Das Floskelmonster und der Knebelvertrag können getrost in die ostersonntäglichen Rest-Nester abgelegt werden, wenn es um Robert Doornbos geht. Dieser Mann scheint so genannte Nägel mit Köpfen zu machen - der Holländer hat den Kollegen von F1Racing ein geradliniges, offenherziges Interview gegeben.

Robert Doornbos wurde im letzten Jahr von Eddie Jordan als GP-Testpilot in die Formel 1 geholt - was er miterlebt hat, ist der traurige Abgang eines großen Charakterkopfs, der Abschied von Eddie Jordan aus der Königsklasse. Der dem Rock'n Roll zugewandte EJ hat Farbe in die Formel 1 gebracht, von den anfangs froschgrünen Boliden bis zu den knallgelben Outfits seiner Boxenluder - obwohl lange Zeit auf höchst professionellem Level operierend, galt das Jordan-Team immer auch als eine Station der irdischen Lebensfreude oder auch eine ausgefreakte Andockstation für Leute wie Bono Vox von U2 oder Sex Pistols-Sänger Johnny Lydon.

Jordan hat sich von Grund auf geändert!

Der Geist des EJ ist nach der Übernahme durch den Stahlkonzern Midland schnell verflogen, der Imagewechsel war den neuen Besitzern ein Anliegen. Mit dem Abgang von Eddie Jordan hat sich das gesamte Team verändert, berichtet Doornbos, das Jordan-Team würde als solches nicht mehr bestehen: "Nicht wirklich. Eddie Jordan ist nicht mehr im Fahrerlager, und er ist einfach jemand, den man vermisst! Das Team hat sich von Grund auf verändert. Bei Jordan war immer eine lockere, gute Atmosphäre, auch wenn es mal nicht so gut lief. Jetzt streben wir zwar nach wie vor nach Erfolg, aber gerade im Winter war es nicht einfach für das Team."

Auf die Frage, ob er im nächsten Jahr bei Midland bleiben möchte, antwortet Doornbos: "Ehrlich gesagt wage ich es nicht, so lange Prognosen zu machen. Ich habe im letzten Winter gelernt, dass man in der Formel 1 nie weiß, was man erwarten muss. Natürlich denke ich manchmal an die Zukunft, aber im Moment muss ich mich erst einmal auf die aktuelle Saison konzentrieren."

Robert Doornbos macht sich auch, was die Wettbewerbsfähigkeit des Jordan-Teams anbelangt, keine Illusionen - das Team habe "zu spät mit der Entwicklung des neuen Autos begonnen". Ein weiteres Problem waren bislang die Bridgestone-Reifen - Robert Doornbos nimmt sich in Sachen Schwarzes Gold kein Blatt vor den Mund…

Bridgestone hat die falsche Entscheidung getroffen!!

"Bridgestone weiß, wie man gewinnt, aber man hat am Freitag in Malaysia die langen Gesichter der Bridgestone-Ingenieure gesehen", sagt Doornbos. Und: "Es war nicht einfach, sich für die richtige Reifenmischung aus der Auswahl, die sie mitgebracht haben, zu entscheiden. Die weicheren Reifen haben sich zu schnell abgefahren, während die härteren zwar besser, dafür aber nicht schnell genug waren. Bei warmen Bedingungen sind die Bridgestone-Reifen im Moment einfach nicht gut genug." Für den Niederländer steht zudem außer Frage: "Bridgestone hat einfach die falsche Entscheidung getroffen, dass sie sich auf nur ein Team konzentrieren."

Und so hofft auch der Dritte der letzten Formel 3000-Meisterschaft und Sieger des F3000-Rennens in Spa weiterhin auf bessere Bridgestone-Pneus. Ferrari werde zwar dank des F2005 bald wieder "obenauf sein", aber Doornbos warnt: "Ohne einen guten Reifen ist man immer noch nicht dabei - auch wenn man das beste Chassis der Formel 1 hat! Aber wie gesagt, Ferrari wird wieder Rennen gewinnen. Ich glaube allerdings nicht, dass sie es schaffen, Renault vor Ende der Saison einzuholen."

Die Formel 1 ist ein egoistischer Sport!

Ihm selbst bleibt derweilen der teaminterne Konkurrenzkampf mit den beiden Einsatzpiloten Narain Karthikeyan und Tiago Monteiro: "Ich komme mit Narain wirklich gut aus. Er ist sehr enthusiastisch, auch wenn ich mal ein bisschen schneller bin. Wir vergleichen am Ende eines Testtages immer unsere Telemetriedaten. Bei Monteiro merkt man, dass er unter Druck steht. Als ich mal zwei Sekunden schneller war als er, war er gar nicht glücklich…" Doch: "Davon kann ich mich nicht beeindrucken lassen. Die Formel 1 ist ein egoistischer Sport, und man muss sich um sich selbst kümmern - nicht um andere Fahrer."

Das Racing, den Zweikampf, vermisst Robert Doornbos: "Es gab da einen Moment in Malaysia, als ich mit Takuma Sato in eine Kurve gegangen bin und versucht habe, ihn auszubremsen. Dann spürt man wieder, dass der Puls schneller geht…"