Bei der Konkurrenz zu wildern, gehört in der Formel 1 offenbar zum guten Ton. Red Bulls Designchef Adrian Newey ist von jeher ein Objekt der Begierde - bisher gelang es dem Rennstall von Dietrich Mateschitz aber noch jedes Mal, den Briten eine Weiterarbeit beim Weltmeister-Team schmackhaft zu machen. McLaren dagegen war bei dem Versuch, sein Top-Personal zu halten, weniger erfolgreich. Mit Lewis Hamilton und aller Voraussicht nach auch Paddy Lowe verlor die Truppe aus Woking zwei seiner anerkanntesten Mitarbeiter an Mercedes.

Teamchef Martin Whitmarsh ließ seinerzeit durchblicken, dass sein Team nicht gewillt gewesen sei, die gleichen Gehälter zu zahlen wie der silberfarbene Konkurrent. Und mit dieser Einstellung ist der Brite nicht alleine. Lotus-Boss Eric Boullier stellte klar, dass sich sein Team keinesfalls in Unkosten stürzen würde, um einen Mitarbeiter zum Bleiben zu bewegen. "Es wäre wahnsinnig, bei dieser Preistreiberei mitzumachen und den Angestellten verrückte Gehälter zu zahlen", sagte er.

Seiner Meinung nach sei das in der Königsklasse herrschende Gehaltsniveau ohnehin schon jenseits allen betriebswirtschaftlichen Denkens. "Die Formel 1 ist ein sehr riskantes Geschäft, sehr anspruchsvoll und sehr im Fokus der Öffentlichkeit", erläuterte der Franzose. "Alle Gehälter sind unglaublich hoch, höher als in jeder anderen Industrie. Aber aus welchem Grund?" Lotus werde sich jedenfalls nicht daran beteiligen, die Vergütungen weiter hochzuschaukeln. "Aus meiner Sicht kommt immer die Firma zuerst, es geht nicht darum, hunderttausend Pfund zu zahlen, um einen Angestellten zu halten."

Red Bulls Dream Team: Sebastian Vettel & Adrian Newey, Foto: Sutton
Red Bulls Dream Team: Sebastian Vettel & Adrian Newey, Foto: Sutton

Das betrifft auch Technik-Direktor James Allison, der zwischenzeitlich als Nachfolger von Lowe bei McLaren gehandelt wurde, sich aber vorerst für den Verbleib bei Lotus entschied. "James ist mit Sicherheit nicht unser einziger Mitarbeiter. Wir haben 150 Leute und die meisten Ideen kommen nicht von ihm", erklärte Boullier. "Natürlich ist James sehr wertvoll für uns. Aber wenn er sich morgen entscheiden würde zu gehen, würde Lotus überleben. Es wäre kein Drama."

Sonderlich überraschend ist der Standpunkt Boulliers nicht. Lotus gehört sicherlich nicht zu den finanziellen Schwergewichten der Branche und wird nie in der Lage sein, abwanderungswilliges Personal durch das Zahlen exorbitanter Gehälter zum Bleiben zu bewegen. Für Formel-1-Boss Bernie Ecclestone stellt sich die Lage als Halter der kommerziellen Rechte natürlich ein bisschen anders dar. Die Personalrochaden zwischen den Teams der Königsklasse sieht der 82-Jährige gelassen. "Das hat nichts mit der Formel 1 zu tun - das gibt es in jedem Sport. Fußball ist das beste Beispiel", sagte er. "Allerdings sieht man es nicht bei den Gewinner-Teams, nicht wahr?"

Bestes Beispiel dafür sei Red Bull, dass seine Top-Leute, Sebastian Vettel und Newey, trotz regelmäßiger Offerten weiter unter Vertrag habe - es ginge nämlich nicht nur um die Entlohnung, sondern vor allem um die Aussicht, für ein konkurrenzfähiges Team zu arbeiten. "Wahrscheinlich", antwortete Ecclestone auf die Frage, ob Vettel der Hauptgrund sei, warum Aerodynamik-Künstler Newey weiterhin die Autos von Dreifach-Weltmeister Red Bull entwerfe. "Die Leute klopfen andauernd wegen Newey an, aber ich sehe keinen Grund, warum er Red Bull verlassen sollte."