Jeder Sport wird mitbestimmt durch das Aufstellen von Rekorden. Siege, persönliche Bestzeiten und das Ansammeln von Titeln gehören ebenso dazu wie die Bewährung in unterschiedlichen Klassen. Seit 1949 führt die FIM, offizieller Weltverband des Motorradsports, eine Weltmeisterschaft für Fahrer durch. Im Automobilsport gibt es seit 1950 ein Championat.

Die Liste der Weltmeister in den verschiedenen Zweirad-Kategorien zeigt, dass es einige Formel-1-Piloten auch in dieser Sportart zu Titelehren brachten. Mike Hailwood (250 ccm) siegte 1961, 1966 und 1967 (in letzteren beiden Jahren auch in der 350er-Klasse) und 1962 sowie 1965 in der 500er-Klasse. Insgesamt gewann Mike "The Bike" zehn Weltmeistertitel. Der Venezolaner Johnny Cecotto holte den WM-Titel 1975 auf 350 ccm, 1978 auf 750 ccm. In dieser Statistik findet sich auch der Engländer John Surtees, 1934 geboren und Formel-1-Weltmeister 1964.

Surtees kam 1960 in die Formel 1, Foto: Sutton
Surtees kam 1960 in die Formel 1, Foto: Sutton

Er war noch nicht ganz 16 Jahre alt, als er mit dem Motorradfahren begann. Mit 17 Jahren - inzwischen hatte er eine Lehre als Mechaniker begonnen - fuhr er regelmäßig Rennen und bekam 1956 erstmals einen Werksvertrag. Am Ende des Premieren-Jahres als Werkspilot wurde Surtees auf Augusta erstmals Weltmeister, 1958 gewann er zwölf Rennen und wurde gar Doppelweltmeister in der 350er- und 500er-Klasse. 1959 wiederholte Surtees das Kunststück und wurde Sportler des Jahres in England.

Noch in der gleichen Saison nahm Surtees in England erstmals Verbindung zum Automobilsport auf und testete in Goodwood einen Aston Martin. Hier fuhr er im März 1960 auch sein erstes Autorennen, hinter dem großen Jim Clark wurde er Zweiter - kein schlechter Einstand. Nach einem Ausfall in Monaco wiederholte er dieses Resultat in Silverstone, allerdings im Lotus F1. Da seine Motorradkarriere parallel weiterlief - und er zwei weitere Titel holte -, konnte Surtees nicht alle Rennen der Formel-1-Saison bestreiten, aber zusehends hatte er eine Leidenschaft auch für die Vierrad-Fahrzeuge entwickelt.

1961 fuhr Surtees in der Formel 1 auf Cooper, 1962 auf Lola und schon 1963 engagierte ihn Ferrari. Wie alle Asse jener Zeit fuhr er für die Roten auch Sportwagenrennen. Sein Debüt in dieser Kategorie beendete der Brite in Sebring beim 12h-Rennen als Sieger. 1964 schaffte er dann das, was bisher keinem mehr gelang: Er wurde nach den Triumphen auf zwei Rädern auch Automobilweltmeister in der Formel 1. Dabei stellte sich Surtees' Bilanz in diesem Jahr nicht so erfolgreich dar, wie man vermuten könnte: Ausfall in Monaco, Platz zwei in Zandvoort, Ausfall in Spa und Rouen. Er wurde dann Dritter in Silverstone, siegte auf dem Nürburgring, erlebte in Zeltweg einen Ausfall und danach einen Sieg in Monza. Ein zweiter Rang in Watkins Glen reichte noch nicht aus, die Titelentscheidung musste beim Finale in Mexiko fallen.

Surtees gewann 1964 in der Eifel, Foto: Sutton
Surtees gewann 1964 in der Eifel, Foto: Sutton

Es war ein Saisonabschluss, in dem es um "alles oder nichts" ging. Surtees hatte 34, Graham Hill 39 und Jim Clark 30 Punkte auf dem Konto. In Verbindung mit der Streichresultat-Regel, die beim Ferrari-Piloten aber keine Auswirkung hatte, war ein spannendes Rennen zu erwarten. Seine beim Start abrutschende Fahrerbrille und Zündungsprobleme bescherten Surtees zunächst einen schlechten Auftakt. Von Position drei ins Rennen gegangen war der Brite nach einer Runde nur Dreizehnter. Was viel schlimmer war: Clark führte und auf Platz zwei lag Hill. Letzterer wurde zwar durch eine Kollision mit Ferrari-Mann Lorenzo Bandini zurückgeworfen, aber Clark thronte weiter unangefochten an der Spitze.

Bandini fuhr in diesem Moment an dritter Position und hatte Surtees hinter sich. Ab der 62. Runde war Öl auf der Strecke. Es stammte aus Clarks Lotus, der ein technisches Problem hatte, sodass der Schotte in der letzten Runde von den Verfolgern überholt wurde. Surtees war damit kampflos Dritter geworden.

Obwohl Hill durch die Kollision mit Bandini abgeschlagen war, kämpfte er weiter und war sich sicher, dass Bandini Surtees hinter sich halten würde und er (Hill) Weltmeister werden konnte. Denn Surtees musste für den Titel Platz zwei holen. Vor der letzten Runde jedoch gab es eindeutige Zeichen an Bandini. Er ließ seinen Ferrari-Kollegen Surtees passieren, womit dieser als erster Fahrer sowohl auf zwei als auch vier Rädern Weltmeister wurde.

Auch 1965 ging John Surtees für Ferrari an den Start, doch mit dem Ferrari 158 war an eine Verteidigung des Titels nicht zu denken. Außerdem erlitt er in dieser Saison einen schweren Unfall in der CanAm-Serie, als bei seinem Lola-Chevrolet die vordere Aufhängung brach. Von den Folgen erholte er sich wieder, doch Ferrari Rennleiter Eugenio Dragoni wollte ihn nicht behalten. Nachdem Surtees lange im Krankenhaus gelegen hatte, gewann er den Großen Preis von Belgien und ein Rennen in Syrakus, das jedoch nicht zur Weltmeisterschaft zählte.

Surtees wechselte zu Cooper, nachdem es in Le Mans eine Auseinandersetzung mit Ferrari gegeben hatte. Rennleiter Dragoni teilte dort einen Ersatzfahrer für den Briten ein, was den Bruch mit dem legendären Rennstall besiegelte. Trotz seines Sieges in Belgien hielt man ihn nicht für fit genug, um weiterhin Rennen zu fahren.

1968 startete Surtees für Honda, Foto: Sutton
1968 startete Surtees für Honda, Foto: Sutton

Wie sehr der Erfolg des John Surtees mit Ferrari verbunden war, zeigte die Zeit danach. Wenn er auch für Cooper und Honda noch je einen Sieg herausfuhr, seine große Zeit als Fahrer schien vorbei. 1966 wurde er allerdings noch einmal Zweiter der Weltmeisterschaft. 1970 begann Surtees, Rennen als eigener Konstrukteur zu fahren.

Zunächst bestritt er vier Rennen auf einem McLaren M7 und dann mit eigenem Gerät. Im Gegensatz zu Bruce McLaren und Jack Brabham hatte Surtees jedoch wenig Erfolg auf diese Art und Weise. Mit dem McLaren M7C reichte es noch zu einem sechsten Platz in Zandvoort. Doch mit seinem Surtees TS 7 fiel er vier Mal aus, bevor er in Kanada als Fünfter durchs Ziel fuhr. 1971 setzte Surtees einen zweiten Boliden ein. Er verpflichtete dazu den Deutschen Rolf Stommelen, der große Durchbruch aber blieb aus. 1972, nachdem er in Monza ausgefallen war, beendete John Surtees schließlich seine Karriere als Fahrer.

Aufgrund von finanziellen Problemen stieg Surtees 1978 überraschend vollständig aus der Formel 1 aus und ging seinen anderen geschäftlichen Aufgaben nach. Heute nimmt John Surtees als Weltmeister auf zwei und vier Rädern sowie als Teamchef einen festen Platz in der ruhmreichen Historie der Formel 1 ein.