Ja wo fahren sie denn? Diese Frage stellte sich der ein oder andere Besucher des Auftakts zur Formel-1-Saison 2014 im Albert Park. Doch das lag nicht - wie bei den ersten Testfahrten - an wenig Fahrbetrieb, sondern schlichtweg am Sound der neuen Formel 1. Drehten die Verbrennungsmotoren in den vergangenen Jahren noch bis 18.000 Umdrehungen, wird jetzt schon bei knapp über 10.000 Umdrehungen der nächsthöhere Gang eingelegt.

Das eigentliche Drehzahl-Limit liegt zwar bei 15.000 Umdrehungen pro Minute, ausgereizt wird dieses Limit aber nicht. Denn das Reglement schreibt einen maximalen Benzindurchfluss pro Stunde fest. Dieser beträgt 100 Kilogramm bei 10.500 Umdrehungen. Drehzahlen deutlich darüber machen somit wenig Sinn. Denn mit der Drehzahl nimmt auch die Reibung zu, die Leistung hingegen nicht mehr. Die Effizienz sinkt.

Es soll wieder richtig röhren, Foto: Sutton
Es soll wieder richtig röhren, Foto: Sutton

Der Effekt: Die hochdrehenden, kreischenden und brutal lauten Formel-1-Motoren gehören der Vergangenheit an. Auch das neue Achtganggetriebe trägt sein übriges zur mageren Geräuschkulisse bei. Während bei den Testfahrten schon viele über den Sound klagten, gab es nach dem Saisonauftakt in Australien eine richtige Welle der Empörung. Vorläufiger Höhepunkt: Der Veranstalter des Australien GPs lässt derzeit prüfen, ob er Antrittsgebühren vom kommerziellen Rechteinhaber zurückfordern kann.

Schon am TV war deutlich - nichts mehr zu hören. Während man sich am Fernseher mit spannender Renn-Action ablenken kann, ist das Problem an der Strecke deutlich gravierender. Fans zahlen teilweise mehr als 500 Euro für ein Wochenendticket und wollen unterhalten werden. In der Vergangenheit bestand die Unterhaltung an der Strecke vor allem aus akustischer Untermalung.

Mit dem bloßen Auge ist es für den normalen Zuschauer von der Tribüne nur schwer zu erkennen, ob ein Auto in einer Kurve ein paar Zehntel schneller oder langsamer ist. Der Sound prägt das subjektive Empfinden immens. So könnte in diesem Jahr ein GP2-Bolide in manchen Kurven schneller aussehen als ein Formel-1-Auto. Den ersten Vergleich wird es in Bahrain geben.

Die Fans sind das eine, die Sponsoren das andere: Schon vor Jahren warnte Oswald Grübel, ehemaliger Geschäftsführer der UBS und Credit Suisse vor einer Kastration des Formel-1-Sounds. Grübel war beim Einstieg der beiden Banken ins Formel-1-Sponsoring maßgeblich beteiligt und weiß, wovon er spricht. "Die Formel 1 hat mehr mit Radau zu tun hat als alles andere", mahnte er schon vor Jahren. Für die Sponsoren, die größtenteils einmal im Jahr an der Strecke sind, sei oftmals der Klang der entscheidende Faktor gewesen, in die Formel 1 zu investieren.

Schmaler Drehzahlbereich

2005 gab es zum letzten Mal V10-Sound, Foto: Sutton
2005 gab es zum letzten Mal V10-Sound, Foto: Sutton

Von vielen Journalisten, Experten und Entscheidungsträgern wird das Problem oft heruntergespielt. Verständlich, denn für die meisten gehört der Lärm zur Tagesordnung, die neue, leise Formel 1 ist für viele eine willkommene Abwechslung. Für die Fans, die einmal im Jahr ihre Ohren malträtieren wollen und für Sponsoren, die sich für die Formel 1 begeistern müssen ist das Problem deutlich gravierender.

Der Auspuff kann nicht die einzige Baustelle sein, Foto: Sutton
Der Auspuff kann nicht die einzige Baustelle sein, Foto: Sutton

Doch was kann man machen? Die Rückkehr zu den alten Motoren dürfte keine Wahl sein, darin sind sich alle Beteiligten einig. Eine andere Auspuffführung steht bereits im Raum. Zwar wäre die Lösung schnell machbar, würde aber trotzdem umfangreiche technische Änderungen mit sich ziehen, die während der Saison eigentlich niemand will.

Kurzfristig dürfte es also wohl eh keine Lösung geben. Mindestens für ein Jahr müssen wir mit der Formel leise leben. Doch auch ein neuer Auspuff wäre wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Problem ist die Drehzahl: Im unteren Drehzahlbereich hören sich die Motoren klasse an. Dreckiger Motorensound mit Turbopfeifen. Je höher die Drehzahl, desto langweiliger klingt das Konsortium aus Verbrennungsmotor, Turbolader und Hybridsystem.

Geht es dann richtig rauf mit den Drehzahlen, wird es wieder laut. Aber in diese Drehzahl-Regionen kommen die neuen Turbo-Motoren gar nicht. Und im unteren Drehzahlbereich hört man die Boliden ebenfalls nicht - höchstens beim Rausfahren aus der Box oder beim Start.

Gibt es noch Hoffnung?

Um mit den aktuellen Power Units einen Formel-1-tauglichen Sound zu produzieren, müssen wohl umfangreichere Änderungen her. Nur mit einem neuen Auspuff dürfte es nicht getan sein. Der maximale Benzindurchfluss muss erhöht werden, um somit auch wieder höhere Drehzahlen zu ermöglichen. Das Argument, im Qualifying könnten die Teams so wieder deutlich über 1000 PS herausholen und die Motoren würden reihenweise kaputtgehen, lasse ich nicht gelten.

Qualifying-Monster-Motoren wird es nicht mehr geben, Foto: Sutton
Qualifying-Monster-Motoren wird es nicht mehr geben, Foto: Sutton

Wenn weiterhin pro Fahrer nur fünf Antriebseinheiten in der Saison zur Verfügung stehen, muss eben im Rahmen dieser Beschränkung im Qualifying Leistung herausgeholt werden. Die Teams werden einen Teufel tun und einen Verbrennungsmotor für eine Qualifyingrunde opfern.

Und am Getriebe sollte man vielleicht auch noch etwas feilen: Durch die neuen achtstufigen Getriebe werden die Gänge nur so nacheinander reingehauen, der Drehzahlbereich, in dem gefahren wird, ist äußerst klein. Wenn die Formel 1 beim Antrieb fünf Schritte nach vorne macht, dann darf sie beim Getriebe auch etwas zurückgehen. Sechs Gänge reichen auch.