Die Bombe ist geplatzt. Selbst das mächtige Red Bull Team hat keine Chance, sich dagegen zu wehren. "Wenn jemand den Wunsch verspürt, woanders hinzugehen, dürfen wir ihm nicht im Weg stehen", sagte Teamchef Christian Horner. "Ab Januar gehört er zu unseren Gegnern. Dann wird er ein Ferrari-Fahrer sein."

Ferrari. Für Vettel war dies von klein auf ein ganz besonderer Mythos. Ab nächster Saison trägt er selbst einen roten Rennoverall der Scuderia aus Maranello. Dann tritt er in die Fußstapfen seines großen Idols Michael Schumacher. Genau wie einst der Rekordweltmeister möchte Vettel Ferrari nach einer Dürreperiode wieder in rotem Glanz erstrahlen lassen. Schon jetzt nennt er den Wunsch und den Hunger danach, etwas Neues erschaffen zu wollen.

Schumacher 2.0

Schon in den Anfängen von Vettels Formelkarriere attestierte ihm BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen nicht nur das notwendige fahrerische Talent, sondern auch die mentale Reife, um einmal ganz nach oben zu gelangen. "Er war für mich immer eine junge Parallele zu Michael Schumacher, der als Erster aufgezeigt hat, dass der Job eines Rennfahrers weit über das Fahren hinausgeht."

Michael Schumacher - die Vergleiche mit dem Rekordchampion begleiten Vettel bereits seit seiner Kindheit. Als er in seinem zweiten Jahr in der Formel BMW 18 von 20 Rennen gewinnt, wird er erstmals deutschlandweit als "der nächste Schumi" angekündigt. Seitdem reißen die Vergleiche nicht mehr ab.

Vier WM-Titel in vier Jahren, ein Rekord jagte den nächsten: auf den ersten Blick scheint Sebastian Vettel wirklich eine jüngere Kopie des Rekordchampions zu sein. "Das Endergebnis sieht natürlich ziemlich ähnlich aus", sagte Schumachers Ex-Teamkollege Martin Brundle gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Aber sie sind recht unterschiedliche Charaktere."

Wechsel als letzter Schritt zur Legende

Trotz seiner vielen Erfolge fehlt Vettel in einigen Teilen der Öffentlichkeit und in manchen Medien die Anerkennung für seine Leistungen. In den vergangenen Jahren hieß es oft, er gewinne ohnehin nur, weil er im besten Auto sitze. Eine Sichtweise, die sein Konkurrent Fernando Alonso nur allzu gerne anschürte, wenn er meinte, dass sein eigentlicher Gegner Stardesigner Adrian Newey sei.

Aus diesem Grund glauben viele Experten und ehemalige Rennfahrer, dass Vettel erst von allen Instanzen zu den Größten seiner Zunft gezählt werden wird, wenn er auch mit einem anderen Team oder sogar in einem schlechteren Auto Erfolge vorzuweisen habe.

Ex-Rennfahrer Emanuele Pirro findet diese Idee durchaus verlockend: "Ich würde ihn gerne in einem anderen Team sehen, damit er den Leuten beweisen kann, dass er ein ganz besonderer Fahrer ist", sagte er vor einiger Zeit im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Beim Neuaufbau von Ferrari erhält Vettel die beste Gelegenheit dazu.

Vettel vs. Schumacher: Der Vergleich

1. Gemeinsamkeit: Ehrgeiz & Perfektion

SuperSeb will in Schumis Fußstapfen treten, Foto: Sutton
SuperSeb will in Schumis Fußstapfen treten, Foto: Sutton

"Ich habe ihm wiederholt gesagt, es ist wichtiger, dass wir so lange wie möglich fahren und nicht so schnell wie möglich", erinnert sich Guillaume Rocquelin an einen vergangenen US GP zurück. Was machte Vettel? Er unterbot in der nächsten Runde seine vorherige Bestzeit. Die schnellste Rennrunde zu fahren, gibt dem Deutschen genauso einen Kick, wie den Sieg zu holen.

Den Ehrgeiz, den Willen sich zu verbessern und das Durchsetzungsvermögen gegenüber der Konkurrenz und dem Teamkollegen hat er mit seinem Kindheitsidol Schumacher gemein. "Schon als junger Kerl hat sich Sebastian systematisch und umfassend vorbereitet. Ich habe von ihm handgeschriebene Rennberichte gesehen, auf so eine Idee wäre kein anderer gekommen", erzählt Dr. Mario Theissen im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Sowohl Vettel als auch Schumacher streben in- und außerhalb des Autos nach Perfektion. "Beide wissen, wie man das Team motiviert und es mit Ergebnissen immer wieder davon überzeugt, dass man sie in die richtige Richtung zieht", sagt Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner.

2. Unterschied: Persönlichkeit

Schumacher & Vettel: Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, Foto: Sutton
Schumacher & Vettel: Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, Foto: Sutton

Der Vettel-Finger regierte die vergangenen vier Jahre die Formel 1. Spontan zeigt er auch schon mal den Fotografen den "bösen Finger", zumeist aus Spaß. Vettel ist für seine Späße und flapsigen Sprüche bekannt. So verpasst er schon mal Kimi Räikkönen auf dem Podest Hasenohren oder wählt Nico Rosberg zur "schönsten Frau" im Fahrerlager (2010).

"Sebastian ist gegenüber den Medien offenherziger. Er macht sich auch über sich selbst lustig, in einer Weise wie es Micheal nie gemacht hätte", sagt David Coulthard. In ihrer Persönlichkeit und ihren Auftritten gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit pflegen Vettel und Schumacher unterschiedliche Stile.

"Schumacher gab sich kryptisch, wenn es darum ging, Vorfälle wie in der Rascasse-Kurve zu erläutern. Er war nicht wirklich einsichtig, ob der Tatsache, dass er versucht hat, Villeneuve von der Strecke zu fahren", erklärt Danner. "Vettel ist komplett anders, er versteckt sich nicht. Er gibt es zu, wenn er etwas gemacht hat, was nicht astrein war wie sein Überholmanöver in Malaysia."

3. Grauzone: Gerissenheit

Schumacher wusste auch, wie man Grauzonen ausnutzen konnte, Foto: Sutton
Schumacher wusste auch, wie man Grauzonen ausnutzen konnte, Foto: Sutton

Eiskalt ging er an seinem Teamkollegen in Malaysia vorbei, obwohl die Order des Teams anders lautete, um danach zu verkünden, dass er jederzeit wieder so gehandelt hätte. Trotzdem findet Johnny Herbert nicht, dass Vettel in punkto Gerissenheit und Arglist Schumacher das Wasser reichen kann. "Ich glaube nicht, dass wir Sebastian jemals auf der Strecke parken sehen werden, wie es Michael in Monaco gemacht hat oder wie er in jemanden absichtlich reinfährt", so Herbert.

Für Coulthard versteht es Vettel eher, die Grauzone zwischen sportlichem und unsportlichem Verhalten auszuloten. "Michael wurde wegen eines Kontakts mit Villeneuve von der Weltmeisterschaft ausgeschlossen. In Monaco wurde er einmal wegen Blockierens ans Ende des Feldes versetzt. Es ist nicht meine eigene Meinung, dass er sportlich nicht immer fair war, sondern eine Entscheidung der Rennleitung", betont der Schotte. Sollte sich Vettel in seiner weiteren Karriere treu bleiben, dann wäre er laut Coulthard ein wirklich großartiger Sportsmann.

4. Gemeinsamkeit: Racer

Vettel weiß, wie man Rennen gewinnt, Foto: Sutton
Vettel weiß, wie man Rennen gewinnt, Foto: Sutton

Qualifying, Starts, Rennintelligenz - Vettel und Schumacher zeigen der Konkurrenz in allen Aspekten des Racings, wo der Hammer hängt. "Sebastian ist in den Jahren ein kompletter Fahrer geworden - das war bei Michael genauso. Das ist der Grund, warum sie beide so viele Rennen und Titel gewonnen haben", meint Brundle.

Für Coulthard sind beide Piloten "Sieger-Maschinen", wobei Vettels Racer-Talent bei Herbert etwas höher im Kurs steht: "Sebastian hat einen etwas weicheren Fahrstil, Michael war am Lenkrad immer sehr aggressiv, besonders beim Einlenken in die Kurve." Bei der Kontrolle des Gaspedals haben beide einen ähnlichen Stil.

Vettel vs. Schumacher: Die Zahlen

Sebastian Vettel
Erster GP: 19 Jahre, 350 Tage - insgesamt: 134
Erste Pole: 21 Jahre, 72 Tage - insgesamt: 45
Erster Sieg: 21 Jahre, 73 Tage - insgesamt: 39
Erster Titel: 23 Jahre, 134 Tage - insgesamt: 4
Vierter Titel: 26 Jahre, 116 Tage

Michael Schumacher
Erster GP: 22 Jahre, 234 Tage - insgesamt: 308
Erste Pole: 25 Jahre, 121 Tage - insgesamt: 68
Erster Sieg: 23 Jahre, 240 Tage - insgesamt: 91
Erster Titel: 25 Jahre, 315 Tage - insgesamt: 7
Vierter Titel: 32 Jahre, 228 Tage