Die Letzten werden die Ersten sein, heißt es. Ohne großes Brimborium rollte der Lotus E22 am Mittwochmorgen als letztes Auto der 2014er Generation bei einem offiziellen Test aus der Box. Nach vier Testtagen mit dem neuen Boliden fällt die erste Bilanz der Schwarz-Goldenen aus Enstone positiv aus. "Wir könnten das beste Renault-Team sein", mutmaßt Technikchef Nick Chester.

Angesichts der enormen Probleme der vier Renault-Kundenteams ist dies alles andere als ein Freifahrtschein zu einem neuerlichen Auftaktsieg wie im Vorjahr durch Kimi Räikkönen in Melbourne. Doch im Vergleich zum viermaligen Weltmeister-Team Red Bull scheint Lotus eindeutig besser aus dem Winter gekommen zu sein - der Verlust des ersten Tests in Jerez scheint aufgrund der massiven Probleme mit der französischen Power Unit nicht allzu arg ins Gewicht zu schlagen.

Passend zum Lotus-Testdebüt hat auch Renault ein passableres Niveau erreicht. "Wir sind nun an einem Punkt angelangt, den wir zur Mitte des Jerez-Tests als akzeptabel empfunden hätten", gesteht Motorenchef Rob White. "Der Abstand zu dem Level, an dem wir zu diesem Zeitpunkt eigentlich sein wollten, ist allerdings erheblich." Die Franzosen gestehen offen, einige Wochen hinter dem Plan zurückzuliegen.

Kein Wunder also, wenn Chester sagt: "Selbst wenn wir das beste Renault-Team sind, müssen wir noch die anderen einholen." Hier hat Lotus mit Blick auf Ferrari und vor allem Mercedes noch viel Arbeit vor sich. Allerdings glaubt der Technikdirektor, dessen Vorgänger James Allison nun für die Scuderia arbeitet, dass Mercedes & Co bis zum Saisonauftakt in Melbourne ein viel geringeres Entwicklungspotential besitzen als Lotus, die ja gerade erst die ersten Schritte mit ihrem neuen Boliden machten. Der Abstand ist aber dennoch recht groß.

Rundenzeiten sind im Moment jedoch zweitrangig. Entscheidend sind die Rundenzahlen. Der eigentliche Renault-Kundenstar ist derzeit also Caterham. Mit 1.315 km waren die Grünen in Bahrain sogar fünftfleißigstes Team - weit vor Toro Rosso, Red Bull und Lotus. Besonders pikant: Caterham fährt nicht nur mit dem gleichen Renault-Motor wie Red Bull, sondern auch mit deren Getriebe. Nur bei den Rundenzeiten dürfte das während der Saison anders aussehen - aber dazu muss man eben auch erst einmal ins Ziel kommen...