Mercedes beschreitet in der Saison 2016 neue Wege, was die teaminterne Konkurrenzsituation betrifft. In den letzten Jahren galt bei den Silberpfeilen zwar die Maxime, dass Lewis Hamilton und Nico Rosberg frei fahren dürfen, allerdings unterlagen sie dennoch einigen Regeln und Vorschriften, die gewährleisten sollten, dass keiner der beiden Piloten bevorzugt wird.

Dies wurde nicht zuletzt im vergangenen Jahr bei den Rennen in Mexiko und Brasilien deutlich, als es Hamilton, der zu diesem Zeitpunkt bereits als Weltmeister feststand, untersagt war, auf eine alternative Strategie zu wechseln, um den in Führung liegenden Rosberg abzufangen. Wie Motorsportchef Toto Wolff im Rahmen der Mercedes-Saisoneröffnung in Stuttgart erklärte, soll sich ein solches Szenario in dieser Form künftig nicht mehr wiederholen.

Wolff vertraut Hamilton und Rosberg

"Ich denke, wir schulden es ihnen und wir schulden es der Formel 1, sie fahren zu lassen", betonte der Österreicher. Dass es derartige Regeln bislang gab, sei nicht zuletzt dem großen Druck geschuldet gewesen, der nach dem Wiedereinstieg in die Formel 1 auf Mercedes lastete, erläuterte Wolff, weshalb man sich in der Vergangenheit dazu entschieden hatte, das Wohl des Teams über jenes der Fahrer zu stellen.

"Wir haben dann eine Art Gerüst gebaut, manchmal hat es funktioniert, manchmal nicht. Wir haben viel gelernt, interessante Lektionen. Und wir haben unsere Organisation mit Nico und Lewis nun seit Jahren zusammen verbessert. Es funktioniert ziemlich gut", glaubt der Österreicher, dass Mercedes inzwischen reif für den nächsten Schritt ist, und Hamilton und Rosberg begriffen haben, worum es geht. "Ich habe keinen Zweifel, dass beide verstehen, wie die Dynamik innerhalb des Teams ist."

Toto Wolff vertraut seinen Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg, Foto: Mercedes-Benz
Toto Wolff vertraut seinen Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg, Foto: Mercedes-Benz

Rivalität bei Mercedes bleibt bestehen

Klar ist für Wolff allerdings auch, dass der Brite und der Deutsche, so lange sie in einem Team fahren, stets zueinander in Konkurrenz stehen werden. Dass dies nicht immer glimpflich ausgehen muss, zeigte sich mit beim Großen Preis von Belgien 2014, als Rosberg und Hamilton in der Startphase kollidierten, was das teaminterne Duell vollends eskalieren ließ.

"Wir wissen, dass es eine Rivalität gibt, und wir schätzen das auch. Sie kämpfen um die WM. Das ist das wichtigste Ziel für sie und man kann nicht erwarten, dass sie es ganz ruhig angehen lassen", kann sich der Motorsportchef in seine beiden Schützlinge hineinversetzen. Aber: "Sie haben großen Respekt vor der Organisation hinter dem Team. Das Team steht zusammen und Nico und Lewis sind Teil des Teams."

Aufgrund dessen erwartet Wolff nicht, dass es zu einer neuerlichen Eskalation kommen wird - trotz des aufgeweichten internen Regelwerks. "Ich habe keinen Zweifel, dass wir einige interessante Momente auf der Strecke haben werden, denn es ist Teil der Rivalität und es ist Teil der Formel 1. Aber alles innerhalb des Teamgeistes."

Teamorder nicht ausgeschlossen

Dieser Teamgeist besagt allerdings auch, dass die neu gewonnene Freiheit nicht unter allen Bedingungen Bestand haben muss, sondern sich Mercedes die Möglichkeit offen lässt, teamtaktisch zu fahren. "Wenn sich die Situation ergeben würde, dass wir alle Ressourcen auf einen Fahrer bündeln müssen, um die Meisterschaft zu gewinnen, auch weil der andere dazu mathematisch nicht mehr in der Lage ist oder es für ihn sehr schwierig wäre, dann könnte es schon sein, dass wir so eine Entscheidung treffen", verriet Wolff gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Dass einer seiner Fahrer bei einem solchen abgekarteten Spiel nicht mitmachen würde, glaubt der Mercedes-Motorsportchef nicht. "Ich denke, die beiden stehen so stark hinter dem Team, dass sie auch wissen, dass es für das Team wichtig ist, eine Meisterschaft zu gewinnen", so Wolff. "Wenn einer mit den Punkten davonläuft und der andere sich schwer tut, kann es schon mal sein, dass es passiert, und ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass beide das tun würden."