. Vettel gewann die letzten neun Rennen am Stück und ließ dem Ferrari-Star wenig Chance zur Gegenwehr. Mit 397 Punkten wurde er souveräner Champion, bei den Konstrukteuren deklassierte Red Bull die Konkurrenz mit über 200 Punkten Vorsprung.

2014 und 2015: Mercedes dominiert Hybrid-Ära

Mit der Hybrid-Technik kam die Mercedes-Dominanz, Foto: Sutton
Mit der Hybrid-Technik kam die Mercedes-Dominanz, Foto: Sutton

Mit der Umstellung auf Hybrid-Motoren erlebte die Formel 1 in den vergangenen beiden Jahren eine der größten Dominanzen ihrer Geschichte. Das Mercedes-Werksteam, das sich für den Umstieg auf die neue Technologie stark gemacht hatte, war der Konkurrenz meilenweit voraus. Die neue Power Unit funktionierte um Längen besser als jene der Konkurrenz. Doch auch das Chassis hatte keine Schwächen. Mercedes gewann 2014 16 von 19 Rennen, elf davon fuhr der spätere Weltmeister Lewis Hamilton ein. Mit 701 Punkten stieß Mercedes in der Konstrukteurs-Wertung in neue Sphären vor. Auch 2015 änderte sich an dem Bild nichts. Erneut gewannen die Stuttgarter 16 Saisonrennen, zwölf Doppelsiege bedeuteten einen neuen Rekord, ebenso die 703 erzielten Punkte.