Nachdem die Teams drei Wochen zwischen dem Malaysia GP und dem Großen Preis von China Zeit hatten, brachten sie einige neue Teile mit in das Reich der Mitte. Weil zwischen Australien und Malaysia nur eine Woche lag, beschränkten sich die Änderungen beim zweiten Saisonlauf noch auf Anpassungen für die große Hitze im Glutofen Malaysia. Für den Shanghai International Circuit legten die Ingenieure richtig nach, Motorsport-Magazin.com analysiert die technischen Auffälligkeiten des dritten WM-Laufes.

Am Frontflügel war die größte Änderung zu sehen, Foto: Sutton
Am Frontflügel war die größte Änderung zu sehen, Foto: Sutton

Aufholbedarf hatten vor allem zwei Teams: Williams und McLaren. Während bei McLaren schon in Sepang ein leichter Aufwärtstrend zu sehen war, fuhren Pastor Maldonado und Valtteri Bottas immer noch deutlich den eigenen Erwartungen hinterher. Entsprechend kündigte Mike Coughlan, Technischer Direktor bei der Mannschaft von Frank Williams, bei Motorsport-Magazin.com umfangreiche Updates am FW 35 an. "Wir haben ein komplettes Bodywork-Update hier, jedes Teil, angefangen vom Chassis bis hin zum Diffusor wurde überarbeitet", erklärte er.

Letztendlich fiel das Update jedoch deutlich geringer aus, als von Coughlan versprochen. Neben ein paar Änderungen der sogenannten Turning Vanes, das sind kleine Luftleitelemente an der Unterseite des Chassis, fiel nur der neue Frontflügel ins Auge. Doch auch an diesem ist das Update nur dezent zu sehen. Während Mercedes einen Flügel mit fünf Hauptelementen fährt, setzt Williams weiterhin auf drei größere Elemente. Lediglich der kleine Zusatzflügel neben den 'Wasserfallflügeln' - sie haben ihren Namen wegen ihrer Stufen-Form - wanderte weiter Richtung Pylonen und ist jetzt nicht mehr an den Wasserfallflügeln befestigt, sondern steht einzeln auf dem untersten Frontflügelelement. Weil die seitliche Stabilisierung wegfällt, musste der tragende Steg vergrößert werden.

Der McLaren-Auspuff endete früher, Foto: Sutton
Der McLaren-Auspuff endete früher, Foto: Sutton

Am Auspuff gab es am FW35 nichts Neues zu sehen. Erneut wurde auf das Semi-Coanda-Layout zurückgegriffen, ob der Streckencharakteristik geschuldet oder der Tatsache, dass der Voll-Coanda nach wie vor nicht richtig funktioniert, ist unbekannt. McLaren nahm hingegen am Auspuff Veränderungen vor. Weil der Shanghai International Circuit einen relativ geringen Vollgas-Anteil hat und mehrere langgezogene Kurven nur mit Teillast durchfahren werden, ist es auf dieser Strecke von Vorteil, wenn Abtrieb unabhängig von Auspuffgasen generiert wird. Deshalb änderten die McLaren-Ingenieure den Semi-Coanda-Auspuff und verkürzten die Seitenkästen, um die Gase weiter vorne ausströmen zu lassen. Somit ist zwar der Effekt der Abgase geringer, ein generell verbesserter Luftstrom - unabhängig von der Gaspedalstellung - kompensiert das allerdings.

Nicht nur Williams zeigte einen leicht modifizierten Frontflügel, auch andere Teams legten in diesem Bereich nach. So brachte auch Mercedes ein kleines Update mit nach Shanghai. Auffällig: Der Silberpfeil-Flügel wurde an gleicher Stelle wie der Williams-Flügel verändert, allerdings fiel das Update noch kleiner aus. Die Endplatte der Wasserfallflügel ist jetzt nicht mehr gerade, sondern gebogen, ein kleines horizontales Element ist direkt darin integriert. Nicht nur Mercedes und Williams warteten mit veränderten Flügeln auf, fast jedes Team hatte neue Teile in petto, wie Sie in unserer Bilderserie sehen können.

Der wahre Grund für Rosbergs Probleme

Deutlich stärker als der Einfluss der kleinen Zusatzelemente ist bei Mercedes jedoch der Einfluss des sagenumwobenen FRIC-Systems. Das hydraulische System, das Vorder- und Hinterachse auf komplizierte Art und Weise miteinander verbindet und seit 2011 im Einsatz ist, dürfte der Garant für den Aufschwung der Silberpfeile in dieser Saison sein. Schon am Samstagvormittag machte Nico Rosberg ein technischer Defekt wertvolle Trainingszeit zunichte. Der Wiesbadener musste seinen Run mit den weichen Reifen abbrechen, nachdem der W04 zu stark aufsetzte. Die Diagnose - ein Hydraulikschaden - bestärkt die Vermutung, dass es sich um einen Defekt am komplizierten FRIC-System handelte.

Das geheimnisvolle FRIC-System von Mercedes, Foto: Sutton/adrivo
Das geheimnisvolle FRIC-System von Mercedes, Foto: Sutton/adrivo

Auch die Tatsache, dass Rosberg am Freitag seinen Teamkollegen deutlich im Griff hatte und nach den Hydraulikproblemen nicht mehr an Hamilton herankam, bestärkt den Verdacht. Schließlich ist das hydraulisch vernetzte Fahrwerk extrem schwierig abzustimmen und ein Defekt wirft den Piloten wieder stark zurück. Dass Rosberg letztlich wegen eines gebrochenen Stabilisators das Rennen aufgeben musste, spricht auch dafür, dass es seit Samstag durchgehend Probleme am Fahrwerk des Silberpfeils mit der Nummer neun gab.

Ob es schlussendlich wirklich ein gebrochener Stabilisator war, der Rosbergs Rennen beendete, oder nicht doch wieder die Hydraulik des Fahrwerks, ist fragwürdig. Die erste Diagnose des Wiesbadener lässt zumindest darauf schließen. "Wenn der Stabi kaputt ist, dann zieht es dir den Hinterreifen hoch", erklärte er unmittelbar nach dem Rennen, bei dem ihm aber nicht der Hinter-, sondern der Vorderreifen Probleme bereitete. "Das Auto sprang richtig und so konnte ich nicht mehr weiterfahren."

Genauere Details zum FRIC-System, dem Unterschied zwischen Voll-Coanda und Semi-Coanda-Auspuff und weiteren technischen Entwicklungen, erfahren Sie in der neuen Ausgabe des Motorsport-Magazins, das ab 25. April erhältlich ist.