Mathe-Muffel dürften sich in Singapur gefreut haben. Bei der Frage, wie der nächste Grand Prix ausgehen wird, schien eine Variable zu entfallen: die des Siegers. Sebastian Vettel dominierte den Singapur GP derartig, dass dem Team schon eine illegale Traktionskontrolle vorgeworfen wird - anders ist für viele im Zirkus die niederschmetternde Dominanz des Weltmeisterteams nicht zu erklären. In Korea erwarteten die Experten ein ähnliches Bild, dominierte Vettel schließlich bislang alle bisher auf dem Korean International Circuit ausgetragenen Rennen. Doch im Training musste er sich zum ersten Mal seit über drei Monaten wieder geschlagen geben. Doch wie stark ist die Vettel-Konkurrenz wirklich? Motorsport-Magazin.com nimmt die Freitagsform der Top-Teams unter die Lupe.

Red Bull

Verwundert rieben sich viele die Augen: Vettel nur auf zwei? Nur eine halbe Zehntelsekunde schneller als Teamkollege Mark Webber? Nein, die Zeitnahme ist nicht defekt, der Heppenheimer musste sich tatsächlich geschlagen geben. Er selbst zeigt sich darüber nicht verwundert: "Ich glaube, Singapur war in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme. Ich glaube, dass es heute enger war." Fakt ist: Singapur kam als typischer Stadtkurs dem Red Bull eher entgegen als Korea. In den zahlreichen langsamen und mittelschnellen 90-Grad-Kurven kamen die Stärken des RB9 stärker zum Tragen als bei der Mischcharakteristik des Korean International Circuits. Noch ist Vettel auch mit der Balance noch nicht hundertprozentig zufrieden. "Das Auto ist etwas zu lebendig und rutscht etwas mehr, als ich mir das wünsche."

Doch Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner warnt: "Normalerweise gilt: Je besser die Strecke wird, umso besser wird der Red Bull. Die wissen schon, wie sie ihr Auto trimmen müssen." Selbst mit nicht optimaler Balance reichte es schließlich für Rang zwei - Spritmengenungenauigkeit inklusive. Bei den Longruns zeigt sich ein unverändertes Bild: Die Reifen bauten kaum ab, durch das leichter werdende Auto konnte Mark Webber selbst nach knapp zwanzig Runden seine Zeiten noch verbessern. Einziges Red-Bull-Manko: Vettel ist am Sonntag auf sich alleine gestellt, Webber kassierte für seine Taxi-Fahrt in Singapur die dritte Verwarnung und wird folglich um zehn Plätze in der Startaufstellung nach hinter versetzt.

Mercedes

Zwar war Mercedes in Singapur hinter Red Bull zweite Kraft, eine falsche Strategie kostete Nico Rosberg aber das sicher geglaubte Podium. Doch auch mit dem Abstand, den die Silberpfeile auf Sebastian Vettel hatten, können sie nicht zufrieden sein. Rosberg musste sich bei freier Fahrt regelmäßig deutlich mehr als eine Sekunde vom Dauerrivalen aufbrummen lassen, die Hackordnung aus dem Vorjahr schien wiederhergestellt. Doch in Korea zeigte sich der F1 W04 stark verbessert. Lewis Hamilton markierte in beiden Freitagssessions die Bestzeit, Rosberg war nur unwesentlich langsamer. Der Optimismus kehrt ins silberne Lager zurück. "Wir sehen hier durchaus konkurrenzfähig aus", so Hamilton.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton könnten in Korea wieder Spaß haben, Foto: Mercedes AMG
Nico Rosberg und Lewis Hamilton könnten in Korea wieder Spaß haben, Foto: Mercedes AMG

Der Brite kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. "Es fühlt sich definitiv an als hätten wir dieses Wochenende eine bessere Basis. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir das letzte Mal so stark an einem Freitag waren, hoffentlich bleibt es über das Wochenende so." Rosberg pflichtet bei: "Red Bull wird auch hier wieder sehr schnell sein, aber vielleicht können wir sie dieses Mal herausfordern." Zudem scheint das alte Problem des starken Reifenverschleißeses auch in Korea beseitigt. Im Qualifying ist ohnehin immer mit den Silberpfeilen zu rechnen.

Ferrari

Einmal mehr sieht es für Ferrari eher mau aus. Knapp eine halbe Sekunde fehlte Felipe Massa, der zumindest im Training erneut schneller war als Alonso, auf die Spitze. Massa erkannte im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com immerhin einen Fortschritt im Vergleich zum letzten Rennen: "Wir waren recht konkurrenzfähig, auch besser als beim letzten Rennen. Ich hoffe, wir können das halten und hier ein bisschen weiter vorne mitmischen als bei den letzten Rennen." Zwar schaffte Fernando Alonso in Singapur schon den Sprung aufs Podium, der Spanier profitierte dabei aber von Missgeschicken der Konkurrenz und hatte trotz später Safety-Car-Phase noch mehr als eine halbe Minute Rückstand auf Sebastian Vettel.

Ein Favorit für den Korea GP sieht definitiv anders aus. Darüber hinaus hat die Scuderia mit einem alten Problem zu kämpfen: der Qualifying-Performance. "Es ist hier wieder wahrscheinlich, dass wir im Qualifying zu kämpfen haben", weiß Fernando Alonso. Pat Fry sieht die Entwicklung dennoch positiv, schließlich verringerte sich der Rückstand Alonsos von etwa einer Sekunde auf knapp acht Zehntel. "Wir zählen darauf, dass die Abstände zu unseren Rivalen geringer sind." Und auch im Renntrimm liegt der Weltmeister von 2005 und 2006 deutlich hinter der Konkurrenz von Red Bull. Ferraris Chancen standen schon einmal besser.

Lotus

Der Rücken der Formel 1 und ein längerer Radstand - diese Themen beschäftigen Lotus-Teamchef Eric Boullier seit geraumer Zeit. Kimi Räikkönens Rücken bereitet dem Franzosen dabei in Korea weniger Kopfzerbrechen, der Finne soll derzeit schmerzfrei sein - auch nach seinem Unfall am Ende des ersten Freien Trainings. Abgesehen vom Crash lief es für Lotus rund, vor allem bei den Longruns wussten Kimi Räikkönen und Romain Grosjean zu überzeugen. "Das ist wirklich eine gute Nachricht für das Rennen. Auch auf den Shortruns verhielt sich das Auto wie erwartet, trotzdem werden wir die Zeit nutzen, um Verbesserungen vorzunehmen", so der Iceman.

Bei Grosjean hörte sich das weniger optimistisch an: "Heute Morgen war das Auto auf meinen ersten beiden Runs überhaupt nicht gut. Wir haben einige Dinge während der Pause geändert, aber das Ergebnis war nicht wie erwünscht." Der verlängerte Radstand soll in Yeongam an beiden Autos zum Renneinsatz kommen, auch wenn der Unterschied für die Fahrer nicht spürbar ist. Das hat aber auch einen einfachen Grund: "Es ist ja nicht so, dass wir direkt hintereinander die zwei Versionen testen konnten um zu sehen, wo genau die Unterschiede liegen."