Ein bisschen Frieden in der Formel 1. Nach der umstrittenen Fuel-Flow-Affäre rund um Red Bull war es offenbar Zeit für eine nette Geste. Dachte sich Niki Lauda. Der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende machte sich am Samstagmorgen im Fahrerlager von Shanghai auf in Richtung Red-Bull. Im Gepäck: eine Sachertorte. Extra aus Wien, im Wert von 50 Euro. Der Empfänger: Landsmann Helmut Marko, Red Bulls Motorsportberater.
"Ich habe höchstpersönlich eine Wiener Sachertorte gekauft und sie denen auf den Tisch gelegt", sagte Lauda nach der Kuchen-Aktion von China. Ein kleines, leckeres Zeichen: Lauda und Mercedes wollen die jüngsten Streitereien mit Red Bull nun ad acta legen. Zuletzt war es vergangene Woche vor dem Schiedsgericht der FIA delikat geworden, als Mercedes seinen Top-Anwalt auf die Bullen gehetzt hatte. Das Silberpfeil-Team forderte nicht nur eine Bestätigung der Disqualifikation, sondern auch eine Sperre für mindestens drei Rennen sowie eine anschließende Disqualifikation für weitere sechs Monate, sollte innerhalb eines Jahres ein weiterer solcher Verstoß geschehen.
Verblüffende Aggressivität
Marko hatte gereizt auf Mercedes reagiert. Nicht nur hatte Red Bull die Berufung rund um Daniel Ricciardos Disqualifikation und damit dessen Australien-Podium endgültig verloren, nun mischte sich auch noch der große Gegner ein. "Noch mehr verblüfft uns aber die Sprache und die Aggressivität, mit der unser Mitbewerber Mercedes gegen uns argumentiert hat", hatte Marko kurz nach der Urteilsverkündung geklagt. Das Gericht beließ es zwar bei der Disqualifikation des Australiers, doch der Silberstachel saß tief.
Da half auch die Lauda-Torte nur bedingt. "Das scheint der Stil des Hauses zu sein", kommentierte Marko das Mercedes-Vorpreschen vor dem Gericht in Paris. Die Kuchen-Geste garnierte er mit österreichischem Humor: "Die Torte sehe ich als Wiedergutmachung für die vielen Frühstücke und Mittagessen, die er bei uns konsumiert."
Retourkutsche von Mercedes?
Nicht wenige vermuteten hinter der aggressiven Herangehensweise von Mercedes eine Retourkutsche. Gerade einmal ein Jahr war es her, als Red Bull kräftig in der Reifengate-Affäre um Mercedes und den Pirelli-Test in Barcelona mitgemischt hatte. Mit einem großen Aktenkoffer voller belastender Zutaten hatte sich Teamchef Christian Horner auf den Weg gemacht, um die Richter bei der Aufklärung tatkräftig zu unterstützen. Kein Wunder, dass Mercedes das nicht schmeckte - vor allem in einer Zeit, als die Silberpfeile auf der Strecke mächtig Druck auf Küchenchef Red Bull ausübten.
Es wäre also durchaus denkbar, dass Mercedes in der Fuel Flow-Affäre nicht nur für Klarheit sorgen, sondern gleichzeitig den großen - und derzeit einzigen - Konkurrenten schwächen wollte. Eine Rennsperre wäre schließlich einer vorzeitigen Entscheidung im Kampf um die Weltmeisterschaft gleichgekommen, auch wenn Mercedes sowieso beste Chancen eingeräumt werden. "Die Formel 1 ist ein heiß umkämpfter Sport", sagte Toto Wolff am Samstag in Shanghai. "Manchmal ziehen sich Dinge von der Strecke weg in den dritten Saal - dann wird es juristisch."
Außenminister Lauda
Wolff war allerdings nicht daran gelegen, weitere Spannungen im Fahrerlager zu erzeugen. Warum auch, für Mercedes könnte es seit Wochen kaum besser laufen nach drei Siegen aus den ersten drei Rennen und dem zuckersüßen Gefühl, endlich an der Spitze zu stehen. "Das Gericht hat einen Regelverstoß geahndet, es kam zur Disqualifikation", sagte Wolff beschwichtigend. "Alles andere ist eigentlich Kindertheater. Jetzt schauen wir wieder auf die Strecke."
Die Kuchen-Aktion seines Landsmannes Lauda begrüßte er unterdessen: "Niki ist unser Außenminister. Es ist gut, dass er so etwas macht. Das freut uns. Zu allem anderen: Jeder schaut auf sich, so war es schon immer in der Formel 1. Spannungen hin oder her, das spielt keine Rolle." Den Lauf der Formel 1 wird auch eine Torte nicht ändern. In der Königsklasse herrscht weiter trügerischer Frieden. Mit einem Schuss Sahne obendrauf als nette Dekoration.
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