Fast schon hatte man sie vermisst: Diskussionen über die Reifen. Während bei den Wintertestfahrten in Jerez niemand vom schwarzen Gold sprach, tauchte das Thema plötzlich wieder auf - zumindest indirekt. Denn in der nächsten Sitzung der Formel 1 Strategy Group soll über eine Änderung des Qualifying-Formats diskutiert werden, das berichtet Autosport. Weil die Piloten in der Vergangenheit im letzten Quali-Segment häufig in der Box blieben, um Reifen zu sparen, soll an dieser Schraube gedreht werden, um den Fans mehr Action zu bieten.

Pro: Racen ohne Wenn und Aber

Ein letztes Qualifying-Segment mit lediglich sechs fahrenden Autos, weil die restlichen vier Reifen sparen? Da könnte man gleich ein DTM-ähnliches Format einführen, wo am Ende nur noch die vier Schnellsten um die Pole Position kämpfen. Sinnvoll war das letzte Segment im vergangenen Jahr mit den sensiblen Pirelli-Pneus nur bedingt. Schon aus Marketingründen würde ein Änderung Sinn machen. Denn für den Reifenhersteller ist es wohl keine gute Werbung, wenn die Piloten nicht Fahren, weil Reifen gespart werden müssen.

Viele Fahrer bleiben während Q3 in der Garage, Foto: Sutton
Viele Fahrer bleiben während Q3 in der Garage, Foto: Sutton

Deshalb verfolgt Pirelli die Idee, das letzte Segment spannender zu machen, schon lange. Der Reifenhersteller hat sogar angeboten, zusätzliche Reifensätze nur für Q3 zur Verfügung zu stellen, sofern dies logistisch und finanziell mit erträglichem Mehraufwand verbunden wäre. Ein Kampf um die besten Startplätze, ohne auf die Reifen Rücksicht nehmen zu müssen, wäre eine Win-Win-Situation für Fahrer und Fans.

Die Piloten könnten zumindest einmal am Rennwochenende ohne Wenn und Aber angasen, die Fans bekämen schon am Samstag einen sportlich wertvollen Wettkampf geliefert - ohne viel Taktik. Auch die Möglichkeit, jene Piloten, die es in Q3 geschafft haben, mit den Reifen aus Q2 ins Rennen starten zu lassen, hätte ihren Reiz: Reifensparen würde zwar noch Sinn machen - denn ein weiterer Satz würde angefahren -, allerdings wäre der Anreiz, eine Runde in Q3 zu setzten größer, weil nicht unmittelbar ein Nachteil fürs Rennen folgen muss.

Contra: Es wird zu kompliziert

Wieder einmal planen die FIA und die Teams, am Qualifying-Format herumzuschrauben. Anlass ist diesmal, dass regelmäßig Piloten im dritten Abschnitt des Zeittrainings davon absehen, eine Rundenzeit zu setzen, da sie ohnehin nicht in der Lage wären, ins Spitzenfeld vorzudringen und somit lieber ihre Reifen für das Rennen sparen. Zugegeben, diese Vorgehensweise ist suboptimal, aber wirklich dramatische Auswirkungen auf das spannende Q3 gibt es nicht.

Wieder einmal sind die Reifen das entscheidende Thema, Foto: Sutton
Wieder einmal sind die Reifen das entscheidende Thema, Foto: Sutton

Die entscheidende Frage ist, ob es sich lohnt, das Reglement zu adaptieren und das Prozedere des Zeittrainings für die Zuschauer weiter zu verkomplizieren, nur damit Fahrer ins Geschehen eingreifen, die ohnehin nichts mit der Vergabe der Pole Position zu tun hätten. Mit zusätzlichen Reifen und derlei Gedankenspielen würde sich die Formel 1 meiner Meinung nach keinen Gefallen tun. Je einfacher die Abläufe sind, desto größer ist die Akzeptanz des Publikums - gerade in Zeiten der viel gescholtenen doppelten Punkte ein nicht zu vernachlässigender Faktor.

Hinzu kommt, dass die Reifen der Generation 2014 härter als ihre Vorgängermodelle sind und etwas länger halten sollen. Es wäre sinnvoll, zunächst abzuwarten, ob sich das Problem des geringen Fahrbetriebs in Q3 nicht ohnehin von selbst in Wohlgefallen auflöst, weil die Pneus einen Qualifyingrun vertragen, ohne zu stark abzubauen. Sollte das nicht der Fall sein, kann man für 2015 noch immer in Ruhe Änderungen diskutieren, ohne wenige Wochen vor Saisonbeginn eine übereilte Lösung zu präsentieren.