Der Abgang von Lotus-Technikchef James Allison schlägt in der Formel 1 hohe Wellen. Die Zukunft des Briten ist weiterhin das Objekt zahlreicher Spekulationen und Vermutungen. Sicher ist der von einigen Medien kolportierte Wechsel zur Scuderia Ferrari offenbar noch nicht. "Ich weiß von nichts", sagte Präsident Luca di Montezemolo. "Es ist nur ein Gerücht. Deshalb kann ich weder etwas abstreiten noch bestätigen. Ich werde etwas zu dem Thema sagen, wenn es etwas zu sagen gibt." Wirklich überzeugend klang das Dementi des Ferrari-Boss aber nicht.

Ferrari in der Favoritenrolle

Ferrari bleibt auf jeden Fall der große Favorit auf die Verpflichtung Allisons. Vor allem die Tatsache, dass er dem Renault-Team angehörte, mit dem Fernando Alonso 2005 und 2006 den WM-Titel gewann, dürfte schwer wiegen. Gegen einen Wechsel spricht, dass Ferrari mit Pat Fry bereits einen Technik-Direktor in den eigenen Reihen hat - auch wenn dieser nicht vollkommen unumstritten ist. Zudem müsste Allison mitsamt seiner Großfamilie, inklusive dreier Kinder, nach Italien ziehen. Dass das ein Grund für ihn wäre, ein Angebot des weltberühmten Autobauers aus Maranello abzulehnen, ist aber eher unwahrscheinlich.

Neben Ferrari wären Red Bull, Mercedes und McLaren noch mögliche Ziele - zumindest wenn man davon ausgeht, dass Allison den Ehrgeiz hat, bei einem Spitzenteam unterzukommen. Allerdings besitzt das Weltmeisterteam mit Adrian Newey bereits den Technik-Guru schlechthin - und es müsste zunächst einmal geklärt werden, in welcher Position er dort tätig sein würde. Ausgeschlossen ist offenbar ein Wechsel zu Mercedes. Motorsportchef Toto Wolff bestätigte, dass das Team - in Person von Aufsichtsratchef Niki Lauda - im vergangenen Winter über den Lotus-Mann nachgedacht habe, dieser Denkprozess sei aber bereits abgeschlossen gewesen, bevor er die Federführung beim Rennstall aus Brackley übernommen habe.

Quo vadis, Lotus?, Foto: Sutton
Quo vadis, Lotus?, Foto: Sutton

"Sie haben mit den guten Jungs gesprochen und gefragt, wie ihre gegenwärtige Arbeitssituation ist. Einer davon war Allison", sagte der Österreicher. "Aber das ist eine historische Diskussion, die im Dezember geführt wurde." Und McLaren teilte ebenfalls mit, dass ein Engagement Allisons derzeit kein Thema sei. Blieben noch die Mittelfeld- und Hinterbänkler Teams. Allerdings ist im Moment nicht unbedingt ersichtlich, warum Allison sich einem Team anschließen sollte, das schlechter da steht als sein aktuelles. Das Rätselraten um seine Zukunft wird die Formel 1 aller Voraussicht nach noch ein bisschen in Atem halten. Nach einer Kündigung beträgt das Wettbewerbsverbot normalerweise sechs Monate.

Während hinter der künftigen Beschäftigung Allisons im Moment noch ein großes Fragezeichen steht, sickerten inzwischen erste Informationen über die Gründe für seinen Angang bei Lotus durch. Es verdichten sich die Anzeichen, dass der Technik-Direktor beim Team aus Enstone wegen geldlicher Beschränkungen seinen Hut nahm. "James Allison wollte bessere finanzielle Rahmenbedingungen, die Lotus nicht liefern konnte", heißt es in der italienischen Fachzeitschrift Autosprint. Dabei geht es natürlich nicht nur um die persönliche Entlohnung, sondern vor allem darum, die eigenen Vorstellungen bei der Konstruktion des Autos sowie der zukünftigen Konkurrenzfähigkeit zu verwirklichen.

Dass Lotus die Forderungen seines leitenden Angestellten nicht erfüllte, ist nicht weiter verwunderlich. Teamchef Eric Boullier kündigte bereits vor einigen Monaten an, dass er nicht gewillt sei, bei der Preistreiberei einiger Konkurrenten mitzumachen. "Ich werde keine verrückten Gehälter zahlen", stellte der Franzose seinerzeit klar, als die ersten Spekulationen über einen Abschied Allisons auftauchten. "Aus meiner Sicht kommt immer die Firma zuerst. Es geht nicht darum, hunderttausend Pfund zu zahlen, um einen Angestellten zu halten."