"Das war mit Abstand mein bisher bestes Rennen. Ich habe gezeigt, dass ich zu Recht im Cockpit sitze", sprach Christian Klien nach seinem 7. Platz beim Saisonauftakt in Melbourne der österreichischen Nachrichtenagentur APA in das Diktiergerät. Der Hintergrund dieser "Kampfansage": Ab Imola könnte Klien bei Red Bull von Tonio Liuzzi abgelöst werden, diverse Medien sehen dies offensichtlich bereits als Gegebenheit an. Doch Klien hat noch zwei Rennen die Gelegenheit, seinen Chefs eine solche Entscheidung so schwer wie nur möglich zu machen.

Christian Klien hat Blut geleckt und strahlt ein unbändiges Selbstbewusstsein aus. Im Rennen fuhr er in seiner schnellsten Runde um einen Tick, exakt 63 Tausendstelsekunden, flinker als Stallkollege David Coulthard, der bekanntlich beinahe auf dem Podium gelandet wäre. Coulthard wuchs in Melbourne über sich hinaus, seine zehnjährige McLaren-Erfahrung ist für das junge Team eine wertvolle Schatzkiste. Vor allem in Sachen Autoabstimmung.

Doch auch Klien verfügt mittlerweile über eine, zwar etwas kleinere, Erfahrungs-Schatzkiste - der Unterschied zum Vorjahr sei beachtlich gewesen: "Wirklich ein Riesen-Unterschied zum ersten Jahr. Man geht die Sache ganz anders an und wenn du weißt, dass du mit den Williams-BMW und den McLaren-Mercedes mithalten kannst, ist das schon ein gutes Gefühl."

Und der Krone verriet der Hohenemser: "Im Gegensatz zu Melbourne 2004 wusste ich diesmal schon genau, wie alles geht: Die Abläufe, die Boxenstopps und so weiter." Lange Zeit lag Klien in den Top 6, doch dann sei er "im Verkehr aufgehalten" worden, denn "sonst wäre Montoya nicht vor mir ins Ziel gekommen". Klien nach dem Rennen: "Als die Funkmeldung kam: 'Achtung! Räikkönen ist hinter dir!' - da fuhr ich einfach eine halbe Sekunde schneller." Tatsächlich konnte der Österreicher dem Druck des aufkommenden Silberpfeils standhalten, weniger als eine Sekunde raste der "Iceman" hinter dem dunkelblauen Klien-Red Bull über die Ziellinie…

Die Vorstellung, dass Christian Klien in Imola zuschauen muss, ist für den Vorarlberger alles andere als schön - umso motivierter gibt sich der 22jährige. Und hofft, dass die Entscheidungsträger sein Motto "Routine ist Trumpf" richtig einordnen, denn Liuzzi fehlt jene Erfahrung, die Klien im letzten Jahr erlangt hat. Zudem erklärte er, dass der Hahnenkampf um das zweite GP-Cockpit auch weitere Nachteile hätte. Er sei bei den Wintertests "nur die Hälfte der Zeit von David im Auto gesessen, weil ich meines mit Liuzzi teilen musste. Im Winter sollte man ja eigentlich das Auto entwickeln. Tonio und ich sind aber jedes Mal quasi Qualifikation gefahren. Optimal war das nicht."

Ob Klien in Imola tatsächlich sein Cockpit an Vitantonio Liuzzi abgeben wird müssen, ist derzeit noch nicht abzusehen. Auch Liuzzi hat in Melbourne als Freitagsfahrer mit einer grandiosen Bestzeit auf sich und sein Talent aufmerksam gemacht. Der Holländer Robert Doornbos erklärte nun, er könne eventuell als Freitagstester bei Red Bull einspringen, Doornbos fuhr im letzten Jahr für Red Bull-Sportdirektor Christian Horner in der Formel 3000. Klien wird also weiterhin nur eines übrig bleiben - Leistung erbringen, der Kampf bei den roten Bullen geht weiter - aus den Fahrern wird das Letzte herausgepresst. Bislang hat sich dieses grausam anmutende Prinzip bezahlt gemacht. Und: Im Spitzensport geht es ohnehin um Leistung…

Bei Red Bull Racing wird aber nicht nur Leistung erbracht, es wird auch kräftig gefeiert. Klien auf seiner Homepage: "Nach dem Rennen, am Sonntag Abend, war Party angesagt und wir Fahrer feierten zusammen mit den Ingenieuren, Mechanikern und anderen Teammitgliedern unseren Punktegewinn." Doch schon am Montag wurden die Autos für den Transport nach Malaysia vorbereitet, die Fahrer fliegen ebenfalls nach Kuala Lumpur, "um uns zu akklimatisieren. Wir trainieren dort nun zehn Tage mit unserem Teamtrainer, um optimal auf den Sepang-GP vorbereitet zu sein".