Mercedes auch in Monaco ganz vorne - ist das jetzt hier die Riesen-Chance für Silber?
Rubens Barrichello: Kann sein - aber ganz ehrlich: Viele haben ja die Hoffnung gehabt, dass Mercedes hier nicht schnell genug sein würde, um auf der Pole zu stehen. Denn so, wie es jetzt ist, wird das Rennen garantiert nur von der Taktik bestimmt werden, von Versuchen, mit verschiedenen Strategien etwas zu erreichen - und noch weniger ein echtes Rennen sein als sonst schon hier. Und da wird das Spektakel gewaltig leiden.

Im Brawn GP schaffte Barrichello den Sprung aufs Podium, Foto: Sutton
Im Brawn GP schaffte Barrichello den Sprung aufs Podium, Foto: Sutton

Wie siehst Du den ganzen Reifenzirkus?
Rubens Barrichello: Ich sehe das aus zwei verschiedenen Perspektiven. Aus der des Fahrers - und da ist es natürlich schon so, dass man sich einen etwas stabileren Reifen wünscht, mit dem man länger und besser attackieren und am Limit fahren kann. Deshalb sind ja sehr viele Fahrer mit der momentanen Situation ziemlich unzufrieden, auch wenn sie es vielleicht nicht unbedingt sagen. Andererseits sehe ich es gerade jetzt durch meine Arbeit als Fernseh-Experte bei TV Globo auch aus der Fanperspektive. Und da ist es schon so, dass der Unterhaltungswert, die Show, grundsätzlich gut ist, auch wenn es vielleicht ab und zu ein bisschen viel war an Stopps. Aber nicht so, dass man da generell etwas ändern müsste. Aber vielleicht ließe sich ja mit Hilfe der FIA doch ein Mittelweg finden, ein etwas haltbarerer Reifen, der den Fahrern mehr Spaß macht, der aber trotzdem noch eine gute Show liefert. Und auch das Sicherheitsthema anpackt: Denn dieses Ablösen des Gummis halte ich schon für gefährlich - das ist sicherheitsrelevant.

An diesem Sonntag findet nicht nur der Monaco-GP, sondern auch die Indy 500 statt - das größte Rennwochenende des Jahres also. Du bist beides gefahren - vergleiche doch mal die beiden Rennen...
Rubens Barrichello: In Monaco verbringt man unheimlich viel Zeit damit, irgendwo in einem Raum zu sitzen und über hunderttausend winzige Details am Auto nachzudenken, wie sich die Streckenveränderungen am Samstag auswirken, wie man darauf reagieren soll. Alles nur mit einem Ziel: Im Qualifying vorn zu stehen. In Indianapolis ist das eher umgekehrt: Wenn du dort ein sehr gutes Auto hast und weißt, dass du die Qualifikation eh locker schaffst, dann arbeitest du nur auf das Rennen hin und legst beim Setup überhaupt keinen Wert auf das Qualifying, nimmst einfach nur davor etwas Flügel weg. Auch die Charakteristik der Rennen an sich ist sehr unterschiedlich. Indianapolis ist sehr lang, und man muss ununterbrochen seinen Kopf dazu benutzen, alles sehr kontrolliert zu machen - um dann in den letzten Runden quasi das Hirn auszuschalten und wie ein Wahnsinniger anzugreifen. In Monaco muss man aber, wenn man nicht gerade aus der Pole startet, eigentlich die ganze Zeit wie ein Wahnsinniger attackieren, um irgendwie zu versuchen, am Vordermann vorbei zu kommen.